Frankenrettung: Woher kommen die Milliarden der Nationalbank und was richten sie an?

Zeitung lesen macht dumm, und früher oder später auch arm. Wer sich an der Nase herumführen lässt, darf sich nicht über den Schaden beklagen.
Was mag sich der geneigte Sparer denken, wenn er liest, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) zur Schwächung des an Stärke leidenden Frankens Dutzende von Milliarden in den Geldmarkt «pumpt»? Aus solchen Bildern wird man einfach nicht klug. Deshalb möchte ich zuerst erklären, woher die Mittel stammen, mit denen die Nationalbank in den Wochen seit Ende Juli die sogenannte «Notenbankgeldmenge» verdreifacht hat, auf nunmehr 250 Milliarden! Zum einen kauft sie SNB-Bills von den Banken zurück, mit denen diese überschüssige Franken parkiert haben. Zum anderen macht sie mit den Banken ein Tauschgeschäft. Sie kauft ihnen die unbeliebten Euro ab und stellt ihnen dafür Franken auf den Girokonten bei der SNB zur Verfügung, die sie gewissermassen per Mausklick auf den Bildschirm zaubert. Vor diesem Geschäft hat das Geld jedenfalls nicht existiert.

Weil die SNB mit Devisengeschäften auf eigenes Risiko im letzten Jahr Rekordverluste eingefahren hat, vereinbart sie gleichzeitig Termin und Konditionen des Rücktauschs. Damit liegt das Risiko bei den Banken – der Euro könnte ja weiter fallen. Weil die Banken rechnen können, muss man ihnen das Geschäft versüssen, damit sie sich darauf einlassen. Wie, darüber gibt die SNB keine Auskunft. Und weil die entsprechende Medienmitteilung zu kurz ist, um zwischen den Zeilen lesen zu können, muss man den Mediensprecher Meier anrufen und zwischen seine Worte horchen. Der Tausch, in der Fachsprache «Devisen-Swap» würde zu Konditionen abgewickelt, «die für die Banken vorteilhaft sind». Dieser Tausch ist im Grund der Dinge ein Kredit gegen Hinterlegung einer Sicherheit in Fremdwährung. Meine Vermutung, der Zins für diese gigantischen Kredite im Wert von Dutzenden von Milliarden, sei negativ, will Herr Meier nicht dementieren. Konkret bedeutet das: Die Banken erhalten von der SNB viel Geld und müssen etwas weniger zurückzahlen. Mit diesem billigsten Geld in der Geschichte des Frankens lässt sich beruhigt auf Shopping-Tour gehen. Sobald der teure Franken durch die Flut billiger geworden ist, können sie den Kredit mit Gewinn zurückzahlen, pardon: den Tausch schliessen und die wieder wertvoller gewordenen Euro in ihre Bücher aufnehmen. Das Spiel könnte sogaraufgehen, wenn auch nur kurzfristig. Aber es löst kein einziges Problem. Die Nationalbank müsste wahnsinnig viele Frankenmilliarden in die Welt setzen, um alle Euro-Besitzer zu befriedigen, die aus ihrer Währung wollen, v.a. die schwerreichen Hedgefonds. Selbst wenn dies gelänge: Was würde geschehen, wenn all die institutionellen Besitzer dieser Guthaben plötzlich ausgäben? Eine heillose Inflation würde ausbrechen. Und wir würden plötzlich ganz arm dastehen, rettungslos mit einer paar einheimischen Fränkli gegen einen Tsunami von Swiss Francs. Die Schweiz wäre nicht das erste Opfer.

Die von vielen geforderte Anbindung des Frankens an den Euro ist natürlich auch keine Lösung, denn damit würde der Franken faktisch zum Euro. Wer das will, muss alle zwei Wochen bang nach Berlin, Paris, Frankfurt oder Brüssel schauen und hoffen, dass der neuste Rettungsplan vielleicht doch greift. Oder glauben Sie im Ernst, die von Merkel und Sarkozy kürzlich geforderte EU-Wirtschaftsregierung wäre besser als die bereits bestehende, die sich bescheiden «Eurogroup» nennt? Meine Prognose: Bevor diese Regierung steht, wird eine «Crisis Intervention Force» mit noch viel weiter gehenden Befugnissen auf der Brücke des sinkenden Schiffes stehen. In diesem Fall sind wir erst recht arm dran.

Eine Kapitalverkehrskontrolle wäre wirkungsvoller. Der Franken bliebe bei den Menschen, für die er geschaffen wurde und würde nicht an die verscherbelt, die ihre eigenen Währungen zugrunde gerichtet haben. Eine Initiative «Stopp der Auswanderung» gewissermassen. Aber das widerspricht ungefähr sämtlichen internationalen Wirtschaftsverträgen. Und würde den Grossbanken die Grundlage entziehen. Schon wieder Armut.

Ich bin kein überheblicher, selbstgefälliger Patriot. Aber manchmal kommt mir die Welt des Geldes vor wie eine Harasse mit faulem Obst. Da kann ein roter Apfel wie die Schweiz nicht lange gesund bleiben. Nicht einmal Tell kann in dieser Lage helfen.
Mein Tipp: Lesen Sie weniger Zeitung, denken Sie selber nach. Das schadet zwar der Dummheit, aber Sie werden vielleicht reich – zumindest im Geist.
20. August 2011
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