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Roboter: der blinde Fleck der Forscher
Roboter sollen selbständig Entscheidungen treffen und Gefühle zeigen. Das ist Ziel und gleichzeitig der Denkfehler bei der Entwicklung der Maschinen schreibt

Man sollte sich genau überlegen, welche Filme man «PR2» schauen lässt. Zeigt man dem intelligenten und kollaborativen Roboter ein Video eines Pizzaiolos bei der Arbeit, lernt er innert wenigen Minuten selbst eine Pizza herzustellen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn er sich davonschleicht und sich einen Kriegsfilm anschaut.
Entwickelt wurde «PR2» vom EU-finanzierten Projekt «Robo How», in dessen Rahmen Roboter für den Alltag entwickelt werden. Mit Hochdruck treibt die Menschheit die Entwicklung von Robotern voran. Womit müssen wir rechnen, wo sind die Grenzen künstlicher Intelligenz?



Roboter können heute sprechen, sehen, hören – und lernen ständig dazu. «Jibo» zum Beispiel erinnert seine Besitzer an Verabredungen, lässt sich E-Mails diktieren und spielt sogar mit den Kindern. Braucht es diese vorprogrammierte Bequemlichkeit? Auf die Frage, was der Mensch mit der Zeit anfängt, die er gewinnt, weil er keinen Lichtschalter mehr bedienen muss, gibt «Jibo» leider keine Antwort – noch nicht. Zudem ist davon auszugehen, dass die Zeit dem Besitzer des Roboters gehört, bzw. den dahinterstehenden Investoren.
Immer mehr Roboter werden uns Menschen künftig unterstützen. Der Siegeszug der Maschinen hängt allerdings davon ab, ob sie einmal tragfähige Entscheidungen fällen können – Zeit für einen Realitätscheck.



Betrachten wir zunächst ein selbstfahrendes Auto. Das Fahrzeug muss im Verkehr blitzschnell Entscheidungen treffen. «Die Maschine fährt sicherer als der Mensch», sagte kürzlich Daimler-Vorstand Wolfgang Bernhard. Er mag Recht haben. Bloss: Es geht manchmal um mehr als bloss Gas geben und Bremsen. Stellen wir uns eine Situation vor, in der ein Kind mit dem Ball auf die Strasse rennt. Das Auto ist zu schnell unterwegs, um rechtzeitig bremsen zu können. Auf dem Trottoir geht eine Mutter mit Kinderwagen, auf der anderen Spur kommt ein Velofahrer entgegen. Jetzt muss das selbstfahrende Auto entscheiden, welches Menschenleben es opfert, um insgesamt den geringsten Schaden anzurichten. Die Maschine kann keine gute Lösung bieten – weil sie nicht fühlt wie ein Mensch.



Natürlich müssen Roboter, die sich in der Gesellschaft bewegen, mehr Fähigkeiten haben als ein selbstfahrendes Auto. Doch das wird schwierig werden.
Die Menschheit hat sich in den letzten 100‘000 Jahren unglaublich entwickelt. Wir sind kreativ, intelligent, verfügen über Humor, bauen Autos, leben in komplexen gesellschaftlichen Strukturen und können sogar mit Paradoxa umgehen. Kurz: Wir «menscheln».

• Wir fällen ziemlich viele Bauchentscheidungen.
• Wir können zwischen den Zeilen lesen. Zum Beispiel. „Nach den Ferien ist die Waage mein Feind.“ Das versteht der Roboter nicht. Er versteht bloss, wenn ich ihm sage, dass ich zugenommen habe.
• Wir entscheiden in komplexen Situationen intuitiv. Intuition ist mehr als nur ein Gefühl. Es ist eine Ahnung, die unbewusst auf Erfahrung beruht.
• Wir haben ein Bewusstsein fürs Ganze, das sich im Gottesglauben manifestiert und in allen Kulturen vorkommt.
• Wir sind sozial; nicht, weil sich dies lohnt, sondern weil wir Gefühle haben.



Weil wir unsere Stärken und Schwächen kennen, haben wir Maschinen entwickelt, die Tätigkeiten besser, schneller, billiger und ohne zu ermüden für uns erledigen. Dabei setzen wir heute in den Maschinen auch künstliche Intelligenz ein. Nichts spricht gegen die Delegation von Entscheidungen – solange wir die letzte Entscheidungsgewalt behalten.
Trotzdem ist die Forschung besessen davon, einen Schritt weiter zu gehen und Roboter zu entwickeln, die fühlen und denken wie wir. Eine Utopie?



Die Kopie eines Menschen zu erstellen, die zwar viel kann, dies aber nicht besser tut, als wir es selber können, macht wenig Sinn. Der wirtschaftliche Nutzen ist zudem nicht erkennbar. Roboter sollen Maschinen bleiben und das tun, was sie am besten können: Grosse Datenmengen analysieren, miteinander verknüpfen und daraus Handlungen ableiten, welche uns Menschen das Leben erleichtern. Übrigens: Dass die Roboter einmal nach der Weltherrschaft greifen werden, wie uns Science-Fiction-Filme und Untergangspropheten wahrmachen wollen, ist unwahrscheinlich, denn Machtausübung ist etwas zutiefst Menschliches.
21. November 2015
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