Die Umwälzung beginnt im Kopf

Loslassen und den Geist frei machen für die nächste Welt

1. Geben Sie die Welt auf.
Die Welt ist der Feind der Erde. Die Welt, in der wir leben, ist ein tödlicher Parasit der Biosphäre. Sie kann ohne die Erde, die sie zerstört, nicht überleben. Sie ist dem Untergang geweiht, weil sie nur nimmt und nichts zurückgibt. Über Jahrhunderte haben wir Menschen bis weit über die Zukunft Schulden gemacht und nannten es «Fortschritt»; wir haben ausgerottet und nannten es «Entwicklung»; wir haben gestohlen und nannten es «Wohlstand»; wir haben die Welt auf unsere eigenen Werke reduziert und nannten es «Evolution».
So geht es nicht mehr weiter. Uns geht nicht nur das billige Öl aus für die Produktion und den Transport fast aller Güter, auch die fruchtbare Erde geht uns aus, um Nahrungsmittel zu gewinnen und die Wälder, die das Klima stabilisieren und für die Bildung von Regen notwendig sind und auch das Grundwasser verschwindet nach und nach. Wir kommen ans Ende mit den globalen Nahrungsmittelvorräten und den Antibiotika, die noch wirken. Wir kommen ans Ende unserer physischen und psychischen Gesundheit und ans Ende des Willens, dieses Spiel noch aufrecht zu erhalten. Warum freuen sich so viele Amerikaner auf «Armageddon»? Weil sie diese Welt verachten und sie am liebsten in die Luft sprengen möchten.
In den nächsten fünf oder zehn Jahren wird das amerikanische Militär gedemütigt werden, der Dollar wird zusammenbrechen, die Immobilienblase platzen, Millionen Amerikaner werden verarmen, Nahrungsmittel, Treibstoff und Geräte werden sehr teuer werden, und die meisten von uns werden den industriellen Lebensstil aufgeben müssen. Geländefahrzeuge werden nicht mehr für den Transport, sondern als Behausung gebraucht werden. Wir werden uns nicht vorstellen können, dass wir einmal viele Kalorien als schlecht erachteten.
Dies ist kein Untergangs-Szenario. Hier ist nicht die Rede von Todes-Camps, Super-Seuchen, dem Einschlag von Asteroiden, Sonnenexplosionen, dem Atomkrieg, einer Instant-Eiszeit oder dem ausser Kontrolle geratenen Treibhauseffekt, wir sprechen hier vom milden, realistischen Szenario des langsamen Crashs: Die Energiepreise werden steigen, die Mittelklasse wird in die Unterschicht absinken, Ökonomien werden zusammenbrechen, die Ländern werden verzweifelte Kriege um Ressourcen führen; in den ärmsten Gegenden werden die Menschen hungern, die Klimakatastrophen werden schlimmer. Die Stadt, in der Sie wohnen, sieht vielleicht aus wie ein Ort im Irak, im heruntergekommenen Argentinien oder im untergegangenen Römischen Reich. Bereits haben sich meine jungen anarchistischen Freunde in ungeheizte Häuser zurückgezogen, fahren Velo und sind sichtlich zufriedener als meine Freunde mit Vollzeit-Stellen.
Eine mentale Anpassung an die neuen Gegebenheiten ist nötig. Wer an der Welt, in der er aufgewachsen ist, hängen bleibt und wartet, bis alles vorüber ist, wird schwere Zeiten haben. Wenn Menschen sterben müssen, werden sie die ersten sein. Wenn Sie können, retten Sie so viele wie möglich, aber lassen Sie sich nicht hinunterziehen: Rettungsschwimmer lernen als erstes, sich aus der Umklammerung zu lösen.

