100 Tempo 30-Zonen gegen 1 Rasodrom

Mit der Zulassung von Rundstreckenrennen diese Woche ist der Nationalrat wieder einmal einen faulen Kompromiss eingegangen. Schon vor Jahren hatte ich angeregt, es sei ein genügend grosses Gebiet ohne Dörfer und Städte für Raser auszuscheiden. Darin sollen keine Verkehrsregeln gelten, aber auch jeglicher Versicherungsschutz aufgehoben sein. Als Kompensation müsste die Raserei in der übrigen Schweiz effizient, d.h. auch mit drastischen Massnahmen (Entzug der Tatwaffe) unterbunden werden. Motto: Wer sich nicht an die Verkehrsregeln halten will, soll nicht «Moskau einfach» sondern «Rasodrom einfach» lösen.

Die Idee dahinter ist folgende: Das Bedürfnis zu rasen ist vielleicht nicht legitim, aber so stark, dass seine Existenz nicht negiert werden kann. Sogar für den Formel-1-Politiker Ulrich Giezendanner liegt ein Vorteil der neuen Rundstrecken darin, dass Raser dort ihre «Aggressionen abreagieren» können. Ebenso unbestritten ist der Wunsch der Bevölkerung nach Sicherheit auf den Strassen und die Pflicht des Rechtsstaates zur Durchsetzung der gesetzten Normen. Beide Bedürfnisse unter denselben Hut zu bringen, ist offensichtlich nicht möglich, eine räumliche Trennung unumgänglich.

Die von der Nationalratsmehrheit gewünschten Rundstreckenrennen sind dagegen kontraproduktiv: Sie fördern Tempoüberschreitungen auf dem übrigen Strassennetz - das haben verschiedene internationale Studien gezeigt –, Aggressionen werden also nicht ab-, sondern aufgebaut. Zudem geben sie der Raserei einen legitimen Anstrich.

Ich gebe zu, dass mein Vorschlag nicht ganz ernst, sondern als Anregung gemeint war, die leidige Konfrontation zwischen den Grünen und den Autopolitikern zum Vorteil beider Fraktionen aufzuweichen und den Weg zu einem echten Kompromiss zu ebnen. Vielleicht eröffnet die weitere Diskussion um Rundstreckenrennen den Grünen die Möglichkeit, eine fette Gegenleistung für Ihre Zustimmung einzuhandeln, zum Beispiel eine Tempo 300-Zone gegen 100 Tempo 30-Zonen gleicher Fläche. Das wär doch schon mal was.
07. Juni 2007
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