Europa, fang die eigenen Fische!

Zum Welt-Meerestag vom 8. Juni

Die hoch subventionierten europäischen Fangflotten haben die eigenen Meere längst geplündert und fischen nun fremde Meere leer. Mit einer neuen Politik möchte die EU die europäischen Gewässer wieder fischreich machen. Die Fisch- und Meeresschutz-Organisation fair-fish, die im Senegal das erste Pilotprojekt für fairen Handel in der Fischerei entwickelt hat, misstraut dieser Reform und fordert Massnahmen, die zum schonungsvollen Umgang mit den Fischbeständen zwingen: Keine europäischen Fangschiffe mehr in fremden Meeren, Verbot von Grundschleppnetzen und Schluss mit Fördermitteln für Fischzuchten, die mehr Fisch verfüttern, als sie liefern.


Das unlängst veröffentlichte Grünbuch des EU-Fischereikommissars Joe Borg gesteht den Bankrott der jahrzehntelangen EU-Fischereipolitik: Die europäischen Meere sind zu 88 Prozent überfischt. Im Weltdurchschnitt sind es «nur» 28 Prozent, Tendenz freilich zunehmend - nicht zuletzt, weil die europäischen Fangflotten nun halt fremde Meere leerfischen. Borg benennt auch einige der Gründe für den Bankrott, darunter die massive Überkapazität der subventionierten Fangflotten. Hieraus entwickelt er Vorschläge für eine neue Fischereipolitik.

Laut fair-fish steht zu befürchten, dass auch dieser neuste Reformversuch so wenig bringen wird wie alle früheren Reformen. Denn das Grünbuch blendet einige der Gründe für die Überfischung nicht nur der europäischen, sondern aller Meere völlig aus. Weltweit liegt der Fischkonsum bei fast 17 kg pro Kopf und Jahr. In Deutschland, Österreich und der Schweiz liegt der Fischkonsum etwa beim Weltdurchschnitt, in vielen Ländern Europas wird noch weit mehr Fisch verzehrt. Bereits 17 kg pro Kopf und Jahr sind aber, so fair-fish, weit mehr, als die Meere hergeben. Tatsächlich stammt bereits jeder zweite Fisch aus einer Zucht; aber die Zucht vieler Arten verfüttert drei- bis achtmal soviel Fisch, wie sie uns auf den Teller bringt. Fischzucht trägt also zur Leerfischung noch bei.

fair-fish fordert eine EU-Fischereipolitik, die von den tieferliegenden Probleme ausgeht und sie zu lösen versucht:

1. Abkehr von der Gesundheitspropaganda für zunehmenden Fischkonsum. Omega-3-Fettsäuren lassen sich direkt dort gewinnen, wo sich auch die Fische damit versorgen: aus Algen.

2. Die europäischen Fangflotten müssen in Europa bleiben. Wenn die Länder des Südens uns Europäern Fisch verkaufen wollen, sollen sie ihn selber fangen und verarbeiten. Nur so erhalten Fischer und Arbeiterinnen im Süden den ihnen zustehenden Mehrwert. Und nur so wird Europa endlich gezwungen sein, den eigenen Fischgründen Sorge zu tragen.

3. Verbot von industriellen Fangmethoden wie Grundschleppnetze, welche hohen Beifang verursachen und den Lebensraum der Fische zerstören. Die handwerkliche Fischerei mit kleinen Booten schafft übrigens mehr Arbeitsplätze als schwimmende Fischfabriken.

4. Keine Förder- und Forschungsmittel mehr für Fischzuchten, welche mehr Fisch verfüttern, als sie gewinnen.

Heinzpeter Studer ist Geschäftsführer der Umweltorganisation fair-fish.

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