Wie viele stecken im Zeckenkrieg?
Die Psychiaterin Ursula Talib-Benz hat sich gezwungenermassen auf chronische Borreliose spezialisiert. Immer mehr Patienten mit unspezifischen Symptomen landeten nach einer Odyssee von Arzt zu Arzt schliesslich bei ihr. Nach Jahren praktischer Arbeit ist sie zur Einsicht gelangt, dass wahrscheinlich gegen 20 Prozent der Bevölkerung an dieser «Epidemie» leidet. Nun hat sie beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) Alarm geschlagen.
«Die chronische Borreliose ist eine äusserst heimtückische Krankheit. Sie ist einerseits in der Lage, Symptome anderer Krankheiten zu imitieren, anderseits lädt sie durch ihren extrem langsamen und schubweisen Verlauf zu Fehldiagnosen ein», sagt Ursula Talib-Benz. Verschärfend kommt ihrer Ansicht nach hinzu, dass die hierzulande gängigen Antikörpertests unzuverlässig sind. Die Psychiaterin plädiert deshalb dafür, die Bevölkerung nach einheitlichen Kriterien prophylaktisch und flächendeckend auf Borreliose zu testen. «Das wäre einfach und würde unnötige Glaubenskämpfe und unsachliche Debatten ersparen.» Betroffene werden üblicherweise von Arzt zu Arzt geschickt und schliesslich, da diese nichts finden, als SimulantInnen psycho-pathologisiert. Mit zuweilen dramatischen Folgen: Talib-Benz spricht von Arbeitsunfähigkeit, sozialem Abstieg, gar von Selbstmord aus Verzweiflung.
Zickige Zecken
1982 wurde der Erreger der hinterhältigen Krankheit entdeckt. Der Schweizer Zeckenspezialist Willy Burgdorfer konnte den lange gesuchten Erreger der Lyme-Borreliose identifizieren. Inzwischen ist er nach ihm bennant: Borrelia burgdorferi. Die Erreger (Borrelien) sind sich bewegende, spiralförmige Bakterien, sogenannte Spirochäten, die auch andere hochansteckende Krankheiten wie Syphilis übertragen. Träger der Bakterien ist hauptsächlich die «Holzbock» genannte Schildzecke, von denen je nach Schätzung bis zu 50 Prozent infiziert sein können.
Wer gebissen wird, tut gut daran die blutsaugende Milbe möglichst rasch mit einer Zeckenzange oder Zeckenkarte zu entfernen und die Einstichstelle zu desinfizieren. Geschieht dies innert 12 Stunden, besteht keine Ansteckungsgefahr. Nach 24 Stunden steigt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bereits auf ein Drittel, nach 48 Stunden liegt sie bei hundert Prozent. Die häufigsten Symptome einer Infektion: im Zentrum ein blasser roter Fleck oder Ring, der sich ausweitet. Dazu kommen – ähnlich einem grippalen Infekt unspezifischer Natur – leichte Kopf- und Gliederschmerzen und allgemeines Unwohlsein. Wird eine Borreliose im Frühstadion nicht behandelt, folgen heftige Kopfschmerzen, Gelenkentzündungen und Schwindelattacken. Im späten Borreliose-Stadium können gar Lähmungen und psychische Veränderungen auftreten.
Während über die Anamnese der Borreliose unter den Fachleuten weitgehend Einigkeit herrscht, tobt in Fragen der Ausbreitung und Therapie ein Glaubensstreit, der im Internet bereits kriegerische Züge angenommen hat.
Gemäss neusten Erhebungen des BAG erkranken jährlich in der Schweiz rund 10‘000 Menschen an Borreliose. Die Dunkelziffer dürfte jedoch grösser sein, da weder Meldepflicht besteht, noch jede Borreliose erkannt wird. «Die Borreliose verläuft in der Regel gutartig und heilt ohne Spätfolgen ab», sagt BAG-Sprecherin Mona Neidhardt. In etwa fünf Prozent der Fälle komme es zu Spätfolgen, die gemäss Fallberichten zu wesentlichen Einschränkung im Alltag führen können. Die entsprechenden Zahlen der Universität Heidelberg, die für Deutschland eine Erkrankungsrate von nur gerade 0,3-1,4 Prozent der von Zecken Gestochenen annimmt, hält Talib-Benz für «massiv untertrieben».
