«Das Leben ist sinnlos, wenn du nicht liebst»

Jens Böttcher aus Hamburg machte Rock'n Roll und Punkrock, Filme, Fernsehen und Radio, später Bücher. Er hat «das Leben unterwegs erfühlt, erlebt, erlitten, gespürt.» Irgendwann begegnete ihm ein «langersehntes himmlisches Licht» - und er lernte, von Zeit zu Zeit in die Stille zu gehen und dort zu verweilen. Während der Corona-Zeit fast ohne Auftritte mit seiner Band, verlegte er sich wieder mehr aufs Schreiben. In unserer Reihe «Drei Fragen» haben wir ihn zu seinem neuen Buch befragt.

(C) Zur Verfügung gestellt von Jens Böttcher

Zeitpunkt: «Das Leben ist sinnlos, wenn du nicht liebst» ist nicht nur der Titel deines neuen Buches, sondern auch dein Credo. Du bist Musiker und bezeichnest dich selbst als gläubigen Menschen. An was glaubst du?

Jens Böttcher: Ja, ich hatte den starken Impuls, diesen Text zu schreiben, und es wurde plötzlich eine Art «poetischer Free-Flow». Es war dabei eine ganz neue Erfahrung für mich, so zu schreiben, keinem «Genre» zu folgen, dem Ganzen überhaupt keine äusseren Regeln aufzuerlegen. So entstand eine Mischung aus Erzählung, Gedicht und rhythmischem Sprachfluss. Insofern war es wahrscheinlich ganz praktisch, dass ich auch Musiker bin. Und ja, mein Glaube ist in allem, was ich tue, ein essentiell wichtiges Element. Dabei geht es mir immer um die Liebe. Gandhi hat mal den wunderbaren Satz gesagt, er sei seinem Glauben verpflichtet, nicht aber der Beständigkeit. Das beschreibt für mich sich gut die Dynamik meines eigenen Glaubens. Ich glaube immer an einen unbeschreiblichen Gott, der alles in sich vereint, der alles ist und dessen Wesen die Liebe ist, die Sanftheit, die Güte, die Liebe. «Er» ist auch kein Er, keine Sie, kein Es, sondern all das gleichzeitig. Das habe ich in meinem letzten Buch «Der Tag, an dem Gott nicht mehr Gott heissen wollte» zu beschreiben versucht. Die Kurzform der Antwort ist: Der Gott, an den ich glaube, ist Liebe. Um das aufzuschlüsseln und die Tiefe auch nur annähernd zu erfassen, braucht es wahrscheinlich Millionen von Buchseiten — und innere Bewegung.

Zeitpunkt: Was hat für dich Liebe mit Musik zu tun?

J.B.: Sehr gute Frage! Tatsächlich glaube ich, dass jede Form der Kunst — so wie überhaupt alles im Leben! — mit Liebe zu tun hat. Das gilt sogar für die vermeintlich dunkleren Künste. Entweder wir schaffen etwas aus der Sehnsucht nach der Liebe, manchmal auch aus der Enttäuschung, sie nicht so zu erspüren, wie wir gerne würden — oder wir schöpfen unsere Kreativität aus der Freude der Gewissheit, dass sie da ist und dass sie uns trägt und uns tröstet und uns auf allen inneren Reisen wundersam und mystisch begleitet. Ich versuche in meiner Kunst, im Schreiben der Bücher und der Songs, die Liebe zu feiern, sie als das himmlische Wunder zu beschreiben, das sie ist. Und ich erlaube mir dabei, ehrlich zu sein. Wir alle sind Reisende, Suchende, immer weiter Lernende — selbst dann, wenn wir die Gewissheit spüren, gefunden zu sein. Irgendjemand sagte mal, ein «Dichter sei immer verliebt — und wenn er gerade nicht in einen Menschen verliebt ist, dann doch stets in die Liebe selbst». Das beschreibt auch mich und meine Kunst ganz gut.

 

Zeitpunkt: Wenn du drei Wünsche frei hättest, was wäre das?

J.B.: Noch eine sehr gute Frage. Aber die Antwort folgt dann auch der gleichen geistigen Logik — ich würde mir wünschen, dass wir Menschen die Furcht verlieren, dass wir erwachen zum Mut, bedingungslos zu lieben, dass wir es wagen, die Rechthaberei und die Kriegslust und die Machtspiele, die ja allesamt aus Angst geboren werden, hinter uns zu lassen und wirklich Liebende werden. Mir ist aber bewusst, dass es dafür wirklich göttliches Wirken braucht, da wir das aus uns selbst heraus nicht hinzubekommen scheinen. Gleichwohl – das ist immer meine Hoffnung – haben wir doch immer die Möglichkeit, unser Herz zu öffnen für die Wahrheiten der Liebe. Man könnte also sagen, Gott hat diesen Wunsch schon erfüllt, wir haben es nur noch nicht verstanden. Es gibt übrigens eine längere Passage in meinem neuen Buch, in der es um die Frage geht, was geschehen würde, wenn wir wirklich «Liebende wären». Die Welt wäre jedenfalls ein absolut zauberhafter Ort… Ich nehme an, dass das schon drei Wünsche sind – oder noch viel mehr als drei. Jedenfalls scheint es mir, als wären all unsere anderen Wünsche darin enthalten. Aber mal angenommen, dass noch welche übrig wären, würde ich mir dies wünschen: Marzipan, das in meinem Garten ganzjährig an Sträuchern wächst, und einen Brunnen, aus dem nicht nur herrlich klares Wasser, sondern zwischendurch auch mal ein frischgebrühter Latte Macchiato hervorsprudelt. 

 

Jens Böttcher

Das Buch «Das Leben ist sinnlos, wenn du nicht liebst» erscheint im November in einer limitierten Sonderausgabe und kann über Jens Böttchers Webseite direkt bestellt werden, ebenso das Hörbuch. Dort gibt es auch alle weiteren Infos: www.jensboettcher.net

18. Oktober 2022
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