Der neue Wettlauf um den Süden

Der Wettlauf ist wieder eröffnet: Private und staatliche Investoren buhlen um die Agrarflächen des Südens. Kleinbauern bangen ums Überleben, sagt eine Bericht des Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile Lateinamerika (FDCL).

Angetrieben wird der Wettlauf nicht nur durch die Nahrungsmittelkrise, den Klimawandel und die steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen, sondern auch durch Finanzinvestoren und einiger kapitalkräftiger Regierungen. Über das Ausmaß der Landnahme liegen zwar keine verlässlichen Angaben vor, doch erste Schätzungen lassen aufhorchen. Die Weltbank kommt zum Schluss, dass allein zwischen Oktober 2008 und August 2009 Landgeschäfte über eine Fläche von mindestens 46,6 Millionen Hektar angekündigt wurden – eine Fläche von der Grösse Schwedens.




Kleinbauern bedroht


Investitionen finden vielfach dort statt, wo traditionelle Landnutzer leicht verdrängt werden können, großflächige Monokulturen möglich sind und der Maschineneinsatz kurzfristige Produktivitätsgewinne verspricht. Die neue Landnahme birgt daher erhebliche ökologische und soziale Risiken in den Anbauländern. Während das industrielle Produktionsmodell die Bodenfruchtbarkeit, Wasserqualität und Biodiversität beeinträchtigt, droht Kleinbauern, Indigenen und Hirten die Vertreibung. Auch die Ernährungssicherheit ist gefährdet, wenn wachsende Flächenanteile der Exportproduktion anheimfallen. Schließlich erhöhen die Bodengeschäfte die Gefahr gewaltsamer Konflikte um Land, Wasser und Nahrung.




Zwiespältige Industrialisierung


Gleichwohl betrachten Institutionen der offiziellen Entwicklungspolitik die Agrarinvestitionen grundsätzlich als Chance, denn nun fließen wieder Mittel in die lange vernachlässigte Landwirtschaft des Südens. Die Risiken, so meinen sie, ließen sich durch Verhaltensrichtlinien, den Vertragsanbau oder die Landtitelvergabe verringern. Doch ist zu bezweifeln, dass derartige Massnahmen genügen, um Kleinbauern effektiv vor der Verdrängung zu schützen, die ländliche Armut zu beseitigen und den Raubbau an der Natur einzudämmen. Die Landgeschäfte sind nur ein Element eines wesentlich umfassenderen  Strukturwandels: Die Landwirtschaft des Südens strebt nach dem Vorbild Europas oder Nordamerikas. Die kritische Frage aber ist, ob Entwicklungsländer einen solchen Strukturwandel, der in den Industriestaaten zu einem massiven Bauernsterben führte, derzeit überhaupt verkraften können.



Zum gesamten Bericht des FDCL (28 Seiten): http://fdcl-berlin.de/publikationen/fdcl-veroeffentlichungen/publikation-das-grosse-bauernlegen-agrarinvestitionen-und-der-run-aufs-land/
20. Januar 2011
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