Umfassende Selbstverwaltung statt Staatswirtschaft – Nein zur Umweltinitiative
Die Gründe für Umweltverantwortungsinitiative erscheinen auf den ersten Blick vernünftig und zeitgemäss. Warum wir die Initiative aus der ganzheitlichen Sicht der Dreigliederung des sozialen Organismus dennoch entschieden ablehnen.
Um die grossen ökologischen Probleme der Weltgesellschaft anzugehen, fordern die Initianten, dass der Staat umfassend und radikal in die Wirtschaft eingreift und sie in die «planetaren Grenzen der Umweltbelastung» hineinzwingt. Ich habe die Form eines inneren Dialoges gewählt, bei dem ich Fragen stelle, die ich in den Diskussionen mit meinen Geographiestudenten oft gehört habe.
Das Problem der planetaren Grenzen
Frage: Ist es nicht richtig, dass die Initiative den radikalen Umbau von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur fordert? Dass die schweizerische Wirtschaft die gegebenen planetaren Grenzen der Umweltbelastung ignoriert ist doch unumstritten.
Antwort: Das könnte ein Weg sein, wenn wir sicher wären, dass die heutige Wissenschaft überhaupt in der Lage ist, wirklichkeitsgemässe planetare Grenzen der Umweltbelastung zu bestimmen.
Kann man der Wissenschaft und Politik nicht glauben, wenn sie sagen, sie hätten über viele Jahre hunderte von Millionen Franken eingesetzt, um solche planetaren Grenzen zu bestimmen?
Ehrliche Wissenschaft und gute Politik dürfen nicht an den Glauben appellieren. Sie müssen offen und nachvollziehbar argumentieren. Schauen wir uns an, wie die planetaren Grenzen festgelegt wurden, bemerken wir schnell, dass es sich um ein naturwissenschaftliches Konstrukt handelt. Ob es überhaupt sinnvoll und möglich ist, plantare Grenzen der Umweltbelastung zu bestimmen, wurde nie umfassend untersucht. Die Wissenschaft hat einfach angenommen, dass es so etwas geben muss, und die Politiker und viele Investoren waren fasziniert von der Idee, daraus objektive Indikatoren für die Erfolge ihrer Umweltpolitik zu bekommen. Damit dies möglich wurde, haben die Wissenschaftler viele Dutzende von weiteren Annahmen gemacht und enorme Datenmengen zu immer abstrakteren mathematischen Modellen verarbeitet.
Die sehr abstrakten Modelle liefern dann ebenso hochabstrakte Angaben zu den planetaren Grenzen der Umweltbelastung. Modelle bilden aber die Wirklichkeit nur teilweise, oder - oft auch - gar nicht ab. Das gilt insbesondere dann, wenn wie hier, sehr viele Annahmen gemacht werden müssen. Man hat am Schluss zwar ein Ergebnis, von dem aber niemand mehr genau weiss, ob – und wenn ja – welchen Teil der Wirklichkeit das Modell abbilden kann. Ungefähr ab den 1970er-Jahren fokussierte die Naturwissenschaft immer mehr auf die globalen Ebenen und Zusammenhänge.
Ist die globale Ausrichtung der naturwissenschaftlichen Forschung nicht eine logische Folge der früheren, eher lokal ausgerichteten Forschung?
Ja, das wird uns so präsentiert. Beim Übergang von der lokalen auf die globale Ebene ergeben sich jedoch neue erkenntnistheoretische Probleme, die nie genau untersucht wurden. Bei globalen Analysen kann man nicht mehr – wie bei lokalen Phänomenen – mit einer überschaubaren, kleinen Anzahl von Einflussfaktoren arbeiten. Man kann die Modelle auch nicht mehr experimentell überprüfen und schauen, ob sie zutreffend sind. Wenn zum Beispiel das globale Klima oder der Biodiversitätsverlust untersucht werden, dann haben wir es plötzlich mit hunderten von möglichen Einflussfaktoren zu tun. Jeder dieser Einflussfaktoren müsste zuerst für sich allein untersucht werden. Beim Klima ist beispielsweise der Einfluss der Wolkenbildung auf die ganze Klimagasdynamik von grosser Bedeutung. Fragen wir jedoch, ob der Einfluss der Wolkenbildung auf den Klimawandel jemals genau untersucht wurde, stellen wir mit Erstaunen fest: Nein, diese Einflussgrösse wurde bisher, wegen fehlender Daten und Rechenleistungen der Computer noch nicht erfasst. Man hat einfach angenommen, dass der Einfluss wohl gleich gross sei, egal ob der Mensch viel oder wenig CO2 ausstösst. Ähnliche, vollständig unwissenschaftliche Annahmen, finden wir bei den anderen planetaren Grenzen der Umweltbelastung wie Biodiversität, Stickstoff, Phosphorbelastung oder Wasserbilanz.