2. Geben Sie die Hoffnung auf.
Geben Sie nicht den Glauben an eine bessere Welt auf, sondern hören Sie auf zu glauben, dass irgend jemand oder etwas uns retten kann, obschon wir total falsch leben. Ein paar Beispiele:
• In der Bibel sagte Jesus, wann er wieder kommt, um uns zu retten: «Noch in dieser Generation». Das war vor 2000 Jahren. Hören Sie auf, auf diesen Bus zu warten und gehen Sie zu Fuss.
• Der Maya-Kalender kommt an sein Ende. Einige Leute, die christliche Prophezeiungen verspotten, scheuen sich andrerseits nicht, ähnlich religiöse, aber weit weniger spezifische Voraussagen ernst zu nehmen. Jesus hat zumindest Frieden und Erleuchtung gepredigt, die Mayas dagegen waren ein kriegerisches Volk, die ihre Zivilisation durch Abholzung der Wälder des Yucatan und Übernutzung der Böden zerstörten. Das sollten wir studieren und nicht ihren Kalender mit der Botschaft, dass schon bald ohne grosse Anstrengungen eine bessere Welt kommt.
• Auch die Technologie wird uns nicht retten. Wenn sie das könnte, dann wäre es etwas, das wir nicht einmal als «Technologie» betrachten – Permakultur oder Orgonenergie, Wasserwirbel oder Waldgartenbau, Quanten -Bewusstsein oder eine neue Stammeskultur. Es wird nicht ein neuer Bakterienkiller sein, Energie-Generator, Ressourcen-Extraktor oder sonst etwas, das uns vor dem Unvermeidlichen bewahrt und uns gleichzeitig davon befreit würde, unser Bewusstsein zu schärfen und anderes Leben zu respektieren. Dinge dieser Art würden uns nur weiter in den Sumpf treiben.
Das System kann reformiert werden. Vor zwanzig, dreissig Jahren sagten die Ökologen «Wir müssen jetzt die Wende schaffen, oder es wird zu spät sein». Sie hatten Recht. Wir schafften die Wende nicht, im Gegenteil. Das System wird beschleunigt: mehr Autos mit schlechter Effizienz, mehr Gifte, mehr CO2, mehr Abholzung, mehr Beton, mehr Materialismus, mehr Konzernherrschaft, mehr Waffen, mehr Kriege und mehr Kriegslust, mehr Geheimnisse und mehr Lügen, mehr Gefühllosigkeit, Zynismus und Kurzsichtigkeit. Unser kleines System wird es kaum noch rechtzeitig schaffen, denn die Verzögerung zwischen Ursache und Wirkung, also Luftverschmutzung und saurem Regen, Radioaktivität und Krebs, atmosphärischem Ungleichgewicht und gigantischen Stürmen, Abholzung und Dürre, Bodenerosion und Hunger macht das Ausmass der Katastrophen erst in Zukunft sichtbar. Sogar wenn wir morgen die Wende schaffen: Was morgen kommt, wird schlimmer sein. (…)
Vielleicht können wir nicht absolut alles zerstören. Aber wir sind daran, das Leben auf der Erde auf die Dimension einer Küchenschabe zu reduzieren. Und dies wird auch geschehen und uns alle in den Tod reissen, wenn nicht vorher etwas anderes unser System zerstört und nur einen Teil von uns umbringt.

3. Steigen Sie aus.
Der Ausstieg aus dem gegenwärtig vorherrschenden System hat eine mentale und eine wirtschaftliche Komponente, die zusammengehören. Und es sind viele Schritte zu machen!
Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie Ihren Job nicht mögen und Sie ihn nur wegen des Geldes machen. Senken Sie Ihre Ausgaben und Ihre Arbeitsstunden. Gewinnen Sie mehr freie Zeit, lernen Sie Techniken der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und bauen Sie ein vom Geld unabhängiges Selbstwertgefühl auf. Dann wechseln Sie in einen Job mit weniger Status und weniger Stress, der Ihnen die Freiheit gibt, mental aus dem System auszutreten. Schritt um Schritt können Sie so Ihr ganzes Leben verändern.
Bei diesem Prozess geht es nicht um einen Wettbewerb, wer am meisten zur Rettung der Erde beiträgt, sondern darum, Ihre Teilnahme am System zu reduzieren. Es geht darum, die Abhängigkeit zu vermindern: frei werden, sich selber sein, sich aus der Umklammerung lösen.

4. Sie sind da, um zu helfen.
Im Reich des Geldes werden wir darauf trainiert, ein Vermögen, einen Status und eine Mauer um uns herum aufzubauen, um in einem Spiel zu gewinnen, das Verlierer braucht. Es ist eine einfache und tiefgreifende Verlagerung, uns stattdessen als Menschen wahrzunehmen, die den anderen helfen und dem Guten dienen. Dazu braucht sich keiner für andere zu opfern oder sich über sie zu stellen. Es ist doch ganz einfach, sich gegenseitig als gleichwertig zu betrachten, oder? Und es ist auch in Ordnung, Spass zu haben. Eigentlich ist sogar die Freude der Kern der Hilfe und der Schlüssel dazu liegt im Fokus auf das Gute, anstatt sich in egozentrischen Vergleichsspielen zu verwickeln, die erst noch nicht lustig sind.
Sich selbst als helfenden Menschen zu definieren, ist die Vorbedingung, um andere Dinge auf dieser Liste richtig zu machen. Wenn Sie nur gewinnen wollen, retten Sie nichts ausser Ihrer eigenen Haut, und auch das nur für ein paar zusätzliche Jahre. Wenn das System zusammenbricht, vergeuden die Winner-Typen ihre Energie im Kampf um die Überreste des Alten, während die anderen selbsttragende Gemeinschaften aufbauen.
Hier zu sein, um zu helfen, macht das Leben in der realen Welt einfacher und stressfreier. Man wird sich zwar immer wieder in einer Situation finden, in der man nicht gewinnen kann, aber fast nie in der Lage, nicht helfen zu können.

5. Erwerben Sie sich Fähigkeiten.
Oft werde ich gefragt, wie man den Crash am besten übersteht. Mit dem Kauf von Waffen, Konserven, Wasserfiltern oder Gold? Darauf gebe ich immer die gleiche Antwort: Erwerben Sie sich Fähigkeiten. Die offensichtlichsten und nützlichsten Fähigkeiten beinhalten den Bau von Hütten aus vorhandenem Material, die Bestimmung und Zubereitung von Wildfrüchten, Wasser finden, Feuer machen, Fallen stellen usw. Ich glaube allerdings nicht, dass wir in die Steinzeit zurückkehren. Es wird sicher Bedarf geben an elektrischen Installationen, medizinischen Diagnosen, Chirurgie, Optik, Gartenbau, Lebensmittel-Konservierung, Diplomatie, praktischer Chemie, Metallbearbeitung, mechanischen Reparaturen und jeder Art von Unterricht. So wie es im 16. Jahrhundert den universalen Renaissance-Menschen gab, wird es die postapokalyptischen Männer und Frauen geben, die ein Fahrrad reparieren, eine Hütte abdichten, einen gebrochenen Knochen richten, einen Streit schlichten oder Geschichte unterrichten können.
Noch wichtiger sind Dinge, die man normalerweise nicht als Fähigkeiten bezeichnet, die aber das Lernen und vieles andere viel leichter machen: Glück, Intuition, Anpassungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Neugier, körperliche und geistige Gesundheit. Das Grundlegendste ist vermutlich, sich selber zu sein. Das menschliche Verhalten basiert meist weder auf Logik, Intuition noch Emotion, sondern auf Gewohnheit und Übereinstimmung. Wir sehen, denken und handeln, wie wir es immer gemacht haben und wie wir sehen, dass es andere machen. Dies funktioniert einigermassen in einer kontrollierten Umgebung, aber es funktioniert überhaupt nicht mehr in einer chaotischen Umgebung.

6. Finden Sie Ihren Stamm.
Im Reich des Geldes werden die Menschen eingeteilt in dumme künstliche Gruppen: Nationen, Religionen, Rassen, Parteien, Sportmannschaften. Tatsächlich sind wir alle Mitglieder eines gigantischen, verrückten Stammes, in dem Beziehungen nicht kooperativ und offen sind, sondern zwanghaft, ausbeuterisch, missbräuchlich und unsichtbar. Um den Zusammenbruch der Welt zu überleben und eine bessere aufzubauen, braucht es kooperative, ausgewogene Gruppen, deren Mitglieder viele Fähigkeiten haben. Nur in Untergangsfilmen wie Omegaman oder Mad Max sind die Überlebenden Einzelgänger.

7. Finden Sie einen Flecken Land.
Dieser Punkt scheint schwieriger zu sein als die anderen. Ich empfehle extreme Genügsamkeit; sie fördert wertvolle Fähigkeiten und erlaubt, schnell etwas Geld zu sparen. Wenn Sie es nicht schaffen, ist das noch nicht das Ende der Tage. Vielleicht kennen Sie jemanden, der noch Platz hat oder ?jemand zieht Sie bei wegen Ihrer Fähigkeiten. Und wenn auch das nicht klappt, gibt es immer noch Bedarf in den Städten nach Überlebenden und Helfern. Erzwingen Sie nichts.
Wenn Sie Land erhalten, dann ist Oberflächenwasser das Wertvollste, was es gibt. Weniger geeignet, aber besser als nichts sind ein Brunnen, der keine Elektrizität erfordert oder schmutziges Oberflächenwasser, das sich klären lässt. Das Minimum ist Regen und die Möglichkeit, genügend Wasser für den Gebrauch in Haus und Garten zu sammeln.

