Mahnwache in Berlin fordert funkfreie Zonen in der Öffentlichkeit
Der 16. Juni ist Tag der Elektrohypersensibilität (EHS). In Berlin werden Betroffene in einer Mahnwache darstellen, dass sie durch omnipräsente Mobilfunkstrahlung von der Öffentlichkeit ausgeschlossen sind. Auch der Technikfolgenbericht des Bundestags empfiehlt funkfreie Zonen.
Gelbe Stühle symbolisieren: Hier sind wir unerwünscht. Wer sensibel gegen Funkstrahlung ist, ist bald überall unerwünscht, denn das Mobilfunknetz hat kaum noch Lücken.
Am 16. Juni, dem internationalen Tag der Elektrohypersensibilität (EHS), macht eine Gruppe Betroffener mit einer Mahnwache vor dem Kanzleramt in Berlin auf das Krankheitsbild «EHS» aufmerksam. Sie fordern von Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundesdigitalminister Volker Wissing funkfreie Zonen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, öffentlichen Gebäuden, Schulen, Kindergärten und Kliniken. Diese Forderung ist durch wissenschaftliche und politische Publikationen gedeckt und umsetzbar.
«Wir alle wollen gesund leben können», sagt Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk. «Das gilt auch für die geschätzt 5 Prozent der Bevölkerung, die unter Mobilfunkstrahlung körperlich leiden. Die Wissenschaft kann dieses Krankheitsbild inzwischen über so genannten oxidativen Zellstress und ein überempfindliches Immunsystem erklären. Der Technikfolgenausschuss des Bundestags schlägt in seinem neuen Bericht zu Mobilfunk und Gesundheit u.a. Grenzwertsenkungen und Schutzzonen vor. Nun muss es an die politische Umsetzung dieser Erkenntnisse und Vorschläge gehen: Wir brauchen funkfreie Vollversorgung, also ortsgebundene Verbindungen per Kabel und mobile Verbindungen per serienreifer infraroter Lichtübertragung. Hier ist die Bundesregierung gefordert, denn auch die EHS-Erkrankten verdienen Inklusion in unsere Gesellschaft.»
Mahnwache zu Elektrohypersensibilität
Freitag, 16.06.2023
11:00 bis 13:00 Uhr
vor dem Kanzleramt (Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin)
Ansprechpartner im Vorfeld und vor Ort:
Thomas Löb, Tel. 0175-9966701
Schutzzonen in der Öffentlichkeit
Mit einem Banner und gelben leeren Stühlen zeigen sie: Wer durch Mobilfunkstrahlung krank wird, ist vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, kann sich an Orten wie Berlin-Mitte praktisch nicht mehr oder nur mit Abschirmkleidung kurzfristig aufhalten.
Denn elektrohypersensible Menschen reagieren körperlich, wenn sie hohen Strahlenbelastungen z.B. durch öffentliches WLAN, durch Smartphones anderer Menschen, durch WLAN aus Nachbarwohnungen oder durch Mobilfunkmasten ausgesetzt sind. Es kommt zu Kopfschmerzen, Konzentrations- und Schlafstörungen, Erschöpfung, Schmerzen im Brustbereich oder Herzproblemen.
diagnose:funk beschreibt auf seiner Webseite die EHS-Symptome genauer und gibt Tipps zur Selbsthilfe und für behandelnde Ärzte.
Der Technikfolgenausschuss des Deutschen Bundestags empfiehlt als Massnahmen unter dem Stichwort «Risikogovernance» u.a. eine Anpassung der Grenzwerte und die Einrichtung von Schutzzonen, in denen die Verwendung von Mobiltelefonen oder die Errichtung von Sendeanlagen verboten oder stark eingeschränkt wird.
Die Studie «Gesundheitliche Auswirkungen von 5G» des Technikfolgenausschusses des EU-Parlaments (STOA) schlägt vor: «Öffentliche Versammlungsorte könnten ‚HF-EMF-Verbotszonen' sein (wie beim Zigarettenrauchen), um die passive Exposition von Personen zu vermeiden, die keine Mobiltelefone oder Langstreckenübertragungstechniken nutzen, und so viele gefährdete ältere oder immungeschwächte Menschen, Kinder und elektrosensible Personen zu schützen.»
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Union (EWSA) schreibt in einer Stellungnahme am 4. März 2022: «Das Europäische Parlament, der EWSA und der Europarat haben anerkannt, dass Elektrosensibilität bzw. Elektrosensitivität eine Krankheit ist. Hiervon sind eine Reihe von Menschen betroffen, und mit der Einführung von 5G, für das eine viel höhere Dichte elektronischer Anlagen benötigt wird, könnte dieses Krankheitsbild häufiger auftreten.»
Die Landesärztekammer Baden-Württemberg fordert in ihrer Stellungnahme zum Mobilfunk von 2021 u.a. das «Schaffen von mobilfunkfreien Zonen u.a. in öffentlichen Einrichtungen (Bus, Bahn, Schule, Hochschule, Verwaltung, Kliniken) aber auch im privaten Bereich (Schlafzimmer) sowie die Einrichtung einer Koordinierungsstelle zur Sammlung von Meldungen über ‚Mobilfunk-Nebenwirkungen', auch für Elektrosensible».
Die Ursachen für EHS liegen in einem geschwächten Immunsystem und in Vorerkrankungen. Die Überproduktion von freien Radikalen mit der Folge entzündlicher Erkrankungen (Oxidativer Zellstress) schlägt sich bei EHS in körperlichen Beschwerden nieder.
Neuere Publikationen dazu:
Die Studie von McCredden et al. (2022) dokumentiert Studien zu Wirkungen von EMF auf biologische Organismen und fordert, dass in der medizinischen Ausbildung die Wirkung von EMF integriert wird. Belpomme / Irigaray (2022) legen einen Überblick zu Erkenntnissen über EHS vor.
Zu EHS publiziert diagnose:funk das Buch „Die unerlaubte Krankheit" von Renate Haidlauf.
Der Grenzwert für Mobilfunkstrahlung liegt in Deutschland für LTE bei 10.000.000 Mikrowatt pro Quadratmeter (μW/m²). Aus umweltmedizinischer und baubiologischer Sicht sollte der Grenzwert auf 100 μW/m² gesenkt werden. Für Orte sensibler Nutzung sind max. 10 μW/m² empfehlenswert. Elektrohypersensible vertragen z.T. nur Werte unter 1 μW/m². Mobiltelefone senden und empfangen mit voller Bandbreite noch bei 0,00005 µW/m².
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