Die Initiative zieht also eine Messgrösse zum Umbau der Wirtschaft heran, die von ungeprüften Annahmen nur so strotzt. Zu welchen verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen eine, durch solche halb-wissenschaftliche Ergebnisse, fehlgeleitete Wirtschaftspolitik führt, können wir in unserem Nachbarland, aus nächster Nähe beobachten.
Umweltpolitik als Geschäftsmodell und Herrschaftsinstrument
Ist es aber nicht trotzdem nützlich, wenn die Politik und Gesellschaft sich die Ergebnisse solcher Modelle trotz ihrer Limitationen zu Gemüte führen? Sie könnten doch helfen, das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Umbaus von Wirtschaft und Gesellschaft zu stärken?
In der Tat, das ist geschehen. Die Politik hat diese Ergebnisse, vor allem im Bereich der Umweltproblematik, übernommen und ihre Ziele daran ausgerichtet. Daraus entstanden die Agenda 2030, sowie die internationale Klima- und Biodiversitätskonventionen. Schauen wir jedoch auf die Ergebnisse der an diesen planetaren Grenzen ausgerichteten Umweltpolitiken, stellen wir erstaunt fest: Trotz Billiarden von Investitionen in die Verwirklichung der Agenda 2030 oder in den Klima- und Biodiversitätsschutz wurde nichts erreicht. Dass die Ziele der Agenda 2030 noch erreicht werden können, glaubt heute niemand mehr, und dass der CO2-Ausstoss oder der Rückgang der Biodiversität immer neue Rekordwerte erreichen, wird uns von Wissenschaft und Medien jedes Jahr immer wieder neu bestätigt. Daran zeigt sich klar, warum es keinen Sinn macht, ungenaue Modelle über planetare Grenzen für die Politik zu gebrauchen: Sie führen dazu, dass enorme wirtschaftliche, natürliche und soziale Ressourcen verschwendet werden, ohne dass sie einen erkennbaren Einfluss auf die plantaren Grenzen haben. Die globalen Modelle sind offensichtlich nicht in der Lage, die grossen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft so abzubilden, dass sie zu einem Spiegel werden, in dem die Umweltfolgen der Weltgesellschaft wirklichkeitsgemäss abgebildet werden. Die planetaren Grenzen sind ein wichtiger Teil, einer von Wissenschaft, Politik und Konzernwirtschaft hervorgebrachten Scheinwelt geworden.
Wenn die Schwächen der Modelle und Massnahmen so gross sind, warum werden sie nicht aufgegeben?
Die heutige Umweltforschung hat eine Scheinwelt von planetaren Prozessen geschaffen, an der sich Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur und grosse Bevölkerungsteile tagtäglich orientieren. Die Folge davon ist, dass enorme Mengen an Geld von privater und staatlicher Seite, in die Bekämpfung von Umweltschäden fliessen, die vielen Firmen enorme Profite und vielen Menschen ein Einkommen bescheren. Dass die Massnahmen unwirksam sind, spielt deshalb nur eine sekundäre Rolle. Bestenfalls wird anerkannt, dass die Ziele «noch nicht» erreicht sind und es deshalb noch mehr Investitionen braucht.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die meisten Regierungen der Welt entdeckt haben, dass die Umweltpolitik ein enorm umfassendes Herrschaftsinstrument ist. Die Regierungen haben gelernt, dass sie im Namen des Umweltschutzes praktisch alle Lebensbereiche bis ins Detail bestimmen können. Sie können ihre Macht so weit ausdehnen, dass sie bestimmen, wie die Wirtschaft bis ins letzte Detail hinein produzieren muss, was wir konsumieren, essen, trinken sollten oder wie wir uns bekleiden, fortbewegen oder erholen sollen. Diese Scheinwelt ist also sowohl für Politik und Konzernwirtschaft ein gutes Geschäftsmodell. Das möchte eigentlich niemand aufgeben, nur weil die ursprünglichen Ziele – die Reduktion von Umweltschäden – nicht erreicht werden.
