Kein Importboom für sozial- und umweltverträglichen Biodiesel in der Schweiz
Als weltweit erster Staat hat die Schweiz die Steuerbefreiung von «Biotreibstoffen» an ökologische und soziale Mindestanforderungen geknüpft. Während die Umweltkriterien sehr streng geregelt sind, fehlt bei den Sozialkriterien eine wirkliche Verbindlichkeit. Einen Importboom hat die Regelung bislang nicht ausgelöst.
Seit dem 1. Juli sind «Biotreibstoffe» im Rahmen des neuen Mineralölsteuergesetzes in der Schweiz von der Steuer befreit. Ausserdem wurde das Importmonopol für den Bund aufgehoben, so dass künftig auch Private steuerbegünstigt «Biotreibstoffe» importieren können. Als erster Staat weltweit hat die Schweiz die Steuerbefreiung allerdings an ökologische und soziale Mindestanforderungen geknüpft. Wer solche Treibstoffe in der Schweiz herstellen oder aus dem Ausland importieren will, muss einen umfassenden Nachweis erbringen, dass die Mindestanforderungen für eine positive Ökobilanz erfüllt sind.
Bezüglich der sozialen Kriterien wird lediglich eine Selbstdeklaration verlangt, wonach die acht ILO-Kernkonventionen beim Rohstoffanbau und bei der Treibstoffproduktion eingehalten wurden. Die Überprüfung liegt in der Verantwortung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO). Eine systematische Kontrolle wird es allerdings keine geben, sondern nur Stichproben. «Die Herkunft der Treibstoffe spielt dabei keine Rolle», sagt Christian Sieber, der beim SECO für Internationale Arbeitsfragen zuständig ist. «Ansonsten wäre das eine diskriminierende Behandlung einzelner Marktteilnehmer oder Länder».
«Problematisch», sagt Stefan Suhner von der Arbeitsgemeinschaft Schweiz Kolumbien (ask) die vage Handhabung der Soziakriterien. «Gerade für 'Problemländer' ungenügender Arbeitsgesetzgebungen oder systematischen Menschenrechtsverletzungen müsste es zwingende und strenge Überprüfungen geben», sagt Suhner. Ausserdem müssten die ILO-Arbeitsnormen vor dem Hintergrund zahlreicher Vertreibungen zum Anbau von Agrotreibstoffen um Bestimmungen zum Schutz von Landrechten ergänzt werden.
Jatropha aus Mosambik
Bis anhin hat die Steuerbefreiung von Biotreibstoffen in der Schweiz allerdings keinen Importboom ausgelöst. «Wir haben zwar Anfragen erhalten, doch bislang ist kein einziger Antrag eingegangen», sagt Reto Stroh von der Schweizer Oberzolldirektion. Dies sei wohl vor allem darauf zurückzuführen, dass die definitiven Kriterien erst im Herbst feststehen würden.
Ruhig verhalten hat sich bis anhin auch die Investorengruppe der Green Bio Fuel Switzerland, die in Bad Zurzach die grösste Schweizer Biodiesel-Produktionsanlage plant. Rund 130 Millionen Liter Biodiesel aus Schweizer Raps und Mosambikanischem Jatropha sollen dort dereinst verarbeitet werden. Das Projekt ist bereits verschiedentlich in die Kritik geraten.
Einerseits, weil die Ökobilanz sowohl beim heimischen Raps wie beim Jatropha laut einer im Mai 2007 veröffentlichten Studie der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (EMPA) ungenügend ist.
Andererseits, weil, wie Stefan Suhner sagt, auch bezüglich der sozialen Kriterien einige Fragen offen sind. «Jatropha-Nüsse müssen einzeln und von Hand geschält werden. Um den Ertrag wirtschaftlich zu machen, können die Löhne der Arbeiter kaum über ein Existenzminimum hinausgehen».
Auch die Behauptung, die Pflanzen würden nur auf unfruchtbarem Steppenland angebaut, müsse genauer betrachtet werden. «Vielerorts bildet gerade dieses Land für zahlreiche Menschen eine Existenzgrundlage».
Mehr zum Thema:
http://www.amnesty.ch/de/aktuell/magazin/55
Kleinbauern als Versuchskaninchen - Zwölf Millionen Hektar «Ödland» will die indische Regierung zur Biotreibstoffgewinnung mit Jatropha-Sträuchern und Indischen Buchen bepflanzen.«Nur noch der Profit zählt» - Aus Jatropha wird in Mali schon lange Lampenöl und Seife produziert. Das hatte auch einen sozialen Nutzen. Jetzt monopolisiert die Treibstoffindustrie die Produktion.«Verbrechen an den Hungernden» - Noch immer setzen viele Regierungen und multinationale Unternehmen auf den Anbau von Energiepflanzen und nehmen gravierende Menschenrechtsverletzungen in Kauf.
