Medizinokratie und Zensurwahnsinn

Die Abstimmung über die Stopp-Impfpflicht-Initiative von Anfang Juni mag Vergangenheit sein. Das Thema bleibt weiterhin aktuell.

(Grafik: Getty Images / unsplash)

Dass die Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» (auch unter dem Titel «Stopp-Impfpflicht» bekannt geworden) nur etwas mehr als einen Viertel Ja-Stimmen bekommen hat, erstaunte mich nicht. Der Initiativtext war derart breit und radikal formuliert, dass auch viele Corona-Massnahmen-Skeptiker mit guten Gründen ein Nein einlegten.

Wie Katharina Fontana nach der Abstimmung in der NZZ schrieb, waren sich «nicht einmal die Initianten (…) einig, welche Folgen die Initiative genau hätte und wie absolut das Recht auf Unversehrtheit ausgelegt werden sollte.» Dies weist mir einmal mehr die rechtsstaatliche Problematik schnell dahergeschriebener und nicht in einem demokratischen Verfahren entstandener Rechtstexte auf.

Solches erlebten wir auch während der Pandemiejahre zuhauf. Damals änderten sich die Detail-Verordnungen manchmal so schnell, dass viele die Übersicht und das Verständnis verloren, darunter auch ich.

Und, leider, erleben wir es momentan wieder auf höherer Ebene, und zwar bei den Reformen der Internationalen Gesundheitsvorschriften IGV der Weltgesundheitsorganisation WHO. Bei deren Vorbereitung wurden prozedurale Regeln verletzt und das Bundesamt für Gesundheit BAG hat die Erwähnung der Beschlussfassung «im Konsens» (Zitat Medienmitteilung – also eingestandenermassen ohne Abstimmung!) durch die Weltgesundheitsversammlung der WHO mit der verschleiernden Bemerkung ergänzt, dass die Schweiz nun souverän entscheiden könne, diese Vorschriften zu übernehmen oder nicht.

Nur: Ohne Widerspruch seitens der Schweiz treten die Vorschriften angeblich automatisch in Kraft. Was das noch mit Demokratie zu tun haben soll, ist mir schleierhaft.

Die IGV sind darüber hinaus für Nichtfachleute derart umständlich zu lesen, dass meine Prognose lautet: Nicht einmal die Urheber werden sich einig sein, welche Folgen die Vorschriften genau haben und wie absolut das Recht der Schweiz ist, «auch in Zukunft souverän über die eigene Gesundheitspolitik und Massnahmen im Pandemiefall (zu) entscheiden» (BAG-Website).

Heikel dünken mich auch die Bestimmungen zur «Behandlung (addressing) von Fehlinformationen und Desinformation» gemäss IGV-Anhang. Wie schnell solche Bestimmungen zur Begründung von Zensur beigezogen werden können, lässt sich leicht erahnen:

Bereits erheben Wissenschafter des Covid-19-Forschungsprogramms NFP 80 ihre Stimmen und fordern eine Art «Zensurartikel» für das Epidemiengesetz. Das zeigt mir klar den Geist und Sinn solcher Bestimmungen auf und deswegen bleibe ich den geplanten Regulierungen gegenüber sehr skeptisch. Falsche Informationen sind nicht gewaltsam zu unterbinden, sondern mit Argumenten zu entwaffnen.


Aus dem Newsletter des «Forums Ouvertüre» vom 16. Juli.

25. Juli 2024
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