Das führt jedoch zu einer immer verhängnisvolleren Tendenz: Da die Umweltprobleme sich so nicht lösen lassen, versuchen Staat und Konzerne immer stärker, die lebendigen, sozialen, wirtschaftlichen, seelischen und geistigen Lebensprozesse der Menschheitsfamilie in die vermeidlichen materiellen Grenzen hineinzuzwingen. Das ist genau der Weg, den die Initiative gehen möchte: Sie fordert, dass die Schweizer Gesellschaft so umgebaut wird, dass sie «planetaren Grenzen» der Umweltbelastung, gemessen am Bevölkerungsanteil der Schweiz, nicht mehr überschreitet. Die Reduktion von CO2-Ausstoss, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung, Stickstoff- und Phosphoreintrag, werden somit zum Hauptzweck der Wirtschaft.
Diese Tendenz ist Teil einer grösseren Erschütterung der aktuellen Zeit. Der Glaube an die Grundwerte der Aufklärung – Selbstbestimmung in Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit – für die Lösung der gravierenden Probleme, wird von vielen als nicht mehr tragfähig erachtet. An die Stelle einer selbstbestimmten Entwicklung der Menschheitsfamilie soll der starke Staat zusammen mit den Wirtschaftskonzernen Technologien und Anreize schaffen, die dem selbstbestimmten Denken, Fühlen und Handeln, in die von aussen und oben herab aufgezwungenen Schranken weisen. Die Umweltinitiative ist ein klarer Ausdruck dieses zunehmend totalitären Gesellschaftssystems.
Die Alternative der Dreigliederung
Was wäre anders, wenn wir das Problem auf der Grundlage der Dreigliederung des sozialen Organismus angehen würden?
Aus der Sicht der Dreigliederung können die schwerwiegenden Probleme auch im Umweltbereich nicht dadurch gelöst werden, dass sich der Staat über sein Rechtsleben immer mehr in die wirtschaftlichen und kulturell-geistigen Angelegenheiten des Soziallebens der Menschen einmischt und so versucht, die Marschrichtungen vorzugeben. Die Dreigliederung erkennt an, dass jede moderne Gesellschaft drei klar unterscheidbare Funktionsbereiche hat: Das Wirtschafts-, das Rechts- und das Kultur- oder Geistesleben. Im Unterschied zur heutigen Tendenz sollen die drei Glieder sich nicht immer mehr vermischen und vom Einheitsstaat und Konzerninteressen fremdbestimmt werden. Jedes dieser drei Glieder der Gesellschaft soll auf eine eigenständige Grundlage gestellt werden. Jedes Glied verwaltet sich selbst und richtet seine Handlungen an einem spezifischen Ideal der französischen Revolution aus. Die Verwirklichung der Ideale der Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit wird uns nicht mehr vom machtvollen und herrschaftsbesessenen Einheitsstaat und den in seinem Schatten operierenden Wirtschaftskonzernen aufgezwungen, sondern wir nehmen den Umbau der drei Funktionsbereich der Gesellschaft gleich selbst in die Hand.
Was heisst das genau für das Wirtschaftsleben?
Wir richten die Gesellschaft neu so aus, dass es dem Wirtschaftsleben obliegt, die Menschheitsfamilie mit den materiellen Gütern – auf brüderlicher, also bedarfsorientierter Basis – zu versorgen. Das Wirtschaftsleben wird assoziativ organisiert, indem die Produzenten, Händler und Konsumenten, zusammen bestimmen, was unter welchen Bedingungen hergestellt werden soll. Das Wirtschaftsleben schafft die materielle Grundlage, damit alle Menschen aktiv und ihren Fähigkeiten gemäss am Geistes- und am Rechtsleben teilnehmen können.
Was ist die zentrale Aufgabe des Rechtslebens?
