«Die Ukraine wollte einen Krieg mit Russland und war kein unschuldiges Opfer», ist das Fazit von Staudt. Das steht im Widerspruch zur Opfer-Erzählung, mit der die Finanzierung und Bewaffnung der ukrainischen Armee durch die NATO-Staaten begründet wird. Er hat von diesen Angriffsplänen direkt von ukrainischen Soldaten erfahren. Nach Staudt musste Russland auf diese Bedrohung reagieren und so kam es zum russischen Kriegseintritt ab dem 24. Februar 2022.
Zeitpunkt: Herr Staudt, wie ist Ihre Beziehung zur Ukraine?
Dieter Staudt: Ich habe ab Juni 2011 in der Ukraine gelebt, zuerst bis Herbst 2013 zeitweise, danach bis Mitte August 2022 dauerhaft. Ich bin mit einer Ukrainerin verheiratet und baute in der Region Sumy im Nordosten der Ukraine eine Gartenbau-Landwirtschaft auf. Wir hatten bis zu sechs Mitarbeiter. Ich spreche Russisch, so dass ich gut in Kontakt mit der ukrainischen Bevölkerung kam.
Ich habe die gesamte Entwicklung mitbekommen, die zum ukrainischen Bürgerkrieg im Donbass ab 2014 und zum Krieg mit Russland ab 2022 geführt hat. Ende April 2014, unter dem Übergangspräsidenten Oleksandr Turtschinow, den ich persönlich kenne, begann der ukrainische Bürgerkrieg im Donbass. Die ukrainische Armee schoss auf Ukrainer russischer Ethnie, auf Bewohner der autonomen ukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk. Diese beiden autonomen Republiken sind am 11. Mai 2014 durch Volksabstimmungen souverän und von der Ukraine unabhängig geworden.
Dieter Staudt war bis 2022 Unternehmer in der Ukraine und ist aktiver Christ. (Bildrechte: Dieter Staudt)
Diesen Unabhängigkeits-Referenden in 2014 ging ja voraus, dass die russische Sprache als Staatssprache verboten wurde. Dreissig Prozent der Ukrainer haben Russisch als Muttersprache. Die Maidan-Regierung in Kiew zeigte den russischen Ukrainern im Osten des Landes deutlich, dass man sie nicht will. Also spalteten sich die ostukrainischen Regionen ab. Ähnliches würde geschehen, wenn in Belgien das Flämische oder Französische verboten würde. Ich habe das Sprachenverbot in der Ukraine als Kriegsursache in einem extra Artikel beschrieben.
Herr Staudt, was haben Sie in Sumy von diesem Bürgerkrieg im angrenzenden Donbass mitbekommen?
Dieter Staudt: Ich habe den Bürgerkrieg erfahren durch eine Art Mobilmachung. Es gab Panzersperren auf der Strasse nach Romny im Westen des Sumy Gebietes, wenn ich nach Kiew oder auch weiter Richtung Westeuropa alleine oder in Begleitung meiner Ehefrau fuhr. Einmal, von Deutschland kommend, wurde ich von einem ukrainischen Panzer und seiner Besatzung gestoppt und nach Geld gefragt, um den Panzer betanken zu können. Da die Soldaten nach meiner Einschätzung betrunken waren, ging es ihnen wohl eher um den «menschlichen Sprit». Ich hatte zwar keine Furcht, verliess aber schnell die Örtlichkeit, um eine Distanz zu den Militärs herzustellen.
Bei regelmässigen Telefonaten mit Freunden in den Gebieten Luhansk und Donezk wurden wir über die Schwere der Bombardements informiert. Durch freundschaftliche Kontakte zu ukrainischen Bewohnern der Krim weiss ich, dass diese Leute es begrüssen, zur Russischen Föderation zu gehören!
Nach dem Maidan-Putsch plante Kiew, die russische Sprache zu verbieten, das war ein Affront gegen die russischen sprechenden Ukrainer. Nachdem sich die Krim am 14. März 2014 durch einen Volksentscheid von der Ukraine abgespalten hatte, wollte die ukrainische Regierung eine ähnliche Entwicklung im Donbass verhindern. Mitte April 2014 schickte der ukrainische Interimspräsident Oleksandr Turtschinow Militär in den Donbass, in der Absicht, seinem an die sogenannten Separatisten gestellten Ultimatum Nachdruck zu verschaffen. Ende April 2014 schoss die ukrainische Armee auf ukrainische Bürger russischer Ethnie und begann den Bürgerkrieg. Zur Abspaltung der Donbass-Republiken kam es trotzdem.
