Griechenland: Demokratie ist in Gefahr
Gerade zurück von umfangreichen Dreharbeiten in Griechenland zu «Wer Rettet Wen?», dem neuen «Film von unten», stehen wir noch ganz unter dem Eindruck eines Landes, in dem Demokratie zur wohlfeilen Floskel verkommen ist. Auf eine Interviewanfrage an den griechischen Finanzminister bekommen wir zur Antwort, augenblicklich stehe das ganze Ministerium Kopf. Alle seien hochnervös, weil wieder die Troika im Anmarsch ist. Tage später im Abenddunkel rollen Panzer durch Athen, wie zuletzt zu Zeiten der Diktatur. Wo nicht genügend Menschen Widerstand leisten, werden die Einrichtungen des öffentlichen Radios und Fernsehen von bewaffneten Einheiten besetzt. Die Bildschirme werden schwarz, Radios schweigen. Nur vor dem zentralen Sendezentrum in Athen haben sich rechtzeitig Tausende versammelt, um der Räumung Widerstand zu leisten. Ihrem Mut ist es zu verdanken, dass die Einsatzkräfte letztlich zurückschrecken, gegen diese Masse von Menschen und die Besetzung des Senders vorzugehen. Bis heute wird das Gebäude verteidigt. Und das Programm des öffentlichen TV und Radio ERT ist weiter zu sehen und zu hören mit Hilfe der Hackerorganisation «Anonymos», die auch uns schon half bei dem Hackerangriff auf unsere Webseiten und unser Studio. Mal läuft nun ERT auf der Webseite des Finanzministeriums, dann auf der des Parlaments ..…
Die Hintergründe der Schliessungsverfügung
enthüllen die übergangenen Koalitionspartner des griechischen Regierungschefs Samaras: Die Troika hatte unmissverständlich die sofortigen Entlassung von mindestens 2000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gefordert. Sonst würde die nächste Zahlung storniert. Derart in die Enge gedrängt, glaubte Samaras mit einer einsamen Entscheidung einen gordischen Knoten zu durchtrennen. Die Schliessung von ERT erlaubte ihm, der Troika auf einen Schlag 2600 entlassene Beschäftigte des öffentlichen TV und Radio zu präsentieren! Nebenbei wurde die letzte potentiell kritische Stimme einer nun nur noch aus Privaten bestehenden Medienlandschaft erstickt.
Demokratie suspendiert
Schon im Frühjahr vergangenen Jahres mussten die drei Regierungsparteien unterschreiben, dass sie in Zukunft jederzeit den Anweisungen der Troika folgen – ganz unabhängig davon, welche Abgeordnete dieser Parteien bei den nächsten Wahlen ins Parlament kommen. In Wahrheit regiert die Troika, und das Memorandum vom März 2012 hat die griechische Verfassung ausser Kraft gesetzt. Gleichzeitig hat dieser Griechenland aufgezwungene Vertrag die Schulden des Landes auf uns europäische Steuerzahler transferiert. D.h. wir haften jetzt grösstenteils für diese Schulden. Die bisherigen Gläubiger, private Banken, wurden von jedem Risiko befreit. Gleichzeitig regelt das Memorandum, dass die Schulden nun nicht mehr griechischem Recht, sondern dem gläubigerverbundenen englischen und luxemburgischen Recht unterliegen. Die Chancen für einen künftigen wirklichen Schuldenschnitt sollte für Griechenland damit ausgeschlossen werden. Eine ausweglose Situation für ein Land, in dem per Erlass die Löhne nahezu halbiert und die sozialen Sicherungssysteme praktisch abgeschafft wurden. Vor diesen und anderen «Rettungsmassnahmen» betrugen die griechischen Staatsschulden ca. 115% des Bruttosozialprodukts. Jetzt sind es 192% – Tendenz steigend!
IWF stellt klar: Es ging nur um Bankenrettung
Pikant, was jetzt der IWF – eine der drei Troikamächte – dazu veröffentlichte: Man habe sich 2009 mit der Forderung nach einem klaren Schuldenschnitt nicht durchsetzen können. Dies hätte nur ein Bruchteil der bisher vergebenen «Hilfen» gekostet und Griechenland die Möglichkeit des wirtschaftlichen Neubeginns eröffnet. Doch aus Rücksicht auf die beteiligten Banken – vor allem deutschen und französischen Banken – hätten man darauf verzichtet, um diesen erhebliche Verluste zu ersparen. Die zwei anderen IWF-Mächte – die EU und die Europäische Zentralbank – haben dann im Auftrag der Banken den griechischen Schuldenschnitt 2009 verhindert. Jetzt haben wir es schwarz auf weiss: Nie ging es um die Rettung Griechenland, das Ziel war nur die Bewahrung grosser Banken vor jeglichem Verlust.