Das demokratisch verfasste Rechtsleben des Staates reduziert sich auf die Etablierung von möglichst wenigen Rechtsgrundlagen, innerhalb derer sich die Menschen von gleich zu gleich begegnen wollen. Es geht nicht um die gleichmachende Fremdsteuerung durch immer totalitärere Politiken, sondern um den Schutz der individuellen Freiheitsrechte und die Anerkennung der Selbstverwaltung des assoziativen Wirtschafts- und freien Geisteslebens.
Wie organisiert sich das Geistes- oder Kulturleben?
Dem Geistesleben obliegt die Verwirklichung der Freiheit im umfassenden Sinn. Es umfasst die Förderung und freie Entfaltung der individuellen geistigen, sozialen und seelischen Fähigkeiten der Menschheitsfamilie. Das freie, von wirtschaftlichen, politischen, religiösen oder anderen ideologischen Interessen befreite Geistesleben, arbeitet eng mit dem Rechts- und Wirtschaftsleben zusammen. Es stellt so sicher, dass sich das Wirtschafts- und Rechtsleben, am geistigen Fortschritt der Menschheitsfamilie orientieren. Probleme im Rechts- oder Wirtschaftsleben, erscheinen deshalb als Herausforderungen für das freie Geistesleben. Die Frage ist deshalb nicht, wie können die Menschen zum Glück gezwungen werden. Es geht vielmehr darum herauszufinden, welche zusätzlichen individuelle Anstrengungen die Menschen vornehmen müssen, damit ihre geistig-seelischen Grundfähigkeiten im Denken, Fühlen und Wollen oder Handeln, lösungsorientiert gesteigert werden können. Geistig-seelisches Wachstum, ist die Voraussetzung zur Lösung der Probleme. Der Kulturfortschritt setzt die Impulse, damit die Menschen, die im Wirtschafts- oder Rechtsleben tätig sind, ihre Tätigkeiten so umorientieren können, dass die Probleme eigenständig und selbstbestimmt gelöst werden können.
Kann man das für das Beispiel mit dem Umgang von Umweltproblem veranschaulichen?
Am Beispiel der assoziativ organisierten bio-dynamischen Landwirtschaft lässt sich das veranschaulichen. Die ganzheitliche und an kosmischen Kräften orientierte Landwirtschaft, wird von vielen Assoziationen von Landwirten, Händlern und Konsumenten, seit über 100 Jahren, am Leben erhalten. Das Hauptziel besteht in der Herstellung von hochwertigen Nahrungsmitteln, welche den physischen Körper, sowie die seelisch-geistigen Kräfte des Menschen, gleichermassen fördern. Die Tatsache, dass die natürlichen Grundlagen bei dieser Form des Landbaus am besten geschützt sind, ergibt sich aus dem ganzheitlichen Welt- und Menschenbild, das ihm zugrunde liegt.
Der bio-dynamische Landbau hält staatliche oder rein konzernwirtschaftliche Einflüsse möglichst fern. Die Festlegung der Standards nach denen produziert und gehandelt wird, ist das Gemeinschaftswerk von Produzenten, Händlern und Konsumenten. Der Staat oder Konzerninteressen haben hier nichts zu suchen. Eine Initiative, welche die Umweltpolitik im Sinn der Dreigliederung angehen möchte, müsste sich darum kümmern, dass sich die Menschen im Wirtschaftsleben zu Assoziationen zusammenschliessen. Diese Assoziationen von Produzenten, Händlern und Konsumenten würden die gegenwärtigen, rein profitorientierten und umweltverschmutzenden Unternehmen ersetzen.
In solchen assoziativen Unternehmen, sind nicht nur die Profiteure, sondern auch die Betroffenen von Umweltschäden vertreten. Dadurch wird gewährleistet, dass die Vermeidung von Umweltschäden in die Unternehmensführung einfliessen. Welche Umweltschäden, wie angegangen werden, braucht deshalb nicht mehr vom Staat oder Konzerninteressen her definiert zu werden; die Lösungen ergeben sich aus dem selbstverwalteten Wirtschaftsleben, das in Zusammenarbeit mit dem freien Geistesleben sicherstellt, dass es Arbeitskräfte bekommt, deren seelisch-geistigen Fähigkeiten so stark entwickelt sind, dass sie in der Lage sind, die assoziative Wirtschaft weiterzuentwickeln.
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