Die Familie rentiert nicht

Familienpolitik steht heute, dick unterstrichen, zuoberst auf der politischen Agenda: Bundesrat Couchepin fördert die Schaffung neuer Krippenplätze und hält es für selbstverständlich, dass Mütter arbeiten und deshalb entlastet sein müssen. Das Volkswirtschaftsdepartement von Doris Leuthard hat ein Handbuch für familienfreundliche Massnahmen im KMU-Bereich erarbeitet, das es in sich hat. Es ermuntert die Arbeitgeber zu familienfreundlichen Massnahmen: Flexible Arbeitszeiten, Teilzeitanstellungen und Hilfe bei familienexterner Betreuung. Der Bund und viele Kantone erkennen die Notwendigkeit, Steuernachteile für Familien auszubügeln oder gar Steuererleichterungen ins Auge zu fassen. Wir müssen in die Familie investieren, das ist der neue Slogan von links bis weit in die bürgerliche Mitte – denn: Familienpolitik lohnt sich. Studien zeigen, dass jeder in die familienexterne Betreuung investierte Franken drei bis vier Franken zurückbringt. Volkswirtschafter verrechnen Krippensubventionen gegen zusätzliche Steuererträge und stellen ebenfalls fest: Es rentiert! Der Return on Investment für betriebliche Massnahmen zur Familienförderung, so weitere Studien, liegt bei 8% – das ist besser als manches Börsengeschäft! Mehr noch: der Geldfluss schafft Vereinbarkeit und diese wiederum bringt Harmonie in die Lebensgestaltung. Schliesslich müssen auch die Renten gesichert werden. Ob dies gelingt, ist fraglich: Die aktuell 1.4 Geburten pro Frau reichen dazu jedenfalls nicht aus: Die Familie rentiert nicht mehr.

Familie muss uns etwas Wert sein. Die Familienpolitik setzt zu recht einen Akzent auf die Mütter: Frauen sollen nicht zwischen Beruf und Familie wählen müssen und sie sollen nicht auf die häusliche Rolle eingeschränkt sein. Vielleicht, das ist die Hoffnung, wird sie dies motivieren, mehr Kinder zu haben. Das ist gut, das ist unabdingbar, aber es genügt nicht. Krippen und Steuererleichterungen allein schaffen kein neues und erstrebenswertes Bild von Familie. Wir brauchen ein Elternbild, das Vätern einen alltäglichen Platz in der Familie gibt. Es muss selbstverständlich werden, dass Väter ohne Verzicht auf berufliche Chancen mehr Zeit für die Familie bekommen. Dann wird auch selbstverständlich, dass Mütter und Väter sich gleichberechtigt in der Familie bewegen. Wir brauchen deshalb einen Vaterschaftsurlaub für die Zeit nach der Geburt. Das ist ein Zeichen des Anstandes und noch ein tüchtiges Stück Weg und es ein erster Anfang. Notwendig für eine Wende in der Familienpolitik ist die Schaffung von bezahlter Elternzeit für Väter – und Mütter. Nur so können wir die Familie in eine mobiler, flexibler und individualistischer gewordene Welt retten. Wenn wir das wollen. Oder besser: Weil wir das müssen und weil es rentiert.

Ivo Knill
Der Autor ist Redaktor der Männerzeitung


www.maennerzeitung.ch
Ebenfalls von Ivo Knill: Vaterschaftsurlaub – Elternzeit für Väter
24. März 2008
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