Natürlich auf Kosten eines Grossteils der griechischen Bevölkerung
So hat man es geschafft, ein ganzes Land in die Schuldenfalle zu locken, erpressbar zu machen. Erpressbar für ein in Europa bisher einmaliges neoliberales Experiment. Hier wird exekutiert, wovon schon Reagan, Milton Friedman, Thatcher und auch die griechischen Reichen seit langen träumten: Die Abwicklung der Sozialversicherung, die Reduzierung der Renten auf Hungerniveau, die Abschaffung des Streikrechts, die Menschen jeglicher Rechte zu berauben und zu demütig Bittenden zu machen. Es ist erschütternd, was dies aus Menschen in Griechenland schon gemacht hat. Man wagt nicht zu denken, was da noch folgen wird.
Und es macht Angst
Dieses Experiment wird nicht auf Griechenland beschränkt bleiben. In Spanien, Portugal, Irland und auch schon in Italien wird es bereits fortgesetzt. Und Versatzstücke, wie die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse, Werkverträge, Leiharbeit und Befristung als Regelfall haben sich auch in Deutschland schon durchgesetzt.
Doch Solidarität macht Mut
Während wir in Griechenland drehten, wurden weitere 20.000€ für den Film «Wer Rettet Wen?» gespendet. Mehr als tausend FörderInnen haben so nun schon mehr als 80.000€ zusammengetragen! Doch jetzt nicht locker lassen. Wir sollten bis Herbst mindestens 120.000 € «Filmförderung von unten» erreichen.
Deshalb bitten wir Sie: Verbreiten Sie diesen Aufruf (pdf), wo immer Sie vermögen! Zum Beispiel per E-Mail an Freunde und Bekannte, als ausgedruckten Flyer oder als Aushang an Infoständen, auf Veranstaltungen und in Kultureinrichtungen in Ihrer Umgebung.
Wie bei WATER MAKES MONEY hat diese Art des Fundraisings einen weitgreifenden Multiplikationseffekt: Jede Förderin und jeder Förderer wird nach Beendigung des Filmes eine DVD bekommen, die nicht nur in den Wohnzimmern flimmert. Die Aktiven unter Euch/Ihnen werden europaweit Veranstaltungen organisieren, diskutieren und aufklären.
Es grüsst herzlich
Ihr WerRettetWen- Filmteam.Leslie Franke, Elisabethi Dobbler und Herdolor Lorenz
Teaser zum Film «Wer rettet wen?»
Der Zeitpunkt unterstützt diesen Film.
Die Hintergründe der Schliessungsverfügung
enthüllen die übergangenen Koalitionspartner des griechischen Regierungschefs Samaras: Die Troika hatte unmissverständlich die sofortigen Entlassung von mindestens 2000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gefordert. Sonst würde die nächste Zahlung storniert. Derart in die Enge gedrängt, glaubte Samaras mit einer einsamen Entscheidung einen gordischen Knoten zu durchtrennen. Die Schliessung von ERT erlaubte ihm, der Troika auf einen Schlag 2600 entlassene Beschäftigte des öffentlichen TV und Radio zu präsentieren! Nebenbei wurde die letzte potentiell kritische Stimme einer nun nur noch aus Privaten bestehenden Medienlandschaft erstickt.
