Nicht nur am Weltwassertag: Wasser muss ganz oben auf die politische Agenda
Daniel Hartmann, ehemaliger Chef Sektion Grundwasserschutz beim Bund, zum Weltwassertag und Weltgletschertag: Es ist dringend, dass wir für unsere Ernährungssicherheit das Trinkwasser – unser Lebensmittel Nr. 1 – zuoberst auf die politische Agenda bringen.
Schmelzende Gletscher. Foto: Angie Corbett Kuiper
Schmelzende Gletscher. Foto: Angie Corbett Kuiper

Über 25 Jahre habe ich als Chef Sektion Grundwasserschutz beim Bundesamt für Umwelt gearbeitet. Schon für die Trinkwasserinitiative habe ich mich stark engagiert, jetzt auch als Mit-Initiant der Volksinitiative «Für eine sichere Ernährung – durch Stärkung einer nachhaltigen inländischen Produktion, mehr pflanzliche Lebensmittel und sauberes Trinkwasser».

Es ist dringend, dass wir für unsere Ernährungssicherheit das Trinkwasser – unser Lebensmittel Nr. 1 – zuoberst auf die politische Agenda bringen. Im Wasserschloss Europas ist es inzwischen leider nicht mehr selbstverständlich, Grundwasser ohne Aufbereitung als Trinkwasser nutzen zu können. Denn in vielen Trinkwasservorkommen finden sich für Mensch und Umwelt schädliche Stoffe. Sie stammen überwiegend aus der Landwirtschaft, weil selbst in der Nähe von Trinkwasserfassungen Dünger und Pestizide eingesetzt werden.

Meine langjährige Seeländer Wohngemeinde konnte noch bis 2012 Trinkwasser aus "eigener Produktion" liefern. Heute muss die Gemeinde das Trinkwasser beim Wasserverbund "Grosses Moos" fremdbeziehen, weil sie ihr eigenes Grundwasser nicht vorschriftsmässig geschützt hat. Immer mehr Gemeinden stehen vor dem gleichen Problem und müssen ihre Trinkwasservorkommen schliessen.

Die Landwirtschaftspolitik verschärft die Situation immer weiter. Das Departement Rösti will keinen Grenzwert für hochgiftiges Insektizid. Gleichzeitig sollen ohne Prüfung 80 Pestizide zugelassen werden, die in der EU eingesetzt werden, in der Schweiz aber bis heute verboten sind. Zudem verknappt und verschlechtert der Klimawandel die Verfügbarkeit von Wasser für die Trinkwasserversorgung und die Produktion von Lebensmitteln zunehmend. Unsere Gletscher schmelzen rasant: 38 Prozent weniger Volumen in 24 Jahren.

In den Hitzesommern 2003, 2015, 2018, 2019, 2022 und 2023 haben wir erlebt, wie schnell Wasser knapp werden kann. Doch bis heute gibt es für unsere Trinkwasserversorgung keine nationale Strategie und Sachplanung, wie das für Strom, Verkehr u.a. selbstverständlich ist. Dieser Blindflug bei der Wasserversorgung ist gefährlich und fahrlässig.

Ich danke allen, die sich für unsere Initiative einsetzen. Damit machen wir die Trinkwasserversorgung zum Bestandteil der Ernährungssicherheit und geben dem Bund in diesem wichtigen Bereich die nötigen Kompetenzen für eine national koordinierte Planung unserer Wasserversorgung. So werden die für die Trinkwasserversorgung erforderlichen Grundwasserressourcen gegen weitere Verschmutzung, konkurrenzierende Nutzungen und klimatische Herausforderungen abgesichert.

hartmann

Daniel Hartmann
ehemaliger Chef Sektion Grundwasserschutz und
Mit-Initiant der Initiative «Für eine sichere Ernährung»

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