Pionierstudie zeigt: Sortenschutz-Gesetze gefährden Menschenrecht auf Nahrung

Auf Druck von Industriestaaten wie der Schweiz werden viele Entwicklungsländer zur Übernahme strenger internationaler Sortenschutzgesetze gedrängt. Die bahnbrechende Menschenrechtsanalyse «Owning Seeds, Accessing Food» beschreibt und belegt erstmals die existenzielle Gefährdung, welche eine solche Zwangsangleichung für die von traditioneller Saatgut-Vermehrung abhängigen Kleinbauernfamilien im Süden bedeuten würde.

Mit dem Beitritt zum Internationalen Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) verpflichtet sich ein Staat, kommerzielles Saatgut (z.B. von Syngenta) gesetzlich stärker zu schützen. Für kleinbäuerliche Familien in Entwicklungsländern hat eine solche „UPOVisierung nationalen Rechts“ massive Einschränkungen bei der Verwendung von geschütztem Saatgut aus ihrer eigenen Ernte zur Folge. Die Verschärfung der Sortenschutzgesetze gefährdet das Menschenrecht auf Nahrung: Dies zeigt der unter der Federführung der EvB erstellte NGO-Report «Owning Seeds, Accessing Food» in Analysen der Beispielländer Kenia, Peru und den Philippinen.

Entwicklungsländer werden häufig mittels Handelsverträgen zum UPOV-Beitritt gedrängt. Auch die Schweiz hat in ihren bilateralen Freihandelsabkommen wiederholt entsprechende Forderungen formuliert. Zugleich weigert sie sich bislang aber, die zur Verhinderung negativer Auswirkungen auf die Ernährungslage in Partnerländern notwendigen Menschenrechtsanalysen durchzuführen. Deshalb hat die EvB zusammen mit internationalen NGOs und lokalen ForscherInnen ein ambitioniertes Projekt durchgeführt, das detailliert analysiert wie sich UPOV-Restriktionen auf informelle Saatgutsysteme und auf das Recht auf Nahrung marginalisierter Bevölkerungsgruppen auswirken würde.

Aus den Resultaten dieser umfangreichen Pionierstudie leiten sich folgende Forderungen ab:


  • Vor der Überführung von UPOV-Standards in nationales Recht müssen Regierungen zwingend eigene Menschenrechtsanalysen durchführen.
  • Zum Schutz ihrer kleinbäuerlichen Bevölkerung sollten Regierungen die vorhandenen Spielräume ausnutzen, welche ihnen das TRIPS-Abkommen und andere internationale Vereinbarungen bieten.
  • Die Schweiz soll in Freihandelsverträgen auf jegliche Forderungen betreffend Sortenschutzrechten verzichten.
  • Die Schweizer Regierung muss endlich Menschenrechtsanalysen durchführen, bevor sie neue Freihandelsabkommen abschliesst. Nur damit kann sie sicherstellen, dass sie ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachkommt.


Der Bericht «Owning Seeds, Accessing Food» befindet sich hier (PDF, 2.2 MB).

Quelle: www.evb.ch