Von 1926 bis 1981 wurden in der Schweiz etwa 2000 Kinder gegen ihren Willen ihren Eltern weggenommen und in Pflegeheime, Erziehungsanstalten oder Fremdfamilien untergebracht. Zahlreiche Erwachsene wurden in psychiatrische Anstalten oder Gefängnisse abgeschoben oder unter Vormundschaft gestellt. Einigen wurde verboten, zu heiraten, oder sie wurden zwangssterilisiert. Weil sie Jenische waren.
Ihre fahrende Lebensweise entsprach nicht der damals gängigen Norm. Sie sollten zu sesshaften und «brauchbaren» Menschen der bürgerlichen Gesellschaft erzogen werden, wie es damals hiess.Die Grundrechte der Opfer wurden so systematisch verletzt, insbesondere das Recht auf Privat- und Familienleben sowie das Recht auf Bewegungsfreiheit.
Die Zwangsmassnahmen kamen von seiten kirchlicher Organisationen und vom «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse» der Pro Juventute. Ein Rechtsgutachten, das der Bund in Auftrag gegeben hat, kommt nun zum Schluss, dass es sich hierbei nicht um einen «kulturellen Genozid» handelt, sondern um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider trat deshalb vor die Medien, um sich im Namen des Bundesrats bei den Jenischen zu entschuldigen: «Die Behörden haben damals aktiv an der Gewalt mitgewirkt, die den Jenischen, Sinti und ihren Familien und Gemeinschaften angetan wurden. Das bedauert der Bundesrat zutiefst und er möchte diesen Menschen gegenüber seine Entschuldigung bekräftigen, die er im 2013 bereits ausgesprochen hatte.»
Die Völkermord-Konvention der Vereinten Nationen verurteilt Kindswegnahmen als Genozid, weil sie die Absicht hätten, eine Gruppe zu zerstören.
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