Schlaflos bei Vollmond

Kann der Mond tatsächlich unseren Schlaf beeinflusssen? Fragt man Betroffene, sind sie sich dessen sicher. Glaubt man der Wissenschaft, ist das Phänomen ausgesprochen unwahrscheinlich. Diese ablehnende Haltung der Forscher könnte sich jetzt ändern.

©Ganapathy Kumar / unsplash

Vor der Verfügbarkeit von künstlichem Licht war das Mondlicht die einzige Lichtquelle, die ausreichte, um die nächtliche Aktivität des Menschen, der Tiere und Pflanzen zu stimulieren. Dennoch ist der Beweis für die Modulation des «Schlaftimings durch Mondphasen» wissenschaftlich umstritten.

«Während die Sonne für fast alle Spezies die wichtigste Lichtquelle und Synchronisator der zirkadianen Rhythmen ist, moduliert auch das Mondlicht die nächtliche Aktivität bei Organismen, die von wirbellosen Larven bis zu Primaten reichen. Das Mondlicht ist für das menschliche Auge so hell, dass es durchaus vorstellbar ist, dass diese nächtliche Lichtquelle in Abwesenheit anderer Lichtquellen eine Rolle bei der Modulation der menschlichen Nachtaktivität und des Schlafs gespielt haben könnte», postuliert eine Gruppe Forscher um den Neurowissenschaftler Horacio de la Iglesia von der University of Washington. Und sie machten folgende Überlegung zum Ausgangspunkt eines Forschungsprojektes:

«Ob der Mondzyklus die menschliche Nachtaktivität und den Schlaf modulieren kann, bleibt umstritten. Einige Autoren haben gegen starke Auswirkungen der Mondphase auf menschliches Verhalten und biologische Rhythmen argumentiert, aber neuere Studien haben berichtet, dass menschlicher Schlaf und kortikale Aktivität unter streng kontrollierten Laborbedingungen mit den Mondphasen synchronisiert sind. Die durch diese Studien ausgelöste Kontroverse hat den Bedarf an Längsschnittstudien unterstrichen, die die potenziellen Auswirkungen des Mondzyklus auf den Schlaf beurteilen können.»

Soeben sind die Ergebnisse ihrer Studie in Science Advances erschienen und sie belegen, was viele Schlaflose schon immer zu wissen glaubten: Der Schlaf in den Nächten vor Vollmond beginnt später und ist kürzer, wenn das Mondlicht in den Stunden nach der Dämmerung vorhanden ist.

Dazu verglichen die Forscher den Schlafzeitpunkt ihrer Probanden mit dem Mondzyklus. Die Teilnehmer an der Studie lebten entweder in Umgebungen, die ländlich – mit und ohne Zugang zu Elektrizität – waren und reichten bis zu jenen, die in einer hoch urbanisierten postindustriellen Umgebung in den USA wohnten.

Das Ergebnis war: In Übereinstimmung mit früheren Studien waren eine kürzere Schlafdauer und ein verzögerter Schlafbeginn mit einem erhöhten Zugang zu elektrischem Licht verbunden. Darüber hinaus zeigten sowohl die Dauer als auch der Zeitpunkt des Einschlafens eine deutliche Modulation über den Mondzyklus hinweg, die sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch in den einzelnen Gemeinden zu beobachten war.

Der Höhepunkt der Einschlafzeit und der Tiefpunkt der Schlafdauer fanden drei bis fünf Tage vor der Vollmondnacht statt. Die Zeiten des Schlafversatzes zeigten eine vernachlässigbare Variation über den Mondzyklus.

 

29. Januar 2021
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