Völkerwanderung auf dem Jakobsweg

Pilgern... das verbinde ich mit Horizonterweiterung, Selbstfindung und Einsamkeit, ferner mit dem Jakobsweg. Anscheinend tun dies viele, nicht nur in Gedanken: 48 969 Menschen sind in der ersten Jahreshälfte über den Wallfahrtsweg zum Grab des Jakobus gewandert. Für 2009 rechnet das Pilgerbüro in Santiago mit 140 000 Pilgern – die Wallfahrt wird zur Massenwanderung, wenn nicht gar zum Wettrennen: Auf den letzten hundert Kilometern vor Santiago müssen sich Pilger beeilen, wollen sie am Abend unangemeldet einen Schlafplatz ergattern.
Einsamkeit ist nun auf dem Jakobsweg wohl ebenso rar wie freie Betten. Das Wort «Pilger» kommt vom lateinischen «pelegrinus» – «Fremder». Trifft man auf dem Jakobsweg seine Nachbarn, verschwindet das Fremde wohl rasch. Und wer nur wenig Fremdes findet, findet sich selber wohl kaum. Den eigenen Weg aber, kann man auch weitab vom Jakobsweg suchen. Es gibt andere traditionelle Pilgerwege, wie die «Via Francigena» von Canterbury nach Rom mit ihren unzähligen Nebenwegen. Schliesslich kann jeder stille Pfad zum Pilgerweg werden, ob im fernen Santiago, in Rom oder im heimischen Dorfwald.

06. September 2009
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