Nebel benennen und vertreiben

Die Stücke von Bertolt Brecht werden im Neoliberalismus versimpelt inszeniert oder links liegen gelassen. Jetzt ist eine „Text und Kommentar“-Ausgabe von „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ erschienen.


Ein Trend hat halt meistens einen Gegentrend, der ebenfalls kommerziell ausgenutzt wird. Das brandneue Taschenbuch präsentiert gut strukturiert das Theaterstück selbst sowie Geschichte und Stand der „Puntila/Matti“-Forschung und Interpretation. Brechts in den 40-er Jahren im Exil entstandenes „Volksstück“ ist vielschichtig, aussagekräftig, brillant und führt eine klare, differenzierte und bewusste Sprache.

Immer noch Avantgarde
Die Existenz von bürgerlichen Ideologien wird heute meist bestritten oder sie werden als Naturgesetze ausgegeben. Verlierer des Neoliberalismus werden zu Versagern und Schmarotzern gestempelt und gesellschaftliche Aufsteiger mystifiziert und nachgeahmt. Da tut ein Text wie „Puntila/Matti“ gut, der den Propagandanebel benennt und vertreibt. So gesehen ist Brecht nicht von vorgestern, sondern immer noch Avantgarde.
db

Bertolt Brecht: Herr Puntila und sein Knecht Matti, Text und Kommentar. Suhrkamp BasisBibliothek, 2008, 190 Seiten, Fr. 11.80
23. August 2008
von: