«Un Juif pour l’exemple»
Während draussen bereits die Dunkelheit hereingebrochen ist, wirft die Deckenlampe am Stammtisch des lokalen Wirtshauses in Payerne ihr Licht auf Philipp Lugrin. Laut und klar stellt der Pfarrer fest: «Politische Flüchtlinge, verurteilte Kriminelle, Juden. Man lässt sie einfach so rein.» Gebannt lauschen dessen Zuhörende seiner Rede, allen voran Mechaniker Fernand Ischi. Von einer Nazikarriere in Deutschland träumt er und schafft es, seine Ideologie auch auf die restlichen Mitglieder der Gruppe, allesamt Arbeitende in prekären Verhältnissen, zu übertragen.
Jacob Berger verfilmt in Un Juif pour l’exemple Jacques Chessex’ gleichnamigen Roman über den Mord am jüdischen Viehhändler Arthur Bloch (Bruno Ganz) im waadtländischen Payerne während des Zweiten Weltkriegs. Obwohl flammende antisemitische Reden wie jene von Lugrin klare Handlungsanweisungen darstellen, scheint in dem kleinen Dorf im Jahr 1942 niemand wahrhaben zu wollen, was sich vor der eigenen Haustüre zusammenbraut. «Wir sind hier in der Schweiz», versucht gar Bloch seine durch den alltäglichen Antisemitismus verängstigte Frau noch kurz vor seiner Ermordung zu besänftigen.
Geschickt hat Berger verschiedene Zeitebenen miteinander verwoben. Das gelingt zum einen durch die zahlreichen Anachronismen. So befinden sich etwa in der Garage des Mechanikers Ischi keine zeitgemässen, sondern moderne Autos. Und auch das Plakat, auf das der junge Jacques zusammen mit seinem Vater in einer Gasse Payernes trifft, weist Bezüge zur heutigen SVP-Stilistik auf: Unter der Aufschrift «Voilà l’ennemi» picken schwarze Raben mit umgehängtem Davidstern oder Hammer und Sichel auf die Schweiz ein.
Aufgebrochen wird der Erzählrahmen zum anderen aber auch durch den Protagonisten Jacques Chessex. Sowohl als Achtjähriger wie auch als späterer Schriftsteller beobachtet dieser die Geschehnisse und muss nach dem Erscheinen des Romans im Jahre 2009, als mittlerweile 75-Jähriger, ernüchtert feststellen, dass sich eine Debatte auf literaturwissenschaftliche Analysen in Kritikerforen oder zelebrierte Verzerrungen an der lokalen Fasnacht beschränkt. Das Gewicht der eigenen Vergangenheit wird auch viele Jahre danach von Neuem verdrängt. Nicole Gisler
Un Juif pour l’exemple ist ab 15. Mai 2017 als DVD im Handel erhältlich.
Jacob Berger verfilmt in Un Juif pour l’exemple Jacques Chessex’ gleichnamigen Roman über den Mord am jüdischen Viehhändler Arthur Bloch (Bruno Ganz) im waadtländischen Payerne während des Zweiten Weltkriegs. Obwohl flammende antisemitische Reden wie jene von Lugrin klare Handlungsanweisungen darstellen, scheint in dem kleinen Dorf im Jahr 1942 niemand wahrhaben zu wollen, was sich vor der eigenen Haustüre zusammenbraut. «Wir sind hier in der Schweiz», versucht gar Bloch seine durch den alltäglichen Antisemitismus verängstigte Frau noch kurz vor seiner Ermordung zu besänftigen.
Geschickt hat Berger verschiedene Zeitebenen miteinander verwoben. Das gelingt zum einen durch die zahlreichen Anachronismen. So befinden sich etwa in der Garage des Mechanikers Ischi keine zeitgemässen, sondern moderne Autos. Und auch das Plakat, auf das der junge Jacques zusammen mit seinem Vater in einer Gasse Payernes trifft, weist Bezüge zur heutigen SVP-Stilistik auf: Unter der Aufschrift «Voilà l’ennemi» picken schwarze Raben mit umgehängtem Davidstern oder Hammer und Sichel auf die Schweiz ein.
Aufgebrochen wird der Erzählrahmen zum anderen aber auch durch den Protagonisten Jacques Chessex. Sowohl als Achtjähriger wie auch als späterer Schriftsteller beobachtet dieser die Geschehnisse und muss nach dem Erscheinen des Romans im Jahre 2009, als mittlerweile 75-Jähriger, ernüchtert feststellen, dass sich eine Debatte auf literaturwissenschaftliche Analysen in Kritikerforen oder zelebrierte Verzerrungen an der lokalen Fasnacht beschränkt. Das Gewicht der eigenen Vergangenheit wird auch viele Jahre danach von Neuem verdrängt. Nicole Gisler
Un Juif pour l’exemple ist ab 15. Mai 2017 als DVD im Handel erhältlich.
01. Juni 2017
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