Widerstand gegen gegen französisches «Öko»-Flughafenprojekt

In Notres-Dame-des-Landes, nahe Nantes (F), soll bis 2017 auf 2000 Hektaren Agrarland ein internationaler Flughafen mit Öko-Label entstehen. Am vergangenen Wochenende haben gegen 10’000 Personen dagegen protestiert. Zum dreitägigen Widerstand unter dem Motto pour un autre choix de société hatte die coordination des opposants au projet d’aéroport de Notre-Dame-des-Landes aufgerufen.
Vinci dégage, zu Deutsch: Vinci verschwinde! Die Forderung der tausenden von GegnerInnen, welche gestern Sonntag mittels eines gigantischem menschlichem Fresko in Vigneux-sur-Bretagne  inszeniert wurde, war deutlich: der französische Baukonzern Vinci soll sofort seine Arbeiten für den geplanten internationalen Flughafen mit Öko-Label einstellen.


Vor Ort solidarisierten sich am Wochenende unter anderem auch die Präsidentschaftskandidaten Eva Joly (Europe Écologie/Les Verts, EELV), Nicolas Hulot  (parteilos) und Philippe Poutou (Nouveau Parti Anticapitaliste, NPA). Letzterer kritisierte, dass fast die Hälfte des 550-Millionen Projekts von der öffentlichen Hand gezahlt, hingegen der Flughafen von einer privaten Gruppe dirigiert werden soll. Ende 2010 hatte der conseil d’état Vinci die Konzession zum Bau des Flughafens und dessen Verwaltung für 55 Jahre erteilt. Die Parti Socialiste (PS) und die Union pour un mouvement populaire (UMP) unterstützen das Projekt, eine breite Front  von über 34 Associations (u.a. Acipa, Adeca), linken Parteien und Bewegungen (u.a. Parti de Gauche, Les Alternatifs) will es verhindern. Während sich die BefürworterInnen auf eine 2008 erschienene öffentliche Untersuchung stützen, welche die Notwendigkeit des Projekts deklariert, spricht die Opposition von einem überholten, nicht notwendigen und die Umwelt zerstörenden Unterfangen. Eine im September 2011 erscheinende Studie soll dies beweisen.


Auch José Bové, europäischer Abgeordneter der EELV und geachteter Aktivist und Politiker war das ganze Weekend über präsent. Er erinnerte an den gewonnenen Kampf gegen das geplante Militärcamp in Larzac (1971-81), welches schliesslich vom neu gewählten PS-Präsidenten Francois Mitterand annuliert wurde.  Bové wertete die Präsenz der mehreren Tausend DemonstrantInnen und der nationalen PolitikerInnen als Beweis, dass der Kampf gegen das Flughafen-Projekt nunmehr eine nationale Angelegenheit sei. Eva Joly (EELV) versprach indes vor Ort: „Wenn wir 2012 mit der Linken an die Macht kommen, wird es ein unmittelbares Moratorium geben.“


Bereits Ende der 1960er Jahre wurde das Flughafen-Projekt im Nordosten Frankreichs initiiert, 1973 und 1979 durch die Öl-Schocks gebremst und dann weitgehend auf Eis gelegt, bis Jean-Marc Ayrault (seit 1989 Bürgermeister der PS in Nantes) im Jahr 2000 das schlummernde Projekt zu neuem Leben erweckte. 2001 fand die erste Demonstration statt, seit 2009 findet eine permanente Wachsamkeit vor dem conseil générale von Nantes-Atlantique statt. Eine Petition gegen das Projekt wurde bisher von 18’416 Personen unterschrieben. Seit zwei Jahren findet der Widerstand auch in direkter Aktion vor Ort seinen Ausdruck: mehr als 100 AktivistInnen besetzen rund 20 Häuser und Landabschnitte.