Landraub auf Kosten der dritten Welt
Seit geraumer Zeit kaufen und pachten grosse Konzerne auch im Auftrag nationaler Regierungen riesige Ländereien in Dritte-Welt-Staaten, um dort industriell Landwirtschaft zu betreiben. Die Ernte wird in die Auftragsstaaten exportiert. Die Bevölkerung in den Anbaustaaten hungert. Inzwischen wird offen von «Neokolonialismus» oder «Turbokolonialismus» gesprochen. Im Gegensatz dazu steht der wissenschaftliche Befund des von den Vereinten Nationen in Auftrag gegebenen landwirtschaftlichen IAASTD-Berichts des Weltagrarrates: Nur eine Agrarwirtschaft, die regional, nachhaltig und vielseitig wirtschaftet, ist in der Lage, die gesamte Weltbevölkerung auch in Zukunft mit Lebensmitteln zu versorgen. Die neokolonialen Bestrebungen der jüngsten Zeit widersprechen einer sachbezogenen und menschengerechten Lösung des Ernährungsproblems und führen unweigerlich zu Konflikten.
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Beispielhat ist Mafagaskar mit seiner reichhaltigen Flora und Faune und seinen grossen Rohstoffvorkommen. Hier «pachtete» der südkoreanische Daewoo-Konzern 1,3 Mio. Hektar besten Agrarlandes – kostenfrei. Zum Vergleich: Die Fläche der Schweiz beträgt 4,1 Mio. Hektar. Als Gegenleistung bot Daewoo Logistics die Einstellung von ungelernten Landarbeitern für den Anbau von Mais und Palmöl an. Mais und Palmöl seien als Lebensmittel oder als Agrosprit für den Export nach Südkorea vorgesehen. Wenn man bedenkt, dass Madagaskar über insgesamt 2,5 Millionen Hektar anbaufähige Landfläche verfügt, dann heisst das, dass über die Hälfte des nutzbaren Landes der riesigen Insel verpachtet wären. Madagaskar gilt als sehr armes Land. Deshalb erscheint dieser Vertrag nicht nur fragwürdig, sondern geradezu sittenwidrig. Das Unternehmen habe inzwischen seinen Rückzug angekündigt, man suche ein «besseres Klima für Investitionen im Agro-Business-Bereich» (vgl. www.ntv.de vom 14. April).
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Weitere Beispiele
Das Middle East Foodstuff Consortium, ein Zusammenschluss von 15 saudischen Investoren unter Führung der Bin Ladin Group, wurde von der saudischen Regierung beauftragt, langfristig die nationalen Versorgungsprobleme durch Landerschliessungen im Ausland zu lösen. Morgan Stanley erwarb kürzlich 40 000 Hektar Land in der Ukraine. Hyundai Heavy Industries pachtete 50 000 Hektar in Russlands Osten. Riesige Landflächen wurden unter anderen auch in Indonesien, Sudan, Myanmar, Laos, Simbabwe oder Pakistan verpachtet oder verkauft. Meistens werden bilaterale Verträge zwischen den Regierungen ausgehandelt, allfällige Exportbeschränkungen für Nahrungsmittel werden beseitigt, die spätere Übernahme des Geschäfts durch private Unternehmen wird vereinbart, und die Langfristigkeit der Verträge wird gesichert. Dass dabei mit korrupten Regimes verhandelt wird, ist eher die Regel als die Ausnahme.
Der Widersinn dieser Entwicklung wird an einem kleinen Beispiel deutlich. 2007 erhielt der Sudan 283 000 Tonnen Hirse als Hilfeleistung für die Darfur-Region aus den USA. Gleichzeitig exportierte das Land die gleiche Menge Getreide, 2008 exportierte es sogar die doppelte Menge. Der Export stammte hauptsächlich aus den vom Sudan an Saudi-Arabien (mehr als 10 000 Hektar) und an die Vereinigten Arabischen Emirate (378 000 Hektar) verpachteten Land (vgl. «Süddeutsche Zeitung» vom 1. April).
Quelle: Zeit-Fragen vom 4. Mai 2009
Ganzer Text: http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2009/nr18-vom-452009/landraub-auf-kosten-der-dritten-welt/
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Beispielhat ist Mafagaskar mit seiner reichhaltigen Flora und Faune und seinen grossen Rohstoffvorkommen. Hier «pachtete» der südkoreanische Daewoo-Konzern 1,3 Mio. Hektar besten Agrarlandes – kostenfrei. Zum Vergleich: Die Fläche der Schweiz beträgt 4,1 Mio. Hektar. Als Gegenleistung bot Daewoo Logistics die Einstellung von ungelernten Landarbeitern für den Anbau von Mais und Palmöl an. Mais und Palmöl seien als Lebensmittel oder als Agrosprit für den Export nach Südkorea vorgesehen. Wenn man bedenkt, dass Madagaskar über insgesamt 2,5 Millionen Hektar anbaufähige Landfläche verfügt, dann heisst das, dass über die Hälfte des nutzbaren Landes der riesigen Insel verpachtet wären. Madagaskar gilt als sehr armes Land. Deshalb erscheint dieser Vertrag nicht nur fragwürdig, sondern geradezu sittenwidrig. Das Unternehmen habe inzwischen seinen Rückzug angekündigt, man suche ein «besseres Klima für Investitionen im Agro-Business-Bereich» (vgl. www.ntv.de vom 14. April).
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Weitere Beispiele
Das Middle East Foodstuff Consortium, ein Zusammenschluss von 15 saudischen Investoren unter Führung der Bin Ladin Group, wurde von der saudischen Regierung beauftragt, langfristig die nationalen Versorgungsprobleme durch Landerschliessungen im Ausland zu lösen. Morgan Stanley erwarb kürzlich 40 000 Hektar Land in der Ukraine. Hyundai Heavy Industries pachtete 50 000 Hektar in Russlands Osten. Riesige Landflächen wurden unter anderen auch in Indonesien, Sudan, Myanmar, Laos, Simbabwe oder Pakistan verpachtet oder verkauft. Meistens werden bilaterale Verträge zwischen den Regierungen ausgehandelt, allfällige Exportbeschränkungen für Nahrungsmittel werden beseitigt, die spätere Übernahme des Geschäfts durch private Unternehmen wird vereinbart, und die Langfristigkeit der Verträge wird gesichert. Dass dabei mit korrupten Regimes verhandelt wird, ist eher die Regel als die Ausnahme.
Der Widersinn dieser Entwicklung wird an einem kleinen Beispiel deutlich. 2007 erhielt der Sudan 283 000 Tonnen Hirse als Hilfeleistung für die Darfur-Region aus den USA. Gleichzeitig exportierte das Land die gleiche Menge Getreide, 2008 exportierte es sogar die doppelte Menge. Der Export stammte hauptsächlich aus den vom Sudan an Saudi-Arabien (mehr als 10 000 Hektar) und an die Vereinigten Arabischen Emirate (378 000 Hektar) verpachteten Land (vgl. «Süddeutsche Zeitung» vom 1. April).
Quelle: Zeit-Fragen vom 4. Mai 2009
Ganzer Text: http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2009/nr18-vom-452009/landraub-auf-kosten-der-dritten-welt/
09. Mai 2009
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