Wege aus dem Administrationsdickicht
In vielen Institutionen gerät der schöpferische Geist und das menschliche Engagement unter Druck. Engagierte Mitarbeiter, die etwas bewegen wollen, sehen sich mit Kaskaden administrativer Hindernisse konfrontiert. Das Überhandnehmen der Verwaltungslogik führt zu einer Ressourcenverschiebung: mehr Zeit und Geld für administrative Abläufe, weniger für die Kernaufgaben. Besonders deutlich zeigt sich dies im Gesundheitswesen, wo Spitalärzte, Spitexfachpersonen usw. mit Dokumentation und anderer Büroarbeit bisweilen mehr Zeit verbringen als mit der Arbeit an und für PatientInnen.
Wer in einer Institution etwas Neues in Bewegung bringen will, muss typischerweise zuerst ein Projekt mit detailliertem Budget und Zeitplan formulieren. Bei etwas wirklich Neuem, und sei es noch so klein, ist das strikt gedacht unmöglich. Die Pointe des Neuen ist ja gerade, dass man nicht genau weiss, in welche Richtung es geht und wie lange es dauert. Solche innovativen Prozesse ersticken im administrativen Korsett von Projektformularen und -Bewilligungsflussdiagrammen, von Budgetierungen usw.
Überadministration wird oft von zeitfressender Software unterstützt, aber die Resultate sind bescheiden. Die Formulare müssen nicht nur ausgefüllt, sondern von anderen ausgewertet werden. Das kostet und dafür ist Geld anscheinend in genügender Menge vorhanden.
Mehr Administration wird oft ökonomisch verkauft: Einsparungen, mehr Einnahmen und bessere Qualität werden als Argumente vorgebracht. Doch das Gegenteil tritt ein. Bürokratisierung ist teuer; man muss sie sich leisten können. Deshalb tritt sie vor allem in monopolähnlichen Institutionen auf: im Gesundheitswesen, in der Bildung, in der Verwaltung und in Konzernen mit dominierender Marktstellung.
Gegenüber dieser diffusen Entwicklung braucht es vielfältige und geschickte Reaktionen:
Für mich ist das Biotop der Sachengagierten die wichtigste Strategie, denn: Sie freut von Anfang an; sie ist Erholung und Veränderungswirkung zugleich. Der Weg des reinen Widerstands hingegen birgt oft Ausbrenngefahr. Wie ein solches Biotop aussehen könnte, was wir dafür brauchen, was nächste Schritte sein könnten, daran möchte ich am 8. November gerne mit anderen zusammen weiterdenken.
Aufgezeichnet von Christoph Pfluger
Dr. Dr. Christof Arn hat in Theologie und in Religionswissenschaften promoviert und ist als selbständiger Ethiker primär im Gesundheits- und Sozialwesen sowie an verschiedenen Fachhochschulen tätig. Ausserdem ist er Co-Leiter des Zentrums für Lernen und Lehren an der Hochschule Luzern. Sein Spezialgebiet ist der Ethik-Transfer: ethische Reflexion in Organisationen konkret hilfreich machen.
Unter dem Titel «Unser Ding» lädt er auf den 8. November zu einem Gedankenaustausch zum Thema Überadministration ein. Interessierte können sich melden via: [email protected]
www.ethikprojekte.ch
Wer in einer Institution etwas Neues in Bewegung bringen will, muss typischerweise zuerst ein Projekt mit detailliertem Budget und Zeitplan formulieren. Bei etwas wirklich Neuem, und sei es noch so klein, ist das strikt gedacht unmöglich. Die Pointe des Neuen ist ja gerade, dass man nicht genau weiss, in welche Richtung es geht und wie lange es dauert. Solche innovativen Prozesse ersticken im administrativen Korsett von Projektformularen und -Bewilligungsflussdiagrammen, von Budgetierungen usw.
Überadministration wird oft von zeitfressender Software unterstützt, aber die Resultate sind bescheiden. Die Formulare müssen nicht nur ausgefüllt, sondern von anderen ausgewertet werden. Das kostet und dafür ist Geld anscheinend in genügender Menge vorhanden.
Mehr Administration wird oft ökonomisch verkauft: Einsparungen, mehr Einnahmen und bessere Qualität werden als Argumente vorgebracht. Doch das Gegenteil tritt ein. Bürokratisierung ist teuer; man muss sie sich leisten können. Deshalb tritt sie vor allem in monopolähnlichen Institutionen auf: im Gesundheitswesen, in der Bildung, in der Verwaltung und in Konzernen mit dominierender Marktstellung.
Gegenüber dieser diffusen Entwicklung braucht es vielfältige und geschickte Reaktionen:
- Das System austricksen: «game the system» wird sogar von Vorgesetzten empfohlen.
- Gewisse Vorgaben wohlüberlegt nicht einhalten.
- Die Dinge besser machen, als das System erlaubt – der Königsweg.
- Widerstand gegen die Bürokratisierung leisten. Auch das kann erfolgreich sein und geschieht in administrativen Abteilungen, wenn etwa ein Controlling die Anzahl der Jahresabschlüsse von vier auf drei reduziert.
- Innere Energieverschiebung: sich de-identifizieren vom «Apparat» der Institution, bei der man arbeitet, sich verstärkt identifizieren mit der Aufgabe, die man für die Sache und konkrete Menschen tut – und die einem verbindet mit vielen Menschen auf dieser Welt, die Ähnliches tun. Vor allem: sich mit solchen Menschen auch tatsächlich austauschen, mehr noch als bisher, so dass ein «Biotop der für Sache und Menschen Engagierten» entsteht.
Für mich ist das Biotop der Sachengagierten die wichtigste Strategie, denn: Sie freut von Anfang an; sie ist Erholung und Veränderungswirkung zugleich. Der Weg des reinen Widerstands hingegen birgt oft Ausbrenngefahr. Wie ein solches Biotop aussehen könnte, was wir dafür brauchen, was nächste Schritte sein könnten, daran möchte ich am 8. November gerne mit anderen zusammen weiterdenken.
Aufgezeichnet von Christoph Pfluger
Dr. Dr. Christof Arn hat in Theologie und in Religionswissenschaften promoviert und ist als selbständiger Ethiker primär im Gesundheits- und Sozialwesen sowie an verschiedenen Fachhochschulen tätig. Ausserdem ist er Co-Leiter des Zentrums für Lernen und Lehren an der Hochschule Luzern. Sein Spezialgebiet ist der Ethik-Transfer: ethische Reflexion in Organisationen konkret hilfreich machen.
Unter dem Titel «Unser Ding» lädt er auf den 8. November zu einem Gedankenaustausch zum Thema Überadministration ein. Interessierte können sich melden via: [email protected]
www.ethikprojekte.ch
30. Oktober 2013
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