Der Antibiotika-Krieg
Eine Borreliose, sagt Bernard Hirschel von der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie, werde in der Regel rechtzeitig erkannt und Frühsymptome seien verlässlich behandelbar. Das Standardrezept der Schulmedizin ist dabei eine zwei- bis vierwöchige Antibiotikatherapie. «Viel zu kurz!» sagen Armin Schwarzbach und Carsten Nicolaus vom Borreliose Centrum Augsburg. Die beiden Ärzte behandelten nach eigenen Angaben bereits über 13‘000 Menschen mit chronischer Borreliose. Ihre Diagnose basiert auf den von Bernard Hirschel kritisierten Tests und einer Checkliste, die mehr als 160 (!) Symptome umfasst. Hat eine Patientin genügend Symptome angekreuzt und weist zudem auffällige Laborwerte auf, wird ihr eine chronische Borreliose attestiert. Dass diese Methode zwiespältig anmutet, dürfte den Patienten egal sein. Sie sind froh, nach monate- oder gar jahrelanger Odyssee endlich einen Befund zu haben. So lassen sich viele Betroffene auf die Langzeitantibiose ein und lassen sich über Monate, mitunter Jahre Antibiotika verabreichen, in der Regel intravenös.
Doch die Therapie ist umstritten, ihre Kosten werden von den Kassen nicht übernommen. Darüber hinaus zeigt sie teilweise derart happige Nebenwirkungen, dass sich der Verdacht aufdrängt, Borreliose-Betroffene würden mit Antibiotika krank-behandelt. Dass sowohl Borrelien als auch Antibiotika das Immunsystem schwächen, ist bekannt; zusammen sind sie selbst für einen gesunden Menschen eine schwere Belastung. Der Name sagt es: «Anti-Bios» – gegen das Leben. Antibiotika zerstören nicht nur allfällige Erreger, sondern auch die für die körpereigenen Abwehrkräfte essentielle Darmflora. Sie begünstigen Pilzinfektionen und können allergische Reaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen allergischen Schock auslösen.
Ob es eine Alternative zu Antibiotika gibt? Eine neue Therapie soll nächstes Jahr auf den Markt kommen: Der US-Pharmakonzern Baxter vermeldet, man habe einen Impfstoff gegen Borreliose letztes Jahr «erfolgreich getestet». Trotz derzeit noch notwendigen äusserst hohen und wiederholten Dosen ist man bei Baxter zuversichtlich, den Impfstoff bald weltweit einzusetzten. Eine Borreliose-Hysterie käme da gelegen. Denn wenn eine Krankheit pandemisch auftritt, sind Massenimpfungen ein Milliarden-Geschäft. Die Chancen für Baxter stehen gut: Im Zuge der Hirnhautentzündungs-Impfkampagne wurden ab 1981 ganze Landstriche von den USA über Europa und Russland bis nach China zu Zeckenepidemiegebieten erklärt.
Joggen im Walde
Die Naturheilkunde kennt viele Mittel, die bei Borreliose helfen können. Dabei werden nicht primär die Erreger bekämpft, sondern die Selbstheilungskräfte angeregt, indem der Körper entgiftet und das Immunsystem gestärkt werden. Borrelien können bei einem geschwächten Immunsystem schlimme Folgen haben, grundsätzlich aber kann der Mensch mit ihnen in Symbiose leben. Das zeigen auch Untersuchungen an Waldarbeitern: Über ein Drittel der von Zecken gebissenen Männer haben ohne medizinische Hilfe Abwehrmechanismen entwickelt, die sie vor der Krankheit bewahrten.
Der beste Schutz vor Borreliose ist – wie bei anderen Krankheiten auch – ein starkes Immunsystem. Dazu bedarf es vor allem einer gesunden Lebensweise und Bewegung an der frischen Luft. Eine Lösung der Borreliose-Problematik wäre demnach, so oft als möglich durch die Wälder zu joggen. Bei genügend Training wird man fit genug, um den Zicken der Zecken zu entkommen.
__________________
Zecken als Kriegswaffe?
Borrelien gibt es seit Jahrmillionen, Borreliose hingegen ist eine Krankheit der Moderne. Erstmals wurde sie 1975 in der US-amerikanischen Kleinstadt Lyme beobachtet. Lyme liegt unweit der Insel Plum Island. Im dort ansässigen Hochsicherheitsforschungszentrum «Plum Island Animal Disease Center of New York» (PIADCNY) wurde damals mit Bakterien und Viren geforscht – auch mit Zecken. Dabei könnten Borrelien verändert worden sein, um sie als B-Waffen einzusetzen; mit Zecken als «Trägermaterial», das man über Feindesgebiet abwirft!? Für den Biologischen Dienst der Schweizer Armee (BDA) ist dieser happige Verdacht keineswegs abwegig. Gemäss einer Studie des BDA können Zecken den Erreger der Hasenpest (Tularämie) übertragen. Die hochansteckende Krankheit gilt als potentieller B-Kampfstoff.
