Einst, vor hundert Jahren, sprachen sich die Abstinenzler für ein drogen-, vor allem alkoholfreies Leben aus. Damals gehörte die Abstinenzbewegung auch in der Schweiz zu den wichtigen sozialen Kräften. Rund 60 000 Personen sollen sich in unserem Land damals in entsprechenden Vereinen engagiert haben.
In den letzten Jahrzehnten ist allerdings auf kommunaler, kantonaler und eidgenössischer Ebene eine der mächtigsten «Volksbewegungen» entstanden, welche die damalige Bewegung weit in den Schatten gestellt hat: die Stimmabstinenzler. Das revidierte Tierseuchengesetz wurde vom «Stimmvolk» im letzten Herbst mit 68 Prozent angenommen. Aber wie können Medien und die Politik vom «Stimmvolk» reden statt «Skandal» zu rufen, wenn von rund fünf Millionen Stimmberechtigten sagenhafte 73 Prozent nicht teilgenommen haben?

Wann wird die Bewegung der Stimmabstinenzler, die über die letzten Jahrzehnte betrachtet, bei eidgenössischen Abstimmungen weit mehr als die Hälfte von uns ausmacht, ihre Stimme erheben und in einem «Schweizer Frühling» erklären, was ihre Ideen sind? Die Politik spricht heute gerne und oft davon, wie ungesund nicht-integrierte Parallelgesellschaften für ein Land seien. Wir in der Schweiz haben eine, deren Dimension alle bisherigen Volksbewegungen in den Schatten stellt.