Dem Himmel nahe

Auch Jesus war fahrend, sagt Adrian Bolzern, katholischer Priester und Seelsorger für Zirkusleute und Schausteller.

«Gütiger Gott, mögen Blacky und Pumuckel gesegnet und bewahrt sein von allem, was ihnen schadet, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen ...» Seinen Segen spricht er gerne für die Zirkusponys oder andere Tiere aus, genauso aber auch für Zirkuszelte, Wohnwagen oder Chilbi-Anlagen: «Der Schutz Gottes ist immer und überall sinnvoll», bekräftigt der Priester und Zirkuspfarrer Adrian Bolzern mit bestechender Natürlichkeit.
Ob «Drifting Coaster», «Burner» oder «Spin Tower» – alle diese Anlagen seien mit Gottes Segen und Wünschen für gute Geschäfte geweiht worden. Im Europa-Park und den verschiedenen Schweizer Zirkus- und Chilbi-Betrieben geht Bolzern, der immer wieder mit seinem Wohnmobil unterwegs ist, ein und aus. Mit Voranmeldung besucht er Zirkusleute, Artisten, Schausteller und Marktfahrer und bleibt so lange wie nötig vor Ort.
Der engagierte katholische Priester ist gerade 36 Jahre jung, und seit zwei Jahren verantwortlicher Zirkusseelsorger. «Fahrende haben ihren eigenen Seelsorger, weil ihre Anliegen etwas anders gelagert sind als die der Schausteller, das wollen wir nicht vermischen...» Bolzern steht bereit für Gespräche, tauft Neuankömmling, begleitet Sterbende und ihre Angehörigen. Von der Taufe über die Hochzeit, Erstkommunion, Firmung bis hin zum  Gottesdienst unter der Zirkuskuppel ist er mit einer reformierten Kollegin gemeinsam zuständig.

Vom Gärtner zum Priester
Vor vier Jahren erhielt er im Kanton Aargau seine Priesterweihe. Ein Schritt über eine Schwelle, die manche Menschen kaum nachvollziehen können. Aufgewachsen ist der kernige Pfarrer im Laufental, gemeinsam mit drei Brüdern. Doch immer wieder sei der «Tross der Familie Bolzern» umgezogen, vielleicht seien schon damals die Weichen gestellt worden für sein heutiges Leben: «Auch die Chilbi und den Zirkus hatte ich schon immer besonders gern ...»
Schon sein Vater war Theologe und immer hatte der junge Adrian eine Vorliebe für kirchliche Tätigkeiten: zuerst als Ministrant, später als Hilfssakristan. Doch er liebte auch die Natur, die Tiere und Pflanzen, lernte mit Begeisterung den Beruf des Landschaftsgärtners.
«Bald aber merkte ich, dass mir diese Arbeit körperlich zu streng war, sah die oft massiven Rückenprobleme meiner älterer Berufskollegen: Dahin wollte ich nicht – bei allem Respekt für deren berufliche Hingabe!» Er fasste verschiedene berufliche Möglichkeiten ins Auge, etwa Landschaftsarchitektur, doch es lockte ihn mehr, sein Engagement in der Pfarrei zu vertiefen und dieses Hobby zum Beruf zu machen. So bildete er sich zum Katecheten weiter und wirkte mehrere Jahre als Jugendarbeiter. «Ich habe ein durchaus weltliches Leben gelebt, hatte auch Freundinnen, doch merkte ich, dass es mich hinzog, mich für eine grössere und hinter allem stehende Kraft einzusetzen.» Besonders junge Menschen unter die schützende Hand Gottes zu stellen, erschien ihm sinnvoll. Der Wunsch, Priester zu werden und sein Leben der Kirche und Gott zu widmen, sei langsam in ihm gewachsen. 

«Das alte Zirkuspferd lahmt...»
Der Studienkollege seines Vaters, Ernst Heller, war Zirkusseelsorger. Als seine Kräfte nachliessen, schlug er Bolzern seine Nachfolge vor: «Das alte Zirkuspferd lahmt ...» Seit dem 1. August 2014 ist dieser nun offiziell als Zirkus-, Schausteller- und Markthändler-Seelsorger unterwegs. Gleichzeitig ist der rührige Priester auch noch im Pastoralraum Region Aarau angestellt. «Ich habe ja ein Haus auf Rädern», sagt er, «so bin ich jederzeit am richtigen Ort und kann mir meine Zeit so frei einteilen, wie es nötig ist, und dort nächtigen, wo es mich braucht...»
Seine Energie will er ganz und gar in Menschen und in gute Arbeit investieren. Dass es im Zirkus so viele interessante Persönlichkeiten hat, bereichert sein Leben als Priester sehr. Auch der Action sei er nicht abgeneigt. Die von ihm gesegneten Chilbi-Anlagen teste er gleich selber, etwa den 85 Meter hohen Turm, von dem man in einem Bügel hängend heruntersause. Ehrensache! Immerhin ist man dort oben dem Himmel ganz besonders nah ...

www.pfarrerbolzern.ch
20. September 2016
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