Mir sind die Gründe, die zu dieser Auseinandersetzung geführt haben, bekannt. Einer davon waren die in der Ostukraine liegenden Bodenschätze in Höhe von 12 Billionen Dollar, nach denen die USA, Grossbritannien und die EU Begehrlichkeiten entwickelten. Das ist einer der Gründe, warum die Ukraine im Bürgerkrieg gegen die Donbass-Republiken ab 2014 vom Westen unterstützt wurde. Von den Bodenschätzen in der Südostukraine habe ich 2013 erstmals gehört.
Um was für Bodenschätze handelt es sich? Wo kommt die Zahl 12 Billionen her?
Dieter Staudt: Es handelt sich um Seltene Erden sowie Lithium, Öl, Gas, Ölschiefer und Schiefergas, dessen Abbau in der Ukraine staatlich erlaubt ist. Die Zahl erscheint an vielen Stellen im Internet, dazu gibt es Berichte über Fracking-Pläne der britisch-niederländischen Shell sowie Probebohrungen auf den Jusovsk-Gasfeldern im Osten des Landes, in Charkow, Lugansk, Donezk, bis ins Asowsche Meer. Die Vertragsteilnehmer waren die Kiewer Regierung, die US-Firmen ExxonMobil und Chevron sowie der britisch-niederländische Shell-Konzern und das ukrainische Unternehmen Nadra Jusovsk. Anwesend war auch der damalige Präsident Viktor Janukowitsch, Abschlussort war Davos in der Schweiz, die Grösse des Abbau-Gebietes bestand aus 7.886 km2, die Gewinnmarche für Shell war mit 50% geplant.
Was haben Sie zu den Gründen des Kriegseintrittes von Russland im Februar 2022 erlebt?
Dieter Staudt: Ich hatte ab Spätsommer 2021 Kontakte zu ukrainischen Militärangehörigen, die im Donbass stationiert waren oder deren Stationierung kurz bevorstand. Über diese habe ich erfahren, dass der ukrainische Staat die russischen Bewohner des Donbass vertreiben oder auch eliminieren wollte. Die Kontakte kamen zustande, weil ich im Sommer 2021 die Verzollung meines Autos plante, um es verkaufen zu können. Durch eine Änderung der ukrainischen Zoll-Gesetzgebung war ich im Herbst 2021 genötigt, Kontakte zu ukrainischen Soldaten mit Dienst im Donbass aufzunehmen.
Das verstehe ich nicht. Was hat die Ausfuhr und Verzollung eines Autos mit ukrainischen Soldaten im Donbass zu tun?
Dieter Staudt: Um mit einem Auto mit ausländischem Kennzeichen in der Ukraine fahren zu können, musste dieses Kfz an der ukrainischen Grenze registriert werden, sowie bei einer ukrainischen Versicherung versichert sein. In der Regel erledigte ich dies bei meinen Reisen nach Deutschland oder bei meinen Besuchen in der Westukraine an den dortigen Grenzübergangsstellen. Fuhren wir nicht nach Deutschland, so gab es ein bestimmtes Prozedere, um die erneute Registrierung zu bekommen: Ausreise aus der Ukraine, Fahrt bis zur ukrainischen Flagge auf der anderen Seite des Grenzübergangs und zurück in die Ukraine. 2020 fuhren wir nicht mit unserem Auto nach Deutschland, sondern ich fuhr wegen der Corona-Situation alleine mit dem Bus. Nach meiner Rückkehr im Frühsommer 2020 erledigten wir die Kfz-Registrierung einmalig an einem Grenzübergang Richtung Russland unweit der Gebietshauptstadt Sumy.
Als ich 2021 wegen der geplanten Einfuhrverzollung meines Autos, das ich verkaufen wollte, mit der Zollbehörde in Sumy Kontakt aufnahm, verweigerte uns der Zoll die Verzollung mit der Begründung «Kontakt zum Aggressor Russland durch Ausreise nach dort»! Selbstverständlich hätte ich durch Korruption, also die Zahlung eines vereinbarten Geldbetrags an einen Mitarbeiter des Zolls, diese Umstände ändern können. Normalerweise machen Mitarbeiter des Zolls Vorschläge dazu. Doch wie meine Ehefrau etwas später durch unseren Zollbroker erfuhr, verzichtete man auf diese Variante der schnellen Problembewältigung, weil ich Deutscher war und man mich als nicht korrumpierbar vermutete. Kurze Zeit später erfuhren wir, dass es ein neues Gesetz der Werchowna Rada geben soll, weil man anscheinend nicht auf die Zolleinnahmen verzichten wollte. Neben mir haben auch viele Ukrainer und andere Ausländer diese Version der Registrierung genutzt. Das Gesetz lautete wie folgt: Die Verzollung kann über einen Militär-Mitarbeiter der Donbass Armee auf dessen Name vollzogen werden, bis hin zur Registrierung des Autos und Kennzeichenvergabe. Die Bezahlung des Soldaten betrug 200 US Dollar. 50% der von mir zu zahlenden Zollsumme gingen auf das Konto des Zolls, weitere 50% auf ein Sonderkonto «Danke an die Politiker, die dieses Gesetz ermöglicht haben!»
