Ende Mai wurde das Verfahren gegen die deutsche Kapitänin und Aktivistin Carola Rackete eingestellt. Sie wurde 2019 verurteilt, weil sie gegen den Willen der italienischen Regierung Geflüchtete aus Lybien aufs europäische Festland gebracht hatte. Ihr Fall hat internationale Kontroversen ausgelöst und die Diskussion über die Seenotrettung neu entfacht.

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Die heute 33-jährige Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Carola Rackete wurde weltbekannt, als sie 2019 als Kapitänin des Schiffes «Sea-Watch 3» 53 Geflüchtete vor dem Ertrinken im Mittelmeer rettete und nach Lampedusa brachte, obwohl die italienischen Behörden dies verboten hatten. Sie wurde in der Folge angeklagt und zu einer Geldstrafe von 16’600 Euro verurteilt, wogegen sie Widerspruch einlegte.

Der Fall führte international zu heftigen Kontroversen. Die zuständige italienische Untersuchungsrichterin Alessandra Vella erhielt Morddrohungen, weil sie die Beschuldigungen gegen Rackete zurückwies und die Meinung vertrat, die Verpflichtung zur Seenotrettung sei nach internationalem Seerecht stärker zu gewichten als gesetzliche Regelungen in Italien – Rackete habe mit der Aktion ihre Pflicht erfüllt. Der UN-Menschenrechtsrat seinerseits verurteilte  die Kriminalisierung der Seenotrettung und die Einschüchterung der italienischen Justiz durch die Medien und den damaligen Innenminister Matteo Salvini. Erst am 19. Mai 2021 wurde das Verfahren gegen Rackete endgültig eingestellt.

Rackete, die nach ihrer Ausbildung als nautische Offizierin Naturschutzmanagements studiert hatte, war vor ihrem Einsatz im Projekt Sea Watch unter anderem auch auf Schiffen von Greenpeace und der British Antarctic Survey tätig gewesen. Hilfe für Geflüchtete zu leisten, ist für sie eine moralische Verpflichtung, wie sie im Interview mit der Zeitung «La Repubblica» betonte. Gegenüber dem Spiegel sagte sie im Juni 2019: «Wenn uns nicht die Gerichte freisprechen, dann die Geschichtsbücher. Ich bin bereit, die Konsequenzen bis dahin zu tragen.»

Carola Rackete wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Karl-Küpper-Preis und der Ehrenmedaille des katalanischen Regionalparlaments. Wir ziehen den Hut vor dem Mut der Aktivistin anlässlich des Weltflüchtlingstages, der übermorgen Sonntag stattfindet.

 

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