Ursachen und Folgen der türkisch-ägyptischen Annäherung
Der globale systemische Übergang zur Multipolarität, der bereits vor der russischen Sonderoperation in der Ukraine begann, führt zu einer erhöhten Stabilität in Westasien und Nordafrika, trotz gegenteiliger Panikprognosen des Westens.

Die Türkei und Ägypten haben am vergangenen Dienstag eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der die vollständige Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen angekündigt wurde.

Die Beziehungen beider Staaten waren im vergangenen Jahrzehnt größtenteils angespannt, nachdem Ankara vor fast genau zehn Jahren den Militärputsch verurteilt hatte, bei dem der der Muslimbruderschaft nahestehende Präsident, Mohamed Mursi, vom damaligen Armeechef General Abdel al-Fattah as-Sisi abgelöst wurde.

Zu dieser Zeit gründeten die Aversionen der beiden Länder gegeneinander auf einer Mischung aus Ideologie und Politik. Die Unterstützung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan für die Muslimbruderschaft beruhte nicht nur auf seinen Ansichten über die optimale Art und Weise, wie mehrheitlich muslimische Gesellschaften zu organisieren sind, sondern hätte auch dazu führen können, dass Ankara informell die Führung einer Gruppe gleichgesinnter Staaten übernommen hätte, falls die Muslimbruderschaft in Westasien und Nordafrika an die Macht gekommen wäre. Der von den USA unterstützte "Arabische Frühling" von 2011 war der Auslöser für diese potenziell flächendeckende geopolitische Transformation.