Die «Unternehmenssteuerreform», ein Meilenstein in der Zerstörung der Rechtsgleichheit

Die Unternehmenssteuerreform, über die wir am 24. Februar abstimmen, ist eine so schlechte Vorlage, dass sie auch von den Bürgerlichen abgelehnt werden müsste. Dass sie es nicht tun, zeigt, wie gründlich sich das Bürgertum vom Liberalismus – «gleiche Freiheiten für alle» – abgewandt hat und wie blind für die Normen des Rechtsstaates es mittlerweile geworden ist.

Schon der Begriff der «steuerlichen Doppelbelastung», den der Bundesrat in seiner Botschaft gewählt hat und die es mit der Vorlage angeblich zu beseitigen gilt, zeugt von einer ernsthaften Verwirrung. Eine Kapitalgesellschaft und die Besitzer ihrer Anteile sind nämlich getrennte juristische Einheiten, das ist ja Sinn und Zweck dieser Einrichtung. Mit einer Aktiengesellschaft können die Besitzer im Verlustfall ihr Privatvermögen vor dem Zugriff der Gläubiger der Gesellschaft schützen, auch bei eindeutigen wirtschaftlichen und personellen Verflechtungen.  Ob diese Haftungsbeschränkung so sinnvoll ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Tatsache ist, dass die Trennung von juristischen und natürlichen Personen einer der Grundpfeiler unserer Rechtsordnung ist.

Dividenden aus den versteuerten Gewinnen einer juristischen Person, die an andere juristische oder natürliche Personen fliessen, sind deshalb ganz normales Einkommen und steuerlich auch als solches zu behandeln. Jedes Geld, das irgendwo im Land verdient wird, war einmal das Einkommen von andern und ist schon mehrmals versteuert worden. Trotzdem spricht niemand von Doppelbelastung.

Wenn nun die Besitzer von Aktien gegenüber anderen Personen privilegiert werden sollen, so ist dies nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, sondern auch eine schrittweise Demontage des Prinzips der Rechtsgleichheit. Wie weit man diese Demontage noch treiben kann, bevor sie als Zerstörung bezeichnet werden muss, werden die künftigen Historiker zu beurteilen haben. Es fehlt nicht mehr viel und die destruktive Dynamik überschreitet eine Grenze, nach der es kein Zurück mehr gibt. Dann werden sich die Menschen ihre Rechte wieder zurückholen, mit den Mitteln, die ihnen halt zur Verfügung stehen.

Christoph Pfluger
31. Januar 2008
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Christoph Pfluger

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Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".

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