Endlich schmerzlos – wie wäre das schön!

80 Prozent der Krankheitskosten entfallen auf chronisch Kranke – ohne dass jemand geheilt würde. Im Zentrum stehen die bestmögliche Lebensqualität und die Bekämpfung von Schmerz. Und die zieht sich meistens erfolglos dahin, Jahr um Jahr.

Jetzt kommt plötzlich ein Hausarzt und behauptet in einem Buch, dass «chronische Schmerzen vergehen, wenn wir sie verstehen». Wirklich?

Jeder soll das lernen können. Zuerst ist zu begreifen, dass Schmerz ein Warnsignal des Körpers ist, und dann ist zu verstehen, wie Schmerz entsteht und funktioniert. Treten wir beispielsweise barfuss in einen Dorn, wird ein Warnsignal ins Gehirn geschickt. Dort entscheidet die weitgehend autonom arbeitende «Betriebszentrale», wie das Signal zu beurteilen ist und was zu tun – je nach Erfahrung und Wissensstand des Betroffenen. Das Schmerzerleben wird dann – wie mit einem Schieberregler – entsprechend «eingestellt». Man kann sich das Gehirn auch als «Verstärker» einer E-Gitarre vorstellen. So formt das Gehirn die Intensität von Schmerz. Ebenso definiert es, wo der Auslöser des Schmerzes sitzt; der muss nämlich nicht immer dort sein, wo wir ihn orten. Habe sich aber einmal auf der Ebene unserer Empfindung ein Fehler eingeschlichen und werde der sprachlich ausgedrückt, sei es besonders schwer, wieder aus der falschen Sichtweise herauszufinden, so der Buchautor Dr. med. Matthias Gauger.

So kann man schmerzlos werden. «Die Behandlung der Krankheit besteht darin, sich der permanent aktiven, aber oft unpassenden Bewertungsfilter bewusst zu werden», so Gauger im Buch. «Die möglichst rasche und möglichst richtige Wahrnehmung der Situation, in welcher ich mich befinde, ist von zentraler Bedeutung». Oft handle es sich dabei um vererbte, aber unzutreffende Grundüberzeugungen, sowie um in der Kindheit erworbene, aber nicht mehr zutreffende Auffassungen. Das Leben dränge darauf, dass gute Bindungen gewährleistet und Authentizität gelebt werde, statt unwillkommene Gefühle zu unterdrücken. «Bewusste Wahrnehmung ist der Schlüssel zur Heilung – viel mehr braucht es nicht», so der Autor. Das tönt relativ einfach, bedingt aber wohl häufig einen Spurwechsel, zu dem der Autor zahlreiche und detaillierte Hilfestellungen anbietet.

Menschen, für die «Schmerz» ein wichtiges Thema ist, werden das Buch sehr interessant finden – dessen Inhalt, sein Aufbau und die Schreibweise sind erstaunlich leicht zu verstehen. Was die Verständlichkeit fördert, sind beispielsweise im Buch verteilte 76 «wichtige Erkenntnisse» und ebenso viele, parallel aufgeführte «wichtige Schlussfolgerungen», sowie zahlreiche Illustrationen. Auflockernde Zitate fördern die Lesefreudigkeit, präziser Wissenschaftlichkeit wird Rechnung getragen – vor uns liegt ein Buch, das sowohl Fachleute interessieren müsste, als auch Betroffenen eine neue, relativ einfache Behandlungsweise eröffnen kann. Die immer anwendbar ist und individuell wohl auch wirksam.
___________

Matthias Gauger: Schmerzlos. Chronische Schmerzen verstehen. Verlag Triner. CHF 32.50;
www.grundgesund.ch

09. Dezember 2018
von: