Bilder der Erkenntnis

Cornelia Hesse-Honegger erhielt am 28. Oktober in Washington den «Nuclear Free Future Award» in der Kategorie Aufklärung.

Die Kreatur wird ja gern mal «die stumme» genannt, weil Tiere nichts – oder kaum etwas – Verständliches sagen können. Zeigen können sie allemal. Und dem, der hinschauen kann, vermitteln sie unter Umständen sogar Warnungen. Wanzen zum Beispiel warnen da, wo Menschen wahrnehmungsblind sind.
Die Insektenbilder der Zürcher Künstlerin und naturwissenschaftlichen Zeichnerin Cornelia Hesse-Honegger zieren inzwischen Galerien und Museen in aller Welt. Und in ihrer grossen Mehrzahl sind sie Spiegel der atemberaubenden Schönheit des Insekten-Weltreiches. Doch als Cornelia Hesse-Honegger 1987, ein Jahr nach Tschernobyl, in belasteten Gebieten Schwedens auf deformierte Blattwanzen stiess, schwante ihr Unheil.  Schon 1967 hatte sie, dreiundzwanzigjährig, mit dem Zeichenstift Mutationen an Frucht- und Stubenfliegen dokumentiert, die unter Laborbedingungen bestrahlt worden waren.

Nach Einblicken in die schwedische Wanzen-Fauna porträtierte sie vielerorts Mutationen. Und sie betrieb Feldforschung in Stade, Krümmel und in La Hague, zeichnete im Umfeld von Three Miles Island und in den Atomtestgebieten Nevadas. Und überall stiess sie auf Wanzen der Gattung Heteroptera und auf Drosophila-Fliegen, die deutliche Mutationen aufwiesen. Hesse-Honegger dazu: «Während der natürliche Anteil mutierter Insekten bei gerade einmal einem Prozent liegt, ist an den von mir untersuchten Orten bis zu jedes fünfte Insekt körperlich geschädigt. Die Schäden werden vermutlich durch die Aufnahme von radioaktiven Partikeln mit der Nahrung verursacht.»
Das eigentlich Alarmierende: Geschädigte Insekten fanden sich nicht nur dort, wo man sie hätte vermuten können, an den bekannten Katastrophenorten, sondern im Umfeld normal funktionierender, gut gewarteter Schweizer AKW. Niedrigstrahlung ist offenbar ein Thema, das weg-geschwiegen wird.

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Die edition Zeitpunkt ist glücklich, Cornelia Hesses spannendene Erlebnisse und grossartige Erkenntnisse unter dem Titel «Die Macht der schwachen Strahlung» anfang nächsten Jahres in Buchform herauszugeben.