Studienkredite – «Hohe Geburt» oder hoch verschuldet
Es ist ein teurer Spass, heute in Deutschland zu studieren. Wer etwas erreichen will, muss sich oft hoch verschulden. Was für ein Zufall, dass Kreditinstitute gerade jetzt heftig um junge Kunden werben. (Roland Rottenfußer)
«Leistung muss sich lohnen» – Dieser nicht unbedingt originelle Satz ziert eine Anzeige der Deutschen Bank für Studentenkredite. Was sich wirklich lohnt, sind dagegen reiche Eltern. Die bieten ihren Sprösslingen Deckung aller Lebenskosten und viel Zeit, um sich nicht auch noch mit leidigen Brotjobs rumschlagen zu müssen. Alle anderen bekommen Leistungen aus Bafög (Bundesausbildungsförderungsgesetz). Die Lebenshaltungskosten eines Studenten betragen um 800 Euro, womit er eine recht bescheidene Existenz führt. Die Hälfte davon gibt es in der Regel als Zuschuss (Geschenk), die andere Hälfte als Darlehen. Trotzdem starten viele junge Leute auf diese Weise mit über 20.000 Euro Schulden in ihr Leben, um sich dann oft erst mal mit spärlich bezahlten Praktika durchzuschlagen. Vielerorts kommen jetzt Studiengebühren dazu. Und der Leistungsdruck wird größer, sprich: Für Studentenjobs bleibt weniger Zeit, oder die Betreffenden arbeiten sich völlig auf. Wieder ein Vorteil für den «Geldadel».
Der Satz, Leistung müsse sich wieder lohnen, ist ein Hohn. Ebenso wie Angela Merkels Mantra von der «Bildungsrepublik». In einer Arbeitswelt, in der es an Jobs mangelt und prekäre Beschäftigungen zum Regelfall werden, gibt es immer weniger junge Leute, die «es schaffen» können. Bildung ist wichtig. Sie hilft jungen Menschen aber heute kaum mehr, zu finden, was sie können und zu werden, was sie sind; vielmehr entartet sie zu einem «Wettrüsten der Gehirne» um die weniger werdenden attraktiven Jobs. Als Grund für die Knausrigkeit bei Bafög-Zuschüssen nennt die Bundesregierung wie immer „zu wenig Geld“. Der jetzt zum Glück zurückgetretene hessische Ministerpräsident Roland Koch nennt, wenn es um Sparmassnahmen geht, immer zuerst die Bildung, während weiterhin Milliarden in deutsche Kriegsbeteilung und eskalierende Zinszahlungen fliessen.
Sicher hat das «moderne» Studiensystem mit einem inszenierten und systembedingten Geldmangel zu tun. Ein anderer Grund lässt sich aber ahnen, wenn man sieht, wie begierig sich Banken und Kreditinstitute derzeit auf eine neue Klientel von Azubeus (Auszubeutenden) stürzen: Studenten, die mit Bafög allein nicht zurande kommen, weil die Lebenshaltungskosten in den Städten zu hoch sind. Wo im Internet der Bafög-Rechner zu finden ist, sind schamlos Anzeigen für «unkomplizierte» Studentenkredite platziert. Auch die Deutsche Bank unter Josef Ackermann verdient kräftig mit. Sie möchte Leistung fördern, indem sie Abiturienten mit guten Noten Rabatte gewährt. Was aber eigentlich gefördert wird, ist ihr eigenes, nahezu völlig leistungsloses Einkommen aus Zins und Zinseszins. Junge Leute haben zwei für Kreditinstitute äusserst verführerische Eigenschaften: «jugendlichen Leichtsinn» im Umgang mit Geld und hohe geistige und körperliche Leistungsfähigkeit über Jahrzehnte. So schaffen sich die Banken mit etwas Glück und «with a little help from their political friends» Sklaven für’s Leben.
Unter diesen Umständen sieht man es dann besonders gern, wenn Politiker mit Ackermann in trauter Eintracht zusammensitzen. Letzte Woche machte ein entlarvendes Video die Runde. Finanzminister Wolfgang Schäuble sass mit dem Chef der Deutschen Bank bei einer Pressekonferenz. Schäuble zu Ackermann: «In einer Zeit, in der sich viele Bürgerinnen und Bürger grosse Sorgen machen, wird die Politik von der Finanzwirtschaft nicht allein gelassen.» Die Szene triefte vor Schleim und wurde deshalb prompt von der Kabarettsendung «Neues aus der Anstalt kolportiert.» Ja: Danke, heiliger Josef! Auch Not leidende Studenten können sich vertrauensvoll unter deinen schützenden Mantel flüchten und zu deinem bescheidenen Renditeziel – 25 % – beitragen.
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