8. Schützen Sie einen Teil der Erde.
Mit «Erde» meine ich das Leben auf ihrer Oberfläche, die Biosphäre, die Lebensräume und verschiedenen Arten. Der Schutz dieses Lebens ist nicht deshalb nötig, weil es schön oder nützlich, sondern weil alles Leben auf seine eigene Art wertvoll ist. Wir haben eine Tendenz, uns auf symbolträchtige Tiere zu konzentrieren, auf Wal, Kondor, Panda, Salm u.a. Die meisten von ihnen werden es nicht schaffen. Wir könnten viel mehr Arten retten, wenn wir uns auf Lebensräume und ganze Systeme konzentrierten.
Wie schützt man Lebensräume und ganze Systeme? Man kann versuchen, sich durch die Institutionen zu arbeiten. Die werden zur Zeit über Konzerne regiert. Man kann es mit direkten physischen Aktionen gegen die Zerstörer versuchen. Ob das etwas bringt, muss sich erst noch weisen.
Mein Schwerpunkt ist direkte, positive Aktion für die Biosphäre: Ein Stück Land adoptieren, entweder durch Besitzen, Besetzen oder unbemerkte Pflege und daraus einen gesunden Lebensraum machen: Den Abfluss des Regenwassers verlangsamen, kompostieren, die Vegetationsschicht verbessern, Teiche anlegen, Bäume pflanzen – eine Oase schaffen, in der Sie und ein paar Arten den Zusammenbruch überleben können. (…)
Die Menschen haben die Fähigkeit, über die Nachhaltigkeit hinauszugehen und auf eine Art zu leben, die den natürlichen Reichtum der Erde noch steigert und Gaia auf eine Art zu helfen, die über ihre eigenen Möglichkeiten ?hinausgeht. Dazu braucht es neue Fähigkeiten. Ein guter Start dazu ist die Permakultur. Es geht darum, die ganzen Systeme zu erkennen, aufmerksam und innovativ zu sein, angetrieben vom Wissen, dass Nachhaltigkeit nur ein erster Schritt ist und es keine Grenzen gibt, viel weiter zu gehen.

9. Das menschliche Wissen erhalten.
Wenn die Menschen dieses Zeitalters an erhaltenswertes Wissen denken, stehen vermutlich die mechanische Philosophie, nach der tote Materie die Basis unserer Wirklichkeit ist, Techniken, Maschinen zu bauen, im Vordergrund. Dieses Wissen könnte von mir aus für immer sterben, aber so weit wird es nicht kommen. Menschen werden wohl immer verführbar bleiben: durch Techniken, die subtilen Schmerz gegen glitzerndes Gut eintauschen und uns zu Macht, Korruption und Blindheit verführen.
Unsere Nachkommen werden intellektuelle Instrumente brauchen, um das zu verhindern. Wenn sie in 200 Jahren von Hand Samen in ihren Körben sammeln und ein Fremdling mit einer Dreschmaschine daherkommt, die dieselbe Arbeit schneller und leichter macht, dann brauchen sie eine schlauere Antwort als einfach «die Götter haben es uns verboten» oder «das ist nicht unsere Art». Sie brauchen das Wissen für eine Antwort, die etwa so klingen könnte:
«Deine Maschine verlangt, dass die Samen allein ausgesät werden und nicht vermischt mit anderen, die Stickstoff und Mineralstoffe im Boden im Gleichgewicht halten. Und woher kommt das Metall? Und wie viele Bäume müssen geschlagen werden, um es zu schmelzen und formen? Und sollen wir – da wir die Maschine nicht selber bauen können – von den Konstrukteuren abhängig werden und ihnen einen Teil der Lebensmittel geben, die wir jetzt für uns brauchen? Weisst du nicht, schlauer Fremdling, dass der Boden geschwächt wird, wenn Biomasse von ihm entfernt und nicht recykliert wird? Was sollen wir in der gesparten Zeit denn tun, was wertvoller wäre, als von Hand zu ernten und jeden Stängel und jeden Zoll des Landes zu kennen, das uns ernährt? Sollen wir Verbündete des kalten Metalles werden, das gefühllos schneidet, das uns den Maschinen und Zahlen verpflichtet bis wir, abgeschnitten von der Erde wie unsere Vorfahren, abgereichertes Uran, Umweltgifte und Schwermetalle produzieren, die die alten Städte noch immer unbewohnbar machen? Geh zurück zu deinen Leuten und sag ihnen, dass wir sie bekämpfen werden, falls sie uns erobern wollen, Wir verstehen eure Welt besser als ihr selbst. Sag deinen Leuten, sie sollen von uns lernen.
25. April 2007
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