«Denken Sie selbst!»

In unserer Serie «Was denken Sie über die Krise? Wie bereiten Sie sich vor?» sprechen diesmal zwei sehr professionell agierende Zeitgenossen. Während der eine eher grundsätzlich fragt, wie man in einer Krise verantwortungsvoll handelt, spricht der andere über ganz konkrete und machbare Energievorsorge für den Notfall.

«Jeder Wohnwagen-Besitzer kann wenigstens ein bis drei Tage locker stromlos überstehen.» Foto: Neil Kelly

Was ist eine Krise?

Krise

Diese Frage habe ich bislang mehrmals gestellt bekommen und immer fleissig ignoriert. Bei eurer Anfrage nun sind mir Zweifel aufgekommen, ob ich wirklich alles richtig gemacht hätte. Hier meine Auslegeordnung:

1. Krise
In meiner Arbeit als Lebenscoach kommt das Wort «Krise» vor, in Situationen wo die Person etwas Bedrohendes spürt und keine Lösung oder Antwort dafür hat. Sobald die Bedrohungen einen Name bekommen und auch ihre Bedeutung klar ist, hat man den Krisenmodus verlassen. Man ist im Lösungsfindungsprozess.

2. Problemarten
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Problemen. Die Probleme, über welche man als normaler Energiekonsument keinen Einfluss nehmen kann: z.B. Wetterlage sowie Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt von Unterbrechungen etc. Sich darüber Sorgen zu machen, ist sinnlos. Die zweite Art von Problemen sind diejenigen, wo man Einfluss nehmen kann. Dort müssen wir unsere Aufmerksamkeit richten. Da kann es sinnvoll sein, bei relativ unbestimmten Bedrohungen lediglich um mögliche Strategien nachzudenken oder ganz konkrete Massnahmen zu ergreifen: Kauf von ein paar Kerzen, von Reservebatterien für Lampen, etc.

3. Prioritäten setzen
Jeder hat unterschiedliche Bedürfnisse, somit auch andere Prioritäten. Klarheit zu haben über das, was man wirklich braucht, ist eine grosse Hilfe. Es ermöglicht, die Gefahrensituation besser abzuschätzen und auch Lösungen zu finden. Diese Übung muss jede, jeder für sich tun.

4. Nachbarschaftshilfe oder sonst externe Hilfe
Wenn man nicht weiss, was auf einem zukommt, ist es auch schwierig, vorauszuplanen und zu organisieren. Je nach Wohnsituation sind auch sehr unterschiedliche Lösungen möglich. Die erste und einfachste ist heute schon, jede Nachbarin und jedem Nachbarn freundlich und nett zu begrüssen und einen schönen Tag oder Abend zu wünschen. Im Akutfall, wird man sehen, was man braucht und wer die Hilfe bieten kann.

5. Meine Situation
Da das Kernproblem mit der Energieversorgung zu tun hat, bin ich als beratender Ingenieur für Energiefragen und Energieproduktionsanlagen (Kraftwerke) an guter Stelle, um den Überblick über meine Energiebedürfnisse zu haben. Auch in meinem Leben durfte ich in verschiedenen Situationen, nicht zuletzt mit Corona, Klarheit über meine wichtigen Bedürfnisse bekommen. Das war dann auch klar für mich, wieso ich die jetzige Situation relativ gelassen angehe.
Jean-Pierre Rickli

 

VorSORGEN oder VorausDENKEN?

Nahezu mein gesamtes Berufsleben (46 Jahre) habe ich als Finanzlotse und Wirtschaftsberater damit zugebracht, meine Kunden davon zu überzeugen, dass zu einer erfüllten Gegenwart auch eine sichere Zukunft gehört. Der Kern der Beratungen lag dabei nicht in der Bewertung, welche Risiken man für sich selbst als wahrscheinlich betrachtete. «Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich, als Bürosachbearbeiter berufsunfähig werde...»,... «und zudem bin ich so friedfertig, dass ich keine Rechtsschutz-Versicherung benötige...»

Vielmehr riet ich den Menschen, in ganz individueller Einschätzung sich konkret vorzustellen, welche Auswirkungen es auf sie, ihre Familie oder Hinterbliebenen hätte, wenn dieses oder jenes Ereignis einträte. Wären dann genügend Mittel vorhanden oder muss man zu einer Versicherung für den Fall der Fälle greifen, die dann aber bereits heute, wo noch alles in bester Ordnung ist, Geld kostet. Geld, dass man auch für ein grösseres Auto oder eine schöne Urlaubsreise verwenden könnte. Hier muss der Einzelne seine persönlichen Prioritäten setzen.

