Mit Kunst Grenzen überschreiten

Ein herausforderndes Grenz-Gespräch mit Nicolas Lindt, Andrea Pfeifer und ArtBeing XX in der Ausstellung ARS TERMINI der IG Halle Rapperswil, 27. Oktober 2024, 11:30 Uhr

ARS TERMINI – 5 Grenzüberschreitungen: Wer die aktuelle Ausstellung der IG Halle Rapperswil besucht, mag auf das Phänomen stossen, dass man Grenzen oft nicht sieht, weil man sich auf der einen oder anderen Seite befindet. Erst wenn man einen ungewohnten Schritt tut, macht sich die Grenze bemerkbar, zuerst vielleicht schmerzhaft, dann oft befreiend.
Schriftsteller Nicolas Lindt, Musikerin Andrea Pfeifer und ArtBeing XX: So verschieden ihre Erfahrungen sind, so verbunden sind sie doch in ihrem Mut, Grenzen zu überschreiten.

 

Doch wer ist ArtBeing XX? ArtBeings sind Menschen, die sich auf das Wagnis einlassen, von der Zürcher Künstlerin Maharishikaa Preeti zu einem lebenden Kunstwerk „gemeisselt“ zu werden. Wenn der Mensch zum Kunstwerk wird, dann wird das Bewusstsein zum „Material“ persönlicher Transformation sowie gesellschaftlicher Veränderung. Auf dieser Reise erfahren und dehnen ArtBeings über Jahre immer wieder die Grenzen ihrer Wahrnehmung. Auch hier sind die Hindernisse vorerst unsichtbar; nur wer einen Schritt wagt, bemerkt den eigenen Wahrnehmungshorizont und die sich öffnenden Möglichkeiten. Mit der Idee, dass der Mensch selbst zum Kunstwerk wird, dehnt die Konzeptkünstlerin und Mystikerin Maharishikaa Preeti zudem die Grenzen des vorherrschenden Kunstbegriffs.

Über diese abenteuerliche Unternehmung und die neue Kunstrichtung wird beim Podium vom 27. Oktober 2024 ArtBeings XX sprechen. Wie ist es, von einer Künstlerin „gemeisselt“ zu werden? Wird man dabei verformt oder nimmt man die eigene wahre Gestalt an?

Für eine breitere und feinere Wahrnehmung erhebt auch Andrea Pfeifer immer wieder ihre Stimme. Und zwar mit Songtexten, die sie selbst schreibt und teilweise auch eher lyrisch rezitiert als singt. Die freischaffende Musikerin, auch bekannt als Yoki, verleiht gesellschaftspolitischen Themen Wort und Klang. Mit ihrer Band Alva Lün hingegen erforscht sie Sphären jenseits der vertrauten Realität. So wird sie im Podiumsgespräch unter anderem aus ihrer Nahtoderfahrung über jene eine Grenze sprechen, die uns alle erwartet.

Selbstkritischer Grenzgänger
Mit dieser Grenze befasst sich auch Nicolas Lindt: Er gestaltet Rituale für Übergänge im Leben, für Trauungen, Taufen und Abdankungen. Als Schriftsteller schreibt er wahre Geschichten, die einerseits eine fortwährende Reflexion über die Welt und sich selbst sind, und andererseits dazu auffordern, kulturelle, ideologische und persönliche Grenzen zu sprengen.  

Ausstellung ARS TERMINI
Der mythologische römische Gott Terminus, zuständig für Grenzen und Grenzsteine, leiht der Ausstellung seinen Namen. Unter anderem in den Medien Fotografie, Netzkamera, Installation, ArtBeing und Objekt setzen sich die Kunstschaffenden mit Grenzen auseinander. 

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Unsichtbare Grenzen
In seiner Fotoserie „Human Territoriality“ hat Roger Eberhard über drei Jahre hinweg Orte fotografiert, durch die früher einmal eine Landesgrenze verlief, die dann verlegt wurde, sei es durch Verschiebungen in der Geologie oder in Machtverhältnissen. Zu sehen ist unter anderem die Krimbrücke. Nicht zu sehen sind die Grenzen. 

Seltene Einblicke ermöglicht Beatrice Minda mit ihrer fotografischen Erkundung „Iran. Interrupted“. In dieser Arbeit aus den Jahren 2010/11 ist es ihr gelungen, die Grenze zwischen öffentlichem Aussenraum und privatem Innenraum zu überschreiten, die in der iranischen Tradition besonders radikal gestaltet wurde. 

Auf den Leib gerückt
Durch den Raum im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil windet sich auch ein Tunnel aus Ground Pipes, Kunststoffrohren, in denen normalerweise Glasfaserkabel verlegt werden. Mit seinen abstehenden Kabelbindern, die das schwarze Geflecht zusammenhalten, wirkt er auf manche Besucher wie Stacheldraht – ein wenig Überwindung kostet es, ihn zu betreten. Das Werk ist von der Solothurner Künstlerin Fraenzi Neuhaus eigens für diese Ausstellung geschaffen worden, um die eigenen Körpergrenzen erlebbar zu machen.

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Grenzwertig?
Spätestens jedoch angesichts der Live Streams aus Webcams und Überwachungskameras hat man das Gefühl, eine Grenze zu überschreiten und Menschen heimlich zu beobachten. Kurt Caviezel nutzt solche Kameras, die oft überraschend einfach zugänglich sind, seit über 20 Jahren als künstlerisches Medium. 

Vom Objekt zum Talisman
Mit dem Werk von Maharishikaa Preeti kommt man ins Hier und Jetzt zurück. Der PreetiMirror fordert zum Blick in den Spiegel auf. Das Objekt, das gleichzeitig als Talisman wirkt, ist Teil des seit 2002 laufenden ArtBeings-Projekts, das inzwischen international auf wachsendes Interesse stösst. 

Kunst als Entwicklungsimpuls
Alle vier Teilnehmenden des Podiumsgesprächs, einschliesslich des Moderators und Kurators Guido Baumgartner, beschreiten unkonventionelle Wege. Als erste Institution in der Schweiz hat die IG Halle Rapperswil 2016 in ihrer Gruppenausstellung FACE TO FACE lebende Kunstwerke ausgestellt. Die drei ArtBeings waren auf Sockeln platziert ‒ im Gegensatz zu herkömmlichen Skulpturen kamen sie jedoch mit den Besuchern in rege Gespräche. Auch in ihren Anlässen ermöglicht die IG Halle, die seit ihrer Gründung 1992 im Namen von Kunst ‒ Experiment ‒ Diskurs arbeitet, aussergewöhnliche Begegnungen, indem sie Menschen aus unterschiedlichsten Tätigkeitsgebieten zu Wort kommen lässt. Im Mittelpunkt ihrer Aktivität steht die transformative Kraft künstlerischen Schaffens, die direkt berührt und somit zweifellos einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leistet.

Grenz-Gespräch mit Nicolas Lindt, Andrea Pfeifer und ArtBeing XX
Datum: 27. Oktober 2024, 11:30 Uhr
Ort: Kunst(Zeug)Haus, Schönbodenstr. 1,  Rapperswil
Gesprächsleitung: Guido Baumgartner, Kurator IG Halle
Eintritt: CHF 25.–
Die Ausstellung ARS TERMINI mit Maharishikaa Preeti, Fraenzi Neuhaus, Roger Eberhard, Beatrice Minda und Kurt Caviezel läuft bis 3. November 2024. 
ighalle.ch

22. Oktober 2024
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