«Freiheit für Michael Ballweg» – friedliche Demonstration vor der Justizvollzugsanstalt Stammheim

Seit fast neun Monaten ist Michael Ballweg, Stuttgarter Unternehmer und Gründer von Querdenken 711, nun in Untersuchungshaft. Am 12. März 2023 erinnerte ein Zug von mehr als 1300 Demonstranten ein weiteres Mal an das zweifelhafte Vorgehen der Justizbehörden in seinem Fall.

Foto: Christine Born

Vom Marktplatz Zuffenhausen, einem Vorort in Stuttgart, gingen die Demonstranten bis zur Justizvollzugsanstalt in Stammheim. Trommler und Schweizer Trychler - mit den großen Kuhglocken – sowie Teilnehmer mit allerlei Percussion-Instrumenten und Friedensfahnen machten die Bewohner der Vororte auf den Demonstrationszug aufmerksam und sorgten unter den Demonstranten für Gemeinschaft und Zusammenhalt. Die Polizei weiss, dass diese Demonstrationen absolut friedlich verlaufen und begleitete zurückhaltend. 

Vor dem Stammheimer Gefängnis sammelte sich der Zug und hörte den Rednern zu. Der Filmemacher Kai Stuht plädierte für mehr Demokratie und Meinungsfreiheit. Nicht nur er sieht in Michael Ballweg einen politischen Gefangenen, wie der Beifall der Demonstrationsteilnehmer für seine Rede zeigte. 

Justizbehörden kommunizieren nicht offen mit dem Anwalt und dem Inhaftierten 
Ralf Ludwig, einer der vier Anwälte von Michael Ballweg, wies darauf hin, dass Michael Ballweg nicht der einzige politische Gefangene in Deutschland sei. Es gebe Ärzte und Ärztinnen, aber auch politische Aktivisten, die in ganz Deutschland hinter Gittern sässen. Das Ausstellen von Maskenattesten sei leider immer noch ein Thema, obwohl der medizinische Nutzen des Maskentragens nicht evident sei. 

Im November 2022 wurde der Haftbefehl für Michael Ballweg geändert von «vollendetem» zu «untauglichem» Versuch des Betrugs. Die Rechtsanwälte wurden dazu nicht gehört, leider keine Ausnahme in diesem Verfahren. Michael Ballweg musste bei einer Anhörung fünf Stunden mit einer Hand an einen Tisch gefesselt dasitzen. Er hatte keine Akteneinsicht; und als ein Anwalt das monierte, wurde er als «Lügner» bezeichnet. Gehörsrufe wurden nicht berücksichtigt und zurückgewiesen. 

Bundesverfassungsgericht verwies zurück an das Oberlandesgericht
Das Bundesverfassungsgericht, das Ballwegs Anwälte mittlerweile eingeschaltet hatten, verwies zurück ans Oberlandesgericht. «Das bedeutet, dass das Oberlandesgericht die Gehörsrufe jetzt ernst nehmen und sich damit auseinandersetzen muss», so Ralf Ludwig. 

Am 29. März 2023 muss das OLG erneut entscheiden. Die nächste Haftprüfung wird dann eine neue Richterin vornehmen. Denn der Richter, der zuvor entschieden hat, ist vom Fall Ballweg entbunden worden. Sein Abschlussbericht, der aussagt, was Michael Ballweg eigentlich noch vorgeworfen wird, wurde dem Anwalt nicht vorgelegt. Von der Staatsanwaltschaft habe man seit dem 20. Dezember 2022 nichts mehr gehört.

Verlängerung der U-Haft nicht möglich
«Michael Ballweg über den 29. März 2023 hinaus festzuhalten, ist in meinen Augen unmöglich», erklärt Ralf Ludwig. «Aber ich muss zugeben, vieles, was hier abläuft, ist für mich als Rechtsanwalt Neuland. Ich hätte es nicht für möglich gehalten.» 

Jetzt macht man dem Stuttgarter Unternehmer wegen seiner Steuererklärung Vorwürfe, die er nicht abgeben konnte, weil er in U-Haft sass. 
«Man muss sich das einmal vorstellen, das Finanzamt ist der Auffassung, die Geldschenkungen der Teilnehmer waren das Eintrittsgeld für die Demonstrationen. Dafür fordert man Nachversteuerung.» 

