Die «finanzielle Atombombe» tickt

Was der Pariser Krisen-Think-Tank «Laboratoire Européen d’Anticipation Politique» (LEAP) in seinen Bulletins prognostiziert, trifft in der Regel ein, oft aber etwas später. Wie andere Beobachter und Analysten auch, unterschätzen sie offenbar die unglaubliche Fähigkeit des Systems, das Spiel mit immer neuen Tricks zu verlängern. Aktuelles Beispiel: Dank geänderter Bilanzierungsregeln präsentieren viele Grossbanken wieder freundliche Zahlen und gaukeln den Leichtgläubigen dieser Welt ein Zwischenhoch im Sturmtief vor.

Man darf also gespannt sein, ob die «finanzielle Atombombe» tatsächlich in diesem Sommer losgeht, wie es das LEAP in seinem neusten Bulletin prognostiziert.
Die unglaubliche Sprengladung ist bekanntlich schon seit einiger Zeit entsichert. Das wissen wir, seit der amerikanische Investor die Derivate mit dem unvorstellbaren Volumen von 1600 Billionen Dollar (dem Dreissigfachen des Weltbruttosozialprodukts) als «finanzielle Massenvernichtungswaffen» bezeichnet hat. In diese Waffengattung gehören eigentlich auch die amerikanischen Staatspapiere, die im Grunde nicht mehr sind als ein gigantischer Haufen von Zahlungsversprechen, die nie und nimmer eingelöst werden können.

Neben der US-Zentralbank hält China mit 1700 Mrd. den grössten Bestand dieser Papiere, und er wächst um rund 500 Mrd. pro Jahr. Die Chinesen stecken, wie das LEAP treffend schreibt, in der Dollarfalle. Sie können die Papiere nicht nur nicht verkaufen, sie sind auch gezwungen, weitere an Zahlung zu nehmen, um den Kurs nicht zusammenbrechen zu lassen, was auch ihnen schaden würde. Die Amerikaner ihrerseits vertrauten bisher auf die Wirkung der Falle und unternahmen nichts zur Behebung ihrer Bilanzprobleme – im Gegenteil.

Diese Situation dürfte sich nach Einschätzung des LEAP nun grundlegend ändern. Einerseits ist das LEAP ist überzeugt, dass die Chinesen hart daran arbeiten, sich so gut es geht aus der Falle zu befreien. Zum anderen hat sich die Situation der Amerikaner dramatisch verschärft. Ihre Ausgaben haben sich um 41 Prozent erhöht, die Einnahmen sind um 28 Prozent eingebrochen. Allein im März 2009 hat sich das US-Bundesdefizit um 200 Mrd. Dollar erweitert. In nur einem Monat sind die öffentlichen Schulden um so viel angewachsen, wie in sechs Monaten des bisherigen Rekordjahres 2008.
Ende April wurde nun der Löwenanteil des US-Steueraufkommens erhoben. Bis in zwei, drei Monaten wird sich weisen, ob der geschätzte Einbruch der Körperschaftssteuern um 80 Prozent (!) zutreffen wird. Dann wird der US-Staatsbankrott und damit der Zusammenbruch des int. Währungssystems nicht mehr aufzuhalten sein.

Ihre Lösung des Problems haben die Chinesen am Vorabend des G20-Gipfels in London skizziert und die Einführung einer internationalen Referenzwährung gefordert, die den Dollar als Weltwährung ablösen und in die ihr Dollar-Guthaben überführt werden könnte. Das hochwichtige Thema schaffte es nicht einmal auf die Traktandenliste.

Die Blöcke präsentieren sich gemäss LEAP wie folgt: Auf der einen Seite die finanziell todkranken USA und Grossbritannien, die unterstützt von Japan am Status quo festhalten. Auf der anderen Seite China, Russland, Indien und Brasilien, die sich vom Dollar loslösen wollen. Dazwischen die unentschlossene Europäische Union, die über das technische Know-how und die politische Methode verfügt, eine internationale Korbwährung aus den grossen Währungen zu etablieren.

Eine solche Korbwährung müsste gemäss LEAP bis im Sommer stehen, sonst könnte die finanzielle Atombombe tatsächlich losgehen.
ich glaube wie gesagt, dass bis dann noch der eine oder andere Trick aus dem Hut gezaubert wird. Zudem löst die Korbwährung nur das Problem des todkranken Dollars als Weltwährung aber nicht der übrigen ungedeckten Forderungen. Da hilft – ich muss mich leider wiederholen – nur eine gründliche Abschreibung. Damit dieser äusserst schmerzhafte und konfliktreiche Prozess politisch einigermassen geordnet ablaufen kann, müssten ihn die globalen politischen Instanzen einleiten (was sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht tun werden) oder die demokratische Basis ultimativ einfordern. Dafür sind die Stimmvölker dieser Erde allerdings weder ausreichend informiert noch genügend organisiert.

Mehr dazu:

http://www.leap2020.eu/GEAB-N-34-ist-angekommen!-Sommer-2009-Wohl-kaum-mehr-Zweifel-am-Auseinanderfallen-des-internationalen-Wahrungssystems_a3139.html
http://www.mmnews.de/index.php/200905012857/MM-News/GEAB-Finanzkollaps-unvermeidlich.html
01. Mai 2009
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