Und genau so handle ich jetzt im alltäglichen «Krisengewitter» selbst und rate auch jedem anderen, diese einzige erfolgsversprechende Strategie zu nutzen: Denken Sie selbst!

Wenn wir für unseren täglichen Bedarf an Strom in Deutschland heute den Ertrag von 3 Atomkraftwerken, 130 Kohlekraftwerken, 28.230 Windkraftanlagen, zahlreichen Solaranlagen, und einigen Wasserkraftwerken u.a.m. benötigen, und dann davon 3 AKWs und 7 Kohlekraftwerke vom Netz nehmen, nicht mitgerechnet den immer häufigeren Abbau alter, nicht mehr rentabler Windräder, dann ist es mathematisch unmöglich, mit dem Rest den benötigten Strom weiter zur Verfügung zu stellen. (Kleines 1x1 in der Grundschule).

Fazit: Es MUSS (nahezu zwangsläufig) zu Stromrationierungen oder gar -ausfällen kommen.

Wie kann man darauf reagieren? Man kann auf die Tüchtigkeit derer hoffen, die uns diese ganze Misere eingebrockt haben. Oder man kann für sich selbst Massnahmen ergreifen, die zumindest einige Tage ohne Strom überstehen lassen. Wochenlange Ausfälle halte ich für unwahrscheinlich, denn wir haben ja noch Stromproduzenten, die derzeit einfach nur überfordert sind.

Also, konkret?

Ich habe mir schon vor Monaten einen Inverter–Notstrom-Gas-Generator mit 3.100 Watt Leistung zusammen mit einem Propangasvorrat von 44 kg gekauft und in der Garage eingerichtet. Aufwand: Ca. 1.300 € + ca. 100 € Propangas. Von dort kann ich mit Hilfe von Verlängerungskabeln und Mehrfachsteckdosen den gesamten Haushalt in meinem Einfamilienhaus versorgen: Heizung, Kühlschrank, Internet-Router für Telefon und Fernseher und bei Bedarf noch weitere Verbraucher.

Da ich persönlich nichts gerne dem Zufall überlasse, steht in meiner Garage ein weiterer Stromerzeuger, der mit Benzin betrieben wird, samt 20 l Benzin im Kanister. (1000 Watt Leistung, Kosten ca. 1.000 €.) Dieser ist eigentlich dafür vorgesehen, als «letzte Reserve» Strom zu liefern, wenn ich in meinem Wohnwagen keinen Landstrom habe und die Sonne nicht genug scheint, um die Caravanbatterien per Solarzellen aufzuladen.

Ein Dieselauto fährt auch mit Heizöl, auch wenn das heute noch verboten ist.

Und damit bin ich bei meinem Geheimtipp für alle Camper: Jeder Wohnmobil- und Wohnwagen-Besitzer kann wenigstens ein bis drei Tage locker stromlos überstehen, wenn er sein Urlaubsgefährt kurzzeitig als Ausweich-Quartier nützt. Ob im Urlaub oder zuhause in der Garageneinfahrt: Hier lässt es sich warm sitzen (Gas) und kochen (Gas) und sogar Fernsehen oder im Internet arbeiten (Bordbatterie unterstützt von Solarzellen oder einem kleinen Benzin-Stromerzeuger s.o.). Auch in angenehmer Temperatur schlafen ist ja für den Camper nichts Neues.

Zum Schluss noch eine Preisfrage: Im Jahr 2022 sind in Deutschland rund 800.000 Elektro-Autos zugelassen. Diese werden derzeit noch per Steckdose «ernährt». Im nächsten Jahr sollen es, geschätzt, über 1,5 Millionen sein. Kann man diesen Mehrverbrauch dadurch erreichen, dass man Stromquellen vermindert?

Mein Rat an alle: Vermeiden Sie Ihren persönlichen «Auto-Lockdown», indem Sie nicht in die Falle laufen: «Kein Strom, keine Beweglichkeit». Ein Dieselauto fährt auch mit Heizöl, auch wenn das heute noch verboten ist.

Karl Vogt, Finanzlotse und Autor

Krise

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01. Dezember 2022
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