Es sehe so aus, meint der Anwalt, als versuche man dem Organisator bedeutsamer Protestdemonstrationen mit allen Mitteln etwas juristisch Verwertbares anzuhängen.  
In einem SWR-Beitrag gibt eine Demonstrantin darauf eine klare Antwort: «Er ist weggesperrt, weil er unbequem ist. Aber wir sind nicht klein zu kriegen. Wir kommen immer wieder, bis er frei ist.» 

Mehr Demonstrierende als geplant
Der Veranstalter hatte mit 350 Teilnehmern und Teilnehmerinnen gerechnet, es kamen aber laut SWR 1300. Einige Menschen vor Ort schätzten mindestens 2000. Zwischen den Reden wurde gesungen: «Von guten Mächten wunderbar geborgen», das bekannte Lied von Dietrich Bonhoeffer. 

Bevor alle zum Abschluss um den grossen Gebäudekomplex der JVA zogen, kam der Höhepunkt der Veranstaltung: Mehr als 1300 Menschen schwiegen für etwa zehn Minuten und verbanden sich mit und in ihrer Herzensenergie. Leitmotiv war die innerliche, liebevolle Verbindung der Menschen, mit der sie die gesellschaftliche Spaltung überwinden möchten. 

Das meditative Element, das Michael Ballweg in die Freiheitsbewegung eingebracht hat, war dafür Vorbild. Ein ergreifender Moment – und eine enorme Leistung für eine so grosse und heterogene Menschengruppe. Diese liebevollen und deutlichen Friedenssignale werden von den Medien – wie etwa dem SWR – aber noch nicht wahrgenommen und erwähnt. 

20. März 2023
von:

Kommentare

Worte

von juerg.wyss
Ich möchte zu Bedenken geben, dass einige Worte bei mir ein Rotlicht aufleuchten liessen. Dies ist keine Kritik an den Schreiber, es ist vielmehr ein Hinweis, dass die Gesellschaft Worte verwendet, die nicht das wiedergeben was Sache ist. Ich möchte anfangen mit "dem zweifelhaften Vorgehen der Justizbehörde" es handelt sich um ein illegales Vorgehen der Justiz. Das Vorgehen entspricht nicht den Justizregeln, sondern es zeigt eine Willkür. Man kann nicht jemanden einen Gesetzesverstoss anhängen mit einem Gesetzesverstoss des Richters. Und als letzter Hinweis für diesen Satz. Die Justiz ist keine Behörde, nur in einem Polizeistaat kann man von einer Justizbehörde schreiben. Dann möchte ich fortfahren mit der Evidenz der Masken. Die Evidenz der Masken ist, dass sie kein probates Mittel zur Pandemiebekämpfung sind. Kai Stuht plädierte für mehr Demokratie und Meinungsfreiheit. Für mehr Demokratie kann nicht plädieren, man kann nur für Demokratie plädieren. Auch die Meinungsfreiheit ist in dem Fall von Michael Ballweg nicht angebracht. Er hatte die Freiheit, seine Meinung kund zu tun, was aber seine Freiheit als Person einschränkte, er ist im Knast, kann aber immer noch sagen was er denkt, also ist seine Meinungsfreiheit nicht gefährdet. Aber seine Freiheit wurde eingeschränkt, weil er seine Meinung kund tat. So ist nicht die Freiheit der Meinung gefragt, sondern die Freiheit trotzdem er seine Meinung kund tat. Was ich der Justiz noch anhängen will, man kann nicht einen Haftbefehl während der Untersuchungshaft ändern. Und ein "untauglicher Versuch des Betruges" ist kein Haftgrund. Ich denke, das reicht für den Moment. Ich will Euch nicht überfordern, Ihr müsst die Fehler selber erkennen in unserer Sprache, die im Augenblick nur dazu dient, dass man andere Meinungen aufgrund der eigenen Meinungsfreiheit gar nicht mehr wahrnimmt. Was nützt die Meinungsfreiheit wenn keiner zuhört? Zensur vom Feinsten.