Mit wie vielen Soldaten hatten Sie Kontakt?
Dieter Staudt: Alle Kontakte kamen durch die Initiative meiner Ehefrau zustande, ich war nicht bei allen Gesprächen zugegen. Meine Frau hatte sehr viele Kontakte zu Soldaten, die den Handel ablehnten, weil dieser sie gehindert hätte, ein zweites Auto, also ein eigenes, anzumelden. Wir kamen dann mit fünf Soldaten in längere Gespräche, in persönlichen Treffen und am Telefon. Alle fünf sprachen mit uns über die Absichten der ukrainischen Regierung, die beiden Separatisten-Gebiete Luhansk und Donezk mit militärischer Gewalt in den ukrainischen Staatsverband zurückzuholen.
Durch die Gespräche mit diesen Militärangehörigen erfuhr ich mehrfach, dass die ukrainischen Truppen im Donbass sukzessive verstärkt wurden mit dem Plan, die beiden Volksrepubliken mit Gewalt zu erobern und die Bewohner russischer Ethnie zu vertreiben oder zu eliminieren und die beiden Gebiete in den ukrainischen Staatsverband zurückzuführen! Als Termin für den Generalangriff wurde mir der 6. März 2022 genannt. Diesem Angriff kamen die Russen mit ihrem Einmarsch am 24. Februar 2022 zuvor, auch um einen möglichen Völkermord an den Ukrainern russischer Ethnie zu verhindern.
Wie haben Sie das von den Soldaten herausbekommen? Wenn es solche Angriffspläne gab, dann waren diese doch sicherlich geheim?
Dieter Staudt: Natürlich baut man mit einem Menschen, in dessen Name das eigene Auto registriert werden soll, eine persönliche Beziehung auf, in der miteinander über alles Mögliche gesprochen wird. Diese Leute waren sehr gesprächig und wussten einiges durch Informationen ihrer Vorgesetzten und durch interne Unterhaltungen. Der fünfte, also der letzte Soldat, über den die Verzollung bis hin zur Registrierung vollzogen wurde, wohnte in der gleichen Stadt wie wir und war dazu ein persönlicher Bekannter meiner Frau. Die vier Soldaten zuvor mussten zu zeitig in den Donbass einrücken. Mit dem Fünften klappte es dann und wir trafen ihn zuletzt am 17. und 18. Februar 2022 bei der Kfz-Zulassung der Stadt Romny. Am 19. Februar ist er mit seinem Bataillon in den Donbass abgerückt! Ich weiss nicht, ob er noch lebt.
Anfang Januar 2022 verstärkte die ukrainische Armee den Granaten-Beschuss der Gebiete Lugansk und Donezk um ein Vielfaches, wie man in den Berichten der OSCE nachlesen kann. Die OSCE war als Beobachter vor Ort. Am 21. Februar 2022 anerkannte die Russische Föderation die Volksrepubliken Luhansk und Donezk, wurde gleichzeitig Schutzmacht und griff am 24. Februar in den bestehenden Konflikt ein, um die geplante Vertreibung sowie einen möglichen Völkermord an Ukrainern russischer Ethnie zu verhindern. Dass Russland eine friedliche Ukraine überfallen hat, ist eine vom Westen gestreute Lüge!
Das sagt auch die russische Regierung. Die Kriegsbeteiligung Russlands sei eine nach Art. 51 UN-Charta völkerrechtlich erlaubte Hilfe bei der Selbstverteidigung der Donbass-Regionen gegen den ukrainischen Angriff.
Dieter Staudt: Aufgrund meiner Gespräche mit den ukrainischen Militärs kann ich das bestätigen. Der Kriegseintritt Russlands war kein unmotivierter völkerrechtswidriger Angriffskrieg, wie von der NATO immer behauptet wird, sondern die einzige Möglichkeit, die Donbass-Republiken vor einem überwältigenden ukrainischen Angriff zu retten, der die russisch-ethnische Zivilbevölkerung vernichten oder vertreiben sollte. Russland hatte mit den Republiken ein Schutzabkommen abgeschlossen und war dazu verpflichtet einzugreifen. Das ist genauso wie in der NATO, wo einem angegriffenen Land von anderen NATO-Staaten geholfen werden soll.
Ich versichere aber ausdrücklich, dass ich kein besonderer Freund Putins oder Russlands bin. Denn von 2001 bis 2009 war ich Gründer und Direktor einer Firma in Sankt Petersburg, die mir mit Mafia-Methoden von Russen entwendet wurde, wodurch ich einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erlitt! Keine gute Situation um freundschaftliche Gefühle zu entwickeln, dennoch bin ich ein wahrheitsliebender Mensch geblieben.
Danke für das Gespräch.