Klima-Wissenschaftler kritisieren Agrarkraftstoffe

Eine Gruppe unabhängiger Wissenschaftler beklagt sich, dass die Kommentare des UNO-Klimarats (IPCC) gegenüber Agrarkraftstoffe – etwa aus Palmöl, Zuckerrohr oder Mais – reichlich naiv und zu positiv ausfallen. Der beteiligte Ted Patzek von der Universität von Kalifornien in Berkeley äusserte sich gegenüber der BBC mit den Worten: «Auf lange Sicht verkraftet es die Erde nicht, Agrarkraftstoffe zu produzieren, da uns Land, Wasser und andere natürliche Grundlagen ausgehen werden. Zusätzlich erzeugen diese Agrarkraftstoffe enorme Mengen an Treibhausgasen – mehr als danach je eingespart werden könnte –, da für ihre Produktion Land umgewidmet wird, Torfmoore trockengelegt werden und Regenwälder brennen.» Die Meinung sei zudem nicht haltbar, dass Agrarkraftstoffe im Verkehrsbereich generell positiven sozialen wie ökologischen Nutzen erbrächten, wie die IPCC meint.


Patzek zweifelt auch an, dass die brasilianische Ethanol-Produktion tatsächlich die Nachhaltigkeitskriterien der Vereinten Nationen erfüllt. Achim Steiner, Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), bezeichnete Brasiliens Weg als sehr fortschrittlich und ein Modell für andere Länder. Doch Patzek widerspricht: «Es ist weder gut, noch gar ein Modell.» Zwar würde für Zuckerrohr – Basis der Ethanol-Wirtschaft – noch kein Regenwald gerodet, doch vertrieben die grossen Unternehmer die kleinen Farmer oder kauften deren Land, worauf diese nach Amazonien abwanderten. Die Folge: Brandrodung für neue Viehweiden oder Felder.


Zumindest ansatzweise warnt auch Achim Steiner vor den Folgen des Agrardiesel-Booms: Der zur Zeit stark wachsende Agrarkraftstoffmarkt stehe vor einem Zusammenbruch, sollten die Erzeuger nicht bald garantieren können, dass ihre Produkte tatsächlich nachhaltig hergestellt werden. Zudem müssten sie sicherstellen, dass Agrarkraftstoffe nicht mehr Kohlendioxid erzeugt, als es letztlich vermeiden soll, warnt Steiner in einer Stellungsnahme gegenüber der BBC. Ansonsten drohe ein Boykott durch Konsumenten.


Steiner erwähnte dabei ausdrücklich die gegenwärtige Zerstörung der Regenwälder in Indonesien, anstelle derer zunehmend Palmöl-Plantagen für die Agrarkraftstoff-Erzeugung gepflanzt werden: Da Indonesien nicht in der Lage sei, die Landnutzung zu überwachen, könnte Agrardiesel aus indonesischem Palmöl womöglich niemals als nachhaltig gelten. Für Naturschützer gilt die Rodung der Torfwälder des Archipels als eine der schlimmsten Folgen des Agardiesel-Booms, da durch die Entwässerung und das Abbrennen der Wälder enorme Mengen Kohlendioxid frei werden – mehr als danach eingespart werden würden.


Quelle:
http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/7096819.stm
17. November 2007
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