Ökologische Landwirtschaft ist der beste Umweltschutz
Ein dänischer Bauer berichtet über den Kampf mit Bürokratie, Pseudo-Klimaschutz und Preisverfall
Die dänische Landwirtschaft steht aktuell in den Schlagzeilen, denn künftig sollen die Bauern dort eine CO2-Steuer für ihre Tiere zahlen. Damit ist Dänemark das erste Land, das eine Kohlenstoffsteuer einführt, um die Landwirte in Richtung der «Netto-Null»-Agenda des Weltwirtschaftsforums (WEF) zu dirigieren. Vorgesehen ist, dass Landwirte umgerechnet etwa 40 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2030 zahlen, die bis 2035 auf etwa 100 steigen sollen. Im Gegenzug sollen die Bauern bei der Einkommenssteuer entlastet werden, so dass die effektive Belastung zwischen rund 15 und 40 Euro pro Tonne CO2 liegen soll. Der Zeitpunkt hat mit einem dänischen Bauern gesprochen, um zu hören, wie die Betroffenen selbst über die neuen Gesetze denken.
Familienbesitz mit Tradition
Eliselund ist ein stattlicher Bauernhof mit 150 Hektar und einem herrschaftlichen Wohnhaus im südlichen Dänemark, in der Nähe des Städtchens Christiansfeld. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist der Hof in Familienbesitz. Und vor etwa sieben Jahren begann Landwirt Kurt Jessen (67) damit, den Betrieb zunehmend seinem Schwiegersohn und dessen Geschäftspartner zu überlassen. Der Altbauer hatte sich als Landwirt in der Zeit von 1982 bis 2017 ständig weitergebildet und setzte das Gelernte danach innovativ in auf seinem Hof um. Er erzählt dem Zeitpunkt, wie er seinen Betrieb immer weiter entwickelt hat und wie er die aktuelle Situation in der dänischen Landwirtschaft erlebt.
Wechsel von der traditionellen zur ökologischen Landwirtschaft
«Zuerst hatten wir hier eine traditionelle Landwirtschaft mit 45 Milchkühen, Zuckerrüben, Weizen, Hafer, Gerste und Raps. Ein Teil des Pflanzenanbaus wurde an die Tiere verfüttert. Und wir verkauften unsere landwirtschaftlichen Produkte an die dänische Handelsgesellschaft DLG, Dansk Landbrugs Grovfoder, und an eine Mühle.» 1995 änderte sich etwas Grundlegendes: Der Landwirt hatte «keine Lust mehr zu spritzen». «Ich hatte ein Ekzem bekommen davon. Ausserdem war in dieser Zeit auch von Chemikalien im Grundwasser die Rede.»
Jessen hatte einen Kollegen, der ökologisch wirtschaftete. «Ich dachte, wenn der das kann, kann ich das auch.» Er wurde Mitglied im ökologisk landsforening, dem ökologischen Bauernverband. Hier gab es die «staldskole» und die «markskole», d.h. «wir besprachen unsere Fragen und Themen zum Stall und zur Feldarbeit miteinander. Wir machten uns gegenseitig Vorschläge und schauten uns die Betriebe aller Mitglieder an.»
Die anderen Landwirte dachten: Schafft er das?
«Im landwirtschaftlichen Hauptverein, in dem ich von Anfang an organisiert war, wurde mir jetzt ein neuer landwirtschaftlicher Berater zugeteilt. Christian Petersen, der selbst einen Öko-Hof betrieb. Er war damals «der Mann für Ökologie in Dänemark». Die Umstellung war trotzdem nicht ganz einfach, denn keiner wusste so richtig, wie es laufen sollte. Unser Hof war einer der ersten dieser Grössenordnung, der auf ökologische Landwirtschaft umgestellt hat. Was immer hilfreich war für mich, waren meine ehemaligen fünf Mitschüler von der Landwirtschaftsschule. Wir treffen uns seit 1978 regelmässig alle zwei Monate bis heute. Und so hatte ich Ansprechpartner. Kooperation mit anderen und Inspiration durch andere waren für meine berufliche Entwicklung entscheidend. Als Ökobauer hatte ich neue Abnehmer und Partner, zum Beispiel die Firma Aurion, die eine Mühle betreibt und Produkte mit hoher Qualität verkauft: Dinkel, Emmer, Einkorn. Anfangs wurden die Öko-Produkte am meisten in Kopenhagen gekauft. Mittlerweile sind sie im ganzen Land gefragt. Mein Hof zog viele Besucher an, die an ökologischem Landbau interessiert waren, auch aus dem Ausland. Neugierige Landwirte aus der Gegend fuhren sehr langsam mit dem Auto an meinem Hof vorbei: «Schafft er das?»
Neues Betriebskonzept: Ochsenmast
«2007 verkaufte ich die Milchkühe. Unser Futtermeister war überraschend gestorben. Keines meiner Kinder wollte die Milchwirtschaft weiter betreiben. Damals stiegen wir in die Ochsenmast ein. Meine Tochter hatte durch einen Gelegenheitsjob zufällig unseren neuen Abnehmer aus Kopenhagen kennengelernt. Dieser wollte keine lebendigen Tiere transportieren. Sie sollten auf dem Hof geschlachtet und dann in die Schlachterei gebracht werden, um Stresshormone im Fleisch zu vermeiden, Dieser neue Händler verkaufte recht ordentlich an Restaurants und Catering-Unternehmen im Grossraum Kopenhagen.»