Demokratie suspendiert
Schon im Frühjahr vergangenen Jahres mussten die drei Regierungsparteien unterschreiben, dass sie in Zukunft jederzeit den Anweisungen der Troika folgen – ganz unabhängig davon, welche Abgeordnete dieser Parteien bei den nächsten Wahlen ins Parlament kommen. In Wahrheit regiert die Troika, und das Memorandum vom März 2012 hat die griechische Verfassung ausser Kraft gesetzt. Gleichzeitig hat dieser Griechenland aufgezwungene Vertrag die Schulden des Landes auf uns europäische Steuerzahler transferiert. D.h. wir haften jetzt grösstenteils für diese Schulden. Die bisherigen Gläubiger, private Banken, wurden von jedem Risiko befreit. Gleichzeitig regelt das Memorandum, dass die Schulden nun nicht mehr griechischem Recht, sondern dem gläubigerverbundenen englischen und luxemburgischen Recht unterliegen. Die Chancen für einen künftigen wirklichen Schuldenschnitt sollte für Griechenland damit ausgeschlossen werden. Eine ausweglose Situation für ein Land, in dem per Erlass die Löhne nahezu halbiert und die sozialen Sicherungssysteme praktisch abgeschafft wurden. Vor diesen und anderen «Rettungsmassnahmen» betrugen die griechischen Staatsschulden ca. 115% des Bruttosozialprodukts. Jetzt sind es 192% – Tendenz steigend!
IWF stellt klar: Es ging nur um Bankenrettung
Pikant, was jetzt der IWF – eine der drei Troikamächte – dazu veröffentlichte: Man habe sich 2009 mit der Forderung nach einem klaren Schuldenschnitt nicht durchsetzen können. Dies hätte nur ein Bruchteil der bisher vergebenen «Hilfen» gekostet und Griechenland die Möglichkeit des wirtschaftlichen Neubeginns eröffnet. Doch aus Rücksicht auf die beteiligten Banken – vor allem deutschen und französischen Banken – hätten man darauf verzichtet, um diesen erhebliche Verluste zu ersparen. Die zwei anderen IWF-Mächte – die EU und die Europäische Zentralbank – haben dann im Auftrag der Banken den griechischen Schuldenschnitt 2009 verhindert. Jetzt haben wir es schwarz auf weiss: Nie ging es um die Rettung Griechenland, das Ziel war nur die Bewahrung grosser Banken vor jeglichem Verlust.
Natürlich auf Kosten eines Grossteils der griechischen Bevölkerung
So hat man es geschafft, ein ganzes Land in die Schuldenfalle zu locken, erpressbar zu machen. Erpressbar für ein in Europa bisher einmaliges neoliberales Experiment. Hier wird exekutiert, wovon schon Reagan, Milton Friedman, Thatcher und auch die griechischen Reichen seit langen träumten: Die Abwicklung der Sozialversicherung, die Reduzierung der Renten auf Hungerniveau, die Abschaffung des Streikrechts, die Menschen jeglicher Rechte zu berauben und zu demütig Bittenden zu machen. Es ist erschütternd, was dies aus Menschen in Griechenland schon gemacht hat. Man wagt nicht zu denken, was da noch folgen wird.
Und es macht Angst
Dieses Experiment wird nicht auf Griechenland beschränkt bleiben. In Spanien, Portugal, Irland und auch schon in Italien wird es bereits fortgesetzt. Und Versatzstücke, wie die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse, Werkverträge, Leiharbeit und Befristung als Regelfall haben sich auch in Deutschland schon durchgesetzt.
Doch Solidarität macht Mut
Während wir in Griechenland drehten, wurden weitere 20.000€ für den Film «Wer Rettet Wen?» gespendet. Mehr als tausend FörderInnen haben so nun schon mehr als 80.000€ zusammengetragen! Doch jetzt nicht locker lassen. Wir sollten bis Herbst mindestens 120.000 € «Filmförderung von unten» erreichen.
Deshalb bitten wir Sie: Verbreiten Sie diesen Aufruf (pdf), wo immer Sie vermögen! Zum Beispiel per E-Mail an Freunde und Bekannte, als ausgedruckten Flyer oder als Aushang an Infoständen, auf Veranstaltungen und in Kultureinrichtungen in Ihrer Umgebung.
Wie bei WATER MAKES MONEY hat diese Art des Fundraisings einen weitgreifenden Multiplikationseffekt: Jede Förderin und jeder Förderer wird nach Beendigung des Filmes eine DVD bekommen, die nicht nur in den Wohnzimmern flimmert. Die Aktiven unter Euch/Ihnen werden europaweit Veranstaltungen organisieren, diskutieren und aufklären.
Es grüsst herzlich
Ihr WerRettetWen- Filmteam.Leslie Franke, Elisabethi Dobbler und Herdolor Lorenz
Teaser zum Film «Wer rettet wen?»
Der Zeitpunkt unterstützt diesen Film.
09. Juli 2013
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