Seit dem 1. Juli sind «Biotreibstoffe» im Rahmen des neuen Mineralölsteuergesetzes in der Schweiz von der Steuer befreit. Ausserdem wurde das Importmonopol für den Bund aufgehoben, so dass künftig auch Private steuerbegünstigt «Biotreibstoffe» importieren können. Als erster Staat weltweit hat die Schweiz die Steuerbefreiung allerdings an ökologische und soziale Mindestanforderungen geknüpft. Wer solche Treibstoffe in der Schweiz herstellen oder aus dem Ausland importieren will, muss einen umfassenden Nachweis erbringen, dass die Mindestanforderungen für eine positive Ökobilanz erfüllt sind.
Bezüglich der sozialen Kriterien wird lediglich eine Selbstdeklaration verlangt, wonach die acht ILO-Kernkonventionen beim Rohstoffanbau und bei der Treibstoffproduktion eingehalten wurden. Die Überprüfung liegt in der Verantwortung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO). Eine systematische Kontrolle wird es allerdings keine geben, sondern nur Stichproben. «Die Herkunft der Treibstoffe spielt dabei keine Rolle», sagt Christian Sieber, der beim SECO für Internationale Arbeitsfragen zuständig ist. «Ansonsten wäre das eine diskriminierende Behandlung einzelner Marktteilnehmer oder Länder».
«Problematisch», sagt Stefan Suhner von der Arbeitsgemeinschaft Schweiz Kolumbien (ask) die vage Handhabung der Soziakriterien. «Gerade für 'Problemländer' ungenügender Arbeitsgesetzgebungen oder systematischen Menschenrechtsverletzungen müsste es zwingende und strenge Überprüfungen geben», sagt Suhner. Ausserdem müssten die ILO-Arbeitsnormen vor dem Hintergrund zahlreicher Vertreibungen zum Anbau von Agrotreibstoffen um Bestimmungen zum Schutz von Landrechten ergänzt werden.
Jatropha aus Mosambik
Bis anhin hat die Steuerbefreiung von Biotreibstoffen in der Schweiz allerdings keinen Importboom ausgelöst. «Wir haben zwar Anfragen erhalten, doch bislang ist kein einziger Antrag eingegangen», sagt Reto Stroh von der Schweizer Oberzolldirektion. Dies sei wohl vor allem darauf zurückzuführen, dass die definitiven Kriterien erst im Herbst feststehen würden.
Ruhig verhalten hat sich bis anhin auch die Investorengruppe der Green Bio Fuel Switzerland, die in Bad Zurzach die grösste Schweizer Biodiesel-Produktionsanlage plant. Rund 130 Millionen Liter Biodiesel aus Schweizer Raps und Mosambikanischem Jatropha sollen dort dereinst verarbeitet werden. Das Projekt ist bereits verschiedentlich in die Kritik geraten.
Einerseits, weil die Ökobilanz sowohl beim heimischen Raps wie beim Jatropha laut einer im Mai 2007 veröffentlichten Studie der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (EMPA) ungenügend ist.
Andererseits, weil, wie Stefan Suhner sagt, auch bezüglich der sozialen Kriterien einige Fragen offen sind. «Jatropha-Nüsse müssen einzeln und von Hand geschält werden. Um den Ertrag wirtschaftlich zu machen, können die Löhne der Arbeiter kaum über ein Existenzminimum hinausgehen».
Auch die Behauptung, die Pflanzen würden nur auf unfruchtbarem Steppenland angebaut, müsse genauer betrachtet werden. «Vielerorts bildet gerade dieses Land für zahlreiche Menschen eine Existenzgrundlage».
http://www.amnesty.ch/de/aktuell/magazin/55
Kleinbauern als Versuchskaninchen - Zwölf Millionen Hektar «Ödland» will die indische Regierung zur Biotreibstoffgewinnung mit Jatropha-Sträuchern und Indischen Buchen bepflanzen.«Nur noch der Profit zählt» - Aus Jatropha wird in Mali schon lange Lampenöl und Seife produziert. Das hatte auch einen sozialen Nutzen. Jetzt monopolisiert die Treibstoffindustrie die Produktion.«Verbrechen an den Hungernden» - Noch immer setzen viele Regierungen und multinationale Unternehmen auf den Anbau von Energiepflanzen und nehmen gravierende Menschenrechtsverletzungen in Kauf.
18. Oktober 2008
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