Das grosse Geschäft im Deckmantel «Welternährung».

Mit bäuerlicher Landwirtschaft den Hunger besiegen

«Europa ist und bleibt Netto-Importeur von Lebensmitteln, die Fläche ist nun mal begrenzt. Wenn Europas Agrarwirtschaft einen Beitrag zur Versorgung der Welt mit Nahrung und Energie leisten will, dann geht das nur mit noch grösseren Importen von Futtermitteln. Jede Tonne Milchpulver, Käse oder Fleisch, die europäische Exporteure mehr ausführen wollen, kann nur erzeugt werden mit mehr importiertem Futter, vor allem Soja aus Südamerika.»Dies stellt Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fest. «Eine ausreichende Ernährung der Weltbevölkerung kann nicht über eine agrarindustrielle ölgesteuerte Produktion, sondern nur über eine klimaverträgliche solargestützte bäuerliche Landwirtschaft gesichert werden.»

«Der Agrarexport- und Gentechnik-Industrie geht es nicht um die Hungernden der Welt, sondern um ihr eigenes Geschäft. Sie hat die Debatte um die Welternährung entdeckt und will damit für ihre Interessen werben. Sogar das Instrument der Exportsubventionen will sie wieder aktivieren. Politik und Öffentlichkeit dürfen darauf nicht hereinfallen. Denn diese Weltmarktausrichtung zerstört die ländliche Wirtschaft sowohl in den Ländern, die die Futtermittel liefern, als auch in den Ländern, in die verbilligt exportiert wird. Nicht zuletzt wirkt diese Export-Strategie auch bei uns zerstörerisch, wie das Beispiel Milch aktuell zeigt, denn die gedumpten Weltmarktpreise, an denen die Milchindustrie ihre Auszahlungspreise orientiert, sind auch für unsere Milchbauern katastrophal», so Graefe zu Baringdorf weiter.

Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft warnte: «Was die Agrarwirtschaft und die Agrarpolitik bisher ankündigt ist nichts anderes als 'business as usual'. Das hat aber die weltweiten sozialen und ökologischen Krisen bisher nicht etwa reduziert, sondern mit verursacht. Auch wenn die Weltbevölkerung auf 9 Milliarden Menschen im Jahr 2050 ansteigt, müssen wir unsere Klima-Emissionen drastisch runterfahren, uns der bereits unvermeidlichen Erwärmung anpassen, unsere bedrohten Ressourcen an lebendiger Vielfalt, an Wasser und Boden erhalten. Das geht nur, wenn jetzt eine radikale Wende unserer Agrar-, Handels-, Entwicklungs- und Forschungspolitik beginnt.»

Haerlin ergänzte: «Über 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt haben im Auftrag von UNO und Weltbank den sogenannten Weltagrarbericht (IAASTD) verfasst. Das zentrale Ergebnis lautet: Es kommt nicht darauf an, mehr zu produzieren, sondern gesunde Lebensmittel zu lokal erschwinglichen und gesellschaftlich wie ökologisch vertretbaren Preisen herzustellen, und zwar dort, wo sie gebraucht werden. Es ist höchste Zeit, dass wissenschaftliche Wunder-Versprechen von dürre- und flutresistenten Gentechnik-Pflanzen oder das Alchimisten-Latein von einer 'neuen Grünen Revolution' den Blick auf das Notwendige nicht länger verstellen. Die Wende ist unvermeidlich. Je früher wir damit beginnen, desto weniger Menschen müssen bis dahin hungern», so Haerlin, der einer der Autoren des Weltagrarberichtes ist.

Quelle:
AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
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15. Januar 2009
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