Wir glauben alles, wissen nichts und haben die Wahrheit gepachtet

Wir glauben nicht mehr an Gott, sondern an Google. Mit unseren digitalen Augen schauen wir in die kleinste Ecke der Materie und in die entferntesten Winkel des Alls. Wir sind «so frei» und in der Lage, unsere Erde zu zerstören oder zu kultivieren. Wir haben also die Wahl. Unsere innere Haltung und Weltanschauung ist der entscheidende Faktor dabei. Aus der Serie: «Vom Geschöpf zum Schöpfer» von Andreas Beers. Teil 1: Einführung.

Michelangelo Buonarroti: Die Erschaffung Adams (Detailausschnitt) / © Foto: Andreas Beers

Wir leben in einer Zeit, in der rund um den Globus hemmungslos manipuliert, gelogen und betrogen wird, und dies mit tödlichen Folgen. Realität und Fakten werden bis ins Absurdeste verdreht, ja auf den Kopf gestellt. Viele sind die «Handlanger» von – im Verhältnis gesehen – sehr wenigen. Diese verhalten sich wie Pyromanen, die ihre Narrative mit tödlicher Sicherheit in die dafür passenden Gehirnwindungen der Mehrheit versenken. Der Begriff Pyromanie (von altgriechisch πῦρ pyr, deutsch «Feuer», und μανία maníā, «Raserei, Wut‚ Wahnsinn») bezeichnet die pathologische Brandstiftung. Die betroffenen Personen verspüren den Drang, Feuer zu legen, und beziehen aus der Tat Befriedigung. Von der Störung betroffene Personen werden Pyromanen genannt. Wir sollten uns von solchen Menschen weder führen noch verführen und schon gar nicht regieren lassen.

Kurz, sachlich und mit pragmatischer Klarheit beschreibt Dmitry Orlov den Zustand unserer Weltlage in dem 2020 veröffentlichen Buch Die Lehre vom Kollaps - die fünf Stufen des Zusammenbruchs und wie wir sie überleben: «Der Kollaps einer Gesellschaft beginnt mit der Erosion des Vertrauens in eine bessere Zukunft und erfolgt in fünf Stufen:

1. finanzieller Zusammenbruch
2. kommerzieller Zusammenbruch
3. politischer Zusammenbruch
4. sozialer Zusammenbruch
5. kultureller Zusammenbruch

Sind in einer globalisierten Welt die Stufen eins und zwei einmal in Gang gesetzt, ist diese Dynamik nicht mehr aufzuhalten. Spätestens dann muss es uns gelingen, das Vertrauen wieder aufzubauen. Dazu braucht es weder Prediger noch Propagandisten, sondern Wissen über die fünf Stufen eines Zusammenbruchs.» Nach meiner Einschätzung sind wir bereits bei Stufe 3 angelangt. Stufe 4 und 5 sind schon in Vorbereitung.

Die Fakten sprechen für sich, und ich kann der Analyse von Dmitry Orlov leider nur zustimmen. Ich bin jedoch entschieden gegen Zusammenbruch, lieber breche ich zusammen auf! Dass wir allein mit Wissen diesen Zustand verändern können, halte ich für ausgeschlossen. Vertrauen entsteht nicht oder nicht nur durch Wissen. Vertrauen ist ein Lebensgefühl, das uns aufgrund von Evidenz und gewonnener Gewissheit mit dem Leben und der Welt verbindet. Und Gewissheit hat nichts mit Wissen, sondern mit Gewissen zu tun. Kennen Sie den Unterschied? Empfinden Sie nach, und Sie werden staunen. Diese tief empfundene Gewissheit nenne ich innere Haltung, Weltanschauung oder Glaube. Evidenz bezeichnet das aufgrund von Augenschein oder zwingender Schlussfolgerung unbezweifelbar Erkennbare oder die dadurch erreichte unmittelbare Empfindung und Einsicht.

Jeder Mensch sollte Schöpfer seiner eigenen Weltanschauung sein. Unsere innere Haltung, die unserem Denken, Fühlen und Handeln zugrunde liegt, ist die Ursache für die Folgen und Wirkungen, die wir dadurch in der Welt erzeugen. Blicken wir in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Weltlage, so stellt sich die entscheidende Frage: Welche Weltanschauung und innere Haltung treibt uns in die aktuelle kollapsartige Weltsituation, die uns das Vertrauen in eine bessere Zukunft raubt?

Weltanschauung postuliert keine Wahrheiten und sollte niemals zur moralisierenden Ideologie erstarren. Es waren schon immer wenige, welche behaupteten, viele, die meinten, und noch mehr, die nicht selbständig dachten. Am Ende der Geschichte badete immer die Mehrheit den Irrsinn von den Wenigen aus. Welt und Menschheit befinden sich in einem sich stetig wandelnden physischen, seelischen und geistigen Evolutionsprozess. Darum gibt es keine endgültige Wahrheit, sondern nur eine sich stets weiterentwickelnde Bewusstseinserweiterung. Sie ermöglicht uns eine unabhängige innere Haltung und Einsicht ins Weltgeschehen.

Wir brauchen keine Pyromanen, die gleichzeitig die Feuerwehrkommandanten sind. Sprich: keine Umdeutung der Worte, keine Narrative als Wahrheiten, keine alten Machtstrukturen im Gewand einer neuen Wertegemeinschaft, und keine Psychopaten als Weltverbesserer. Wir sollten die Gesinnung der Brandstifter durchschauen, denn wenn wir mit demselben «Geistesfeuer», mit dem der Brand stets neu gelegt wird, ihn verhindern wollen, sind wir ein Leben lang mit löschen beschäftigt. Brechen wir also zusammen auf und werden vom Geschöpf zum Schöpfer.  

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Andreas Beers aus Bern ist Landwirt, Arbeitsagoge und Lehrer. Er kultiviert die Erde, sät und erntet, er denkt, spricht und schreibt über: Mensch, Erde und Himmel, oder was wir zum Leben brauchen.

«Wer Gott sieht, und Gott ist die Wahrheit, braucht sich nicht mehr mit der Vorstellung von ihm zu begnügen» (Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni, 1475 bis 1564. Italienischer Maler, Bildhauer und Baumeister)