Garantiert das Arztgeheimnis den Patienten ihre Persönlichkeitsrechte?
Nicht immer gilt das Arztgeheimnis. Gegenüber einer Aufsichtsbehörde sind Ärzte in manchen Fällen auskunftspflichtig. Der Verein Ethik und Medizin Schweiz hat Stellung dazu genommen und empfiehlt Ärzten, sich für die vollumfängliche Erhaltung der Schweigepflicht einzusetzen.
Patienten verlassen sich darauf, dass ihre medizinischen Daten ärztlicher Schweigepflicht unterliegen. Die Arzt-Patienten-Beziehung basiert nicht nur auf dem Vertrauen in ärztliche Kompetenz und Sorgfalt, sondern auch auf dem Vertrauen in die Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Geht es nach dem Bundesgericht, so soll dies aber nicht länger gewährleistet sein; Behörden dürfen Einsicht in Patientendossiers verlangen.
Zwei Artikel in der Schweizerischen Ärztezeitung thematisieren den entsprechenden Bundesgerichtsentscheid: «Wie reagiere ich auf Auskunftsbegehren der Aufsichtsbehörde?» und «Das Bundesgericht präzisiert die Rechtsprechung zum Arztgeheimnis».
Der Zentralvorstand der FMH leistet gegen diesen doch recht erheblichen Eingriffs in die Patientenrechte enttäuschend wenig Widerstand. Dr. med. Catja Carla Wyler van Laak, FMH Schwerpunkt forensische Psychiatrie und Psychotherapie, ist mit diesem Anliegen an den Verein Ethik und Medizin Schweiz gelangt (wir berichteten).
Der VEMS hat, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie die rechtliche Situation ist, bei Prof. Ueli Kieser ein Rechtsgutachten eingeholt. Prof. Kieser stellt Fragen zur Verfassungsmässigkeit des Urteils und hält fest: «Die im kantonalen Gesetz vorgesehene proaktive periodische Kontrolle darf nicht beinhalten, dass ohne bereits bestehende konkrete Anhaltspunkte eines verpönten Verhaltens einzig mit Blick auf die Qualitätssicherung Eingriffe in das Privat- und Familienleben vorgenommen werden. Die Würdigung des Bundesgerichts überzeugt nicht.»
Es lohnt sich, dass Ärzte sich im Interesse ihrer Patienten gegen diesen Bundesgerichtsentscheid wehren, und es wäre zu begrüssen, wenn auch der Zentralvorstand der FMH mehr Engagement gegen diese weitere Erosion der Grundlage ihrer Tätigkeit zeigen würde.
Links:
Verein Ethik und Medizin Schweiz
Wie reagiere ich auf Auskunftsbegehren der Aufsichtsbehörde?
Das Bundesgericht präzisiert die Rechtsprechung zum Arztgeheimnis
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