Von Terrorliste zu diplomatischem Überraschungsbesuch: SPD-Chefs Klingbeil und Mützenich zum ersten Besuch in Kiew eingetroffen
Die SPD hat bis heute einen schweren Stand in der Ukraine. Vor allem Fraktionschef Mützenich eckt dort mit seinem Werben für Diplomatie und seiner Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an.

Gut ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind SPD-Parteichef Lars Klingbeil und Fraktionschef Rolf Mützenich zu ihrem ersten Besuch im Kriegsgebiet eingetroffen. Die beiden kamen am frühen Montagmorgen mit einem Sonderzug in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an, um dort im Laufe des Tages Gespräche mit Vertretern der ukrainischen Regierung und des Parlaments zu führen.

Die SPD hat in der Ukraine wegen ihrer Russland-Politik vor der Invasion einen schweren Stand. Ihr wird vorgeworfen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin über Jahrzehnte falsch eingeschätzt und zu stark auf Kooperation mit Russland gesetzt zu haben. Sowohl Klingbeil als auch Mützenich haben Fehleinschätzungen allerdings bereits offen eingeräumt. Im Dezember will die SPD ihre Außenpolitik und damit auch ihre Haltung zu Russland auf einem Parteitag neu definieren.

Mützenich ist in der Ukraine auch wegen seiner Zurückhaltung bei Waffenlieferungen und seinem Werben für Diplomatie immer wieder angeeckt. Der ukrainische Vizeaussenminister Andrij Melnyk griff ihn deswegen erst im Januar wieder auf Twitter scharf an. «Er (Mützenich) wird für immer in die Geschichte eingehen als der wertvollste Aktivposten Russlands bei der Blockade der Hilfe für die Ukraine seit Beginn der vollständigen russischen Aggression», schrieb er.

Melnyk forderte die SPD-Spitze nun auf, ihrem Besuch in Kiew auch Taten folgen zu lassen. Er hoffe, dass SPD-Chef Lars Klingbeil «die Notwendigkeit erkennen wird, die Bundesregierung dazu zu bewegen, weitere mutige Entscheidungen zu treffen, vor allem Kampfjets freizugeben», sagte Melnyk am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Das «Zentrum gegen Desinformation des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine» hatte Mützenich im Juli 2022 auf eine Liste von 70 internationalen Persönlichkeiten setzen lassen, denen die Verbreitung von russischen «Narrativen» vorgeworfen wurde. Mützenich warf daraufhin seinerseits der ukrainischen Regierung vor, ihn auf eine «Terrorliste» gesetzt zu haben, was zu «Sekundärdrohungen» geführt habe.