_______________________
Literatur:
Wolf-Dieter Storl: «Borreliose natürlich heilen. Ethnomedizinisches Wissen, ganzheitliche Behandlung und praktische Anwendungen», AT Verlag, 2007
Werner Kühne, Walter Holst: «Naturheilverfahren bei Borreliose. Krankheitsbild, Diagnose und praktische Anwendungen», AT Verlag, 2008
Zickige Zecken
1982 wurde der Erreger der hinterhältigen Krankheit entdeckt. Der Schweizer Zeckenspezialist Willy Burgdorfer konnte den lange gesuchten Erreger der Lyme-Borreliose identifizieren. Inzwischen ist er nach ihm bennant: Borrelia burgdorferi. Die Erreger (Borrelien) sind sich bewegende, spiralförmige Bakterien, sogenannte Spirochäten, die auch andere hochansteckende Krankheiten wie Syphilis übertragen. Träger der Bakterien ist hauptsächlich die «Holzbock» genannte Schildzecke, von denen je nach Schätzung bis zu 50 Prozent infiziert sein können.
Wer gebissen wird, tut gut daran die blutsaugende Milbe möglichst rasch mit einer Zeckenzange oder Zeckenkarte zu entfernen und die Einstichstelle zu desinfizieren. Geschieht dies innert 12 Stunden, besteht keine Ansteckungsgefahr. Nach 24 Stunden steigt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bereits auf ein Drittel, nach 48 Stunden liegt sie bei hundert Prozent. Die häufigsten Symptome einer Infektion: im Zentrum ein blasser roter Fleck oder Ring, der sich ausweitet. Dazu kommen – ähnlich einem grippalen Infekt unspezifischer Natur – leichte Kopf- und Gliederschmerzen und allgemeines Unwohlsein. Wird eine Borreliose im Frühstadion nicht behandelt, folgen heftige Kopfschmerzen, Gelenkentzündungen und Schwindelattacken. Im späten Borreliose-Stadium können gar Lähmungen und psychische Veränderungen auftreten.
Während über die Anamnese der Borreliose unter den Fachleuten weitgehend Einigkeit herrscht, tobt in Fragen der Ausbreitung und Therapie ein Glaubensstreit, der im Internet bereits kriegerische Züge angenommen hat.
Gemäss neusten Erhebungen des BAG erkranken jährlich in der Schweiz rund 10‘000 Menschen an Borreliose. Die Dunkelziffer dürfte jedoch grösser sein, da weder Meldepflicht besteht, noch jede Borreliose erkannt wird. «Die Borreliose verläuft in der Regel gutartig und heilt ohne Spätfolgen ab», sagt BAG-Sprecherin Mona Neidhardt. In etwa fünf Prozent der Fälle komme es zu Spätfolgen, die gemäss Fallberichten zu wesentlichen Einschränkung im Alltag führen können. Die entsprechenden Zahlen der Universität Heidelberg, die für Deutschland eine Erkrankungsrate von nur gerade 0,3-1,4 Prozent der von Zecken Gestochenen annimmt, hält Talib-Benz für «massiv untertrieben».
Der Antibiotika-Krieg
Eine Borreliose, sagt Bernard Hirschel von der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie, werde in der Regel rechtzeitig erkannt und Frühsymptome seien verlässlich behandelbar. Das Standardrezept der Schulmedizin ist dabei eine zwei- bis vierwöchige Antibiotikatherapie. «Viel zu kurz!» sagen Armin Schwarzbach und Carsten Nicolaus vom Borreliose Centrum Augsburg. Die beiden Ärzte behandelten nach eigenen Angaben bereits über 13‘000 Menschen mit chronischer Borreliose. Ihre Diagnose basiert auf den von Bernard Hirschel kritisierten Tests und einer Checkliste, die mehr als 160 (!) Symptome umfasst. Hat eine Patientin genügend Symptome angekreuzt und weist zudem auffällige Laborwerte auf, wird ihr eine chronische Borreliose