Konsequente Innovation: Vom ökologischen zum biologisch-dynamischen Konzept
«2012 stellte ich auf biologisch-dynamische Landwirtschaft um. Das ökologische Konzept besteht aus vom Menschen aufgestellten Regeln. Die biodynamische Landwirtschaft stellt grössere Zusammenhänge her und sieht den Hof und die Landwirtschaft überhaupt als einen Organismus. Ich besuchte Seminare bei unserem «Guru» (lacht), Günther Lorenzen, der seinen eigenen Hof auch biologisch-dynamisch betrieb. Ich las Texte von Rudolf Steiner über Landwirtschaft. Meine erste Begegnung mit dieser für mich neuen Bewirtschaftungsmethode hatte ich im Winter 2006/2007.
Die Umstellung an sich war nicht schwierig, sie fand hauptsächlich im Kopf statt. Ich lernte den Boden zu aktivieren. Die Substanzen, die wir dafür benötigen, stellen wir selbst her. Im Frühling verwenden wir ein Humuspräparat, das aus Kuhdünger hergestellt und nach ganz bestimmten Regeln mit Wasser verrührt und verdünnt wird. Damit bereiten wir den Ackerboden vor. Später tragen wir ein Kieselpräparat auf die Pflanzen auf, damit sie gut Licht aufnehmen können. Wir haben bestimmte Präparategruppen, in denen wir biologisch-dynamisch produzierenden Bauern zusammenarbeiten.»
Aktuelle Situation
«Von einem Tag auf den anderen erfuhren wir, dass unser Händler in Kopenhagen nicht mehr so viele Ochsen kaufen konnte, weil die dänischen Restaurants und Kantinen in der Hauptstadt sonst ihren CO2-Fussabdruck nicht einhalten konnten. Mit diesem CO2-Fussabdruck ist ja dann auch die Vergabe von Krediten verbunden. Wir mussten also die Anzahl der Ochsen reduzieren. Ich spreche dabei von einem Fleisch, das langsam produziert wird, über drei Jahre, mit der allerhöchsten Güteklasse, marmoriert und fest. Eins wird daraus klar: Konsumenten und Landwirte müssen näher zusammenrücken, und deshalb haben meine Nachfolger auch einen Hofladen in Planung.
Zusätzlich hatte ich noch einen Nachbarhof erworben, wo wir Hühner und Hähnchen züchten. Diese gingen erst an eine Schlachterei. Als die Firma Danpo diese kleinere Schlachterei aufkaufte, ging es auch mit unseren Preisen für Hühnchenfleisch bergab. Ein Vertrag mit einem deutschen Händler hielt ebenfalls nicht lange. Die Ursache war der Krieg in Ukraine. Die Energiepreise waren angestiegen, der Transport wurde zu teuer, die Konsumenten können sich Ökoware nicht mehr leisten. Die Supermarktketten drücken unsere Preise. Meine Nachfolger haben daher eine mobile Schlachterei gekauft und schlachten selbst. Das Hühnchenfleisch wird künftig ebenfalls im Hofladen verkauft. Unsere Hähnchen wiegen drei Kilo. Da ist ordentlich was dran. Man kann dann aber auch halbe Hähnchen und Innereien kaufen. Aber all das erfordert gute Nerven, denn man muss durch einen Bürokratiedschungel, wenn man einen Hofladen einrichten will. Der Verkauf unserer Produkte geht auch über Facebook vonstatten.»
Allgemeine Lage der dänischen Bauern
«Die dänischen Schlachtereien stehen leer. Die Schlachtereien bezahlen einen zu geringen Preis an die Landwirte im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Viele verkaufen ihre Tiere nach Deutschland. Andere hören auf Schweine zu produzieren weil es sich nicht lohnt wenn man eine Abgabe bezahlen soll. Die Landwirte mit konventioneller Schweinemast müssen sich neue Abnehmer in Deutschland suchen oder reduzieren. Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, die Schweinemast zu drosseln. Es gab eine Überproduktion in Dänemark. Landwirtschaftliche Fläche stillzulegen, damit Wald angepflanzt werden kann, soll Firmen wie Lego ermöglichen ihre CO2-Balance herzustellen. In meinen Augen geht es hier nicht um Naturschutz. Die vorgeschriebene Brachlegung von landwirtschaftlicher Fläche ist nicht so tragisch. Es ist ein geringer Prozentsatz, und der Landwirt kann selbst entscheiden, welche Stellen er brach liegen lassen möchte. Man wählt die Stellen, die für eine Bewirtschaftung ungünstig sind. Somit tut diese Vorschrift den Bauern nicht so weh, stellt aber natürlich trotzdem einen Eingriff in seinen eigenen Besitz dar. Leider verschwindet auch viel landwirtschaftliche Fläche, weil man Sonnenkollektoren aufstellt. Diese sind auch nicht unbedingt umweltfreundlich, wenn man an ihre Herstellung und Entsorgung denkt.
In meinen Augen könnte man etwas für den Umweltschutz tun, wenn man die Kühe auf die Weide liesse und sie natürliches Futter bekämen. Die Maisfütterung ist aus ökologischer Sicht weder den Tieren noch der Umwelt zuträglich. Wenn die gesamte Landwirtschaft ökologisch arbeiten würde, das wäre für Menschen, Tiere und Umwelt ein echter Fortschritt. Die neuen Gesetze der dänischen Regierung gehen an diesem entscheidenden Ziel leider vorbei.»
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Dr. Christine Born
Dr. Christine Born ist Diplom-Journalistin und Autorin. Sie ist Mitglied im Deutschen Journalistenverband und interessiert sich für Politik,Kultur, Pädagogik, Psychologie sowie Naturthemen aller Art.
Kommentare
In der EU kriegen…
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