Stunde der Wintervögel
Bei Deutschlands grösster wissenschaftlichen Mitmachaktion kann jeder dabei sein. Eine Stunde lang sollen die Vögel am Futterhäuschen, im Garten, auf dem Balkon oder im Park gezählt und anschliessend gemeldet werden, um eine detaillierte Momentaufnahme der Vogelwelt in den Städten und Dörfern zu ermöglichen. Jetzt liegen die ersten Ergebnisse dieses Winters vor.
Eins, zwei, drei, ganz viele: Die «Stunde der Wintervögel», die vom 8. bis 10. Januar stattfand, hat alle Rekorde gebrochen: Bis zum Morgen des 13. Januar meldeten bereits über 185'000 Vogelfreundinnen und -freunde ihre Ergebnisse an den NABU und seinen bayerischen Partner, den Landesbund für Vogelschutz (LBV).
Gesichtet wurden bisher fast 4,4 Millionen Vögel aus über knapp 130'000 Gärten. Die Zahlen werden noch weiter steigen, da bis kommenden Montag noch nachgemeldet werden kann.
«Das Zwischenergebnis hat damit bereits die bisherige Rekordteilnahme aus dem Vorjahr weit übertroffen», so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. «Wir freuen uns sehr über die stetig wachsende Beliebtheit unserer wissenschaftlichen Mitmachaktion. Sicherlich hat auch der derzeitige Corona-Lockdown dazu geführt, dass mehr Menschen ihr Interesse für die Natur vor der eigenen Haustür entdecken. Vielleicht ergibt sich daraus bald auch mehr Engagement für den Vogelschutz im eigenen Garten.»
Weniger erfreulich sind die Ergebnisse der Zählung. «Die Gesamtzahl von derzeit 34,3 Vögeln pro Garten stellt den bisher niedrigsten Wert seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 dar», so NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. «Insgesamt ist das Ergebnis fast ein Spiegelbild des Winters 2017. Auch damals fehlten besonders die typischen Futterplatzbesucher, wie Kohlmeisen, Schwanzmeisen, Kleiber, Gimpel und Kernbeißer – alles Arten deren Winterbestände auf den Zuzug von Artgenossen aus dem Norden angewiesen sind. Dieser ist im bis kurz vor der Zählung europaweit sehr milden Winter wohl teilweise ausgeblieben.» Auch Blaumeisen wurden weniger gesichtet. Ob und wie das Blaumeisensterben aus dem Frühjahr 2020 hier Spuren hinterlassen hat, muss aber erst noch ausgewertet werden.
Im Gegensatz dazu haben derzeit einige sesshafte Arten und solche, die kalte Winter meiden, besonders gute Bestände in Deutschlands Gärten. Allen voran der Haussperling, der wie in allen milden Wintern auf Platz eins der Wintervogelrangliste flatterte. Mit 6,83 Vögeln pro Garten erreicht er voraussichtlich ein neues Rekordergebnis. Einen neuen Rekord schafft auch die Ringeltaube, die damit sogar zum achthäufigsten Wintervogel in Deutschlands Gärten wird. Grund ist zum einen die Bestandszunahme der Art, aber auch eine zunehmend geringere Zugneigung dieses Teilziehers. Auch das Rotkehlchen scheint sich über den milden Winter zu freuen und erreicht sein bestes Ergebnis nach 2011.
Ein besorgniserregend schwaches Ergebnis, das nicht mit dem Wetter erklärt werden kann, liefert der Grünfink. Sein Abwärtstrend setzt sich leider unverändert fort. Diesmal wurden nur noch 0,9 Grünfinken pro Garten gemeldet. Damit gibt es heute nur noch ein Viertel der Grünlinge, die 2011 die Gärten bevölkerten. Als Ursache gelten vor allem Infektionen mit Trichomonaden an sommerlichen Futterstellen, aber wohl auch, dass auf landwirtschaftlichen Flächen das Nahrungsangebot für diese Art knapper geworden ist.
Die fünf am häufigsten gemeldeten Arten waren wie bisher immer Haussperling, Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel. Im Vergleich zum Vorjahr haben nur Feldsperling und Blaumeise die Plätze getauscht.
Die «Stunde der Wintervögel» ist Deutschlands grösste wissenschaftliche Mitmachaktion und fand bereits zum elften Mal statt. Noch bis zum 18. Januar können Vogelbeobachtungen an den NABU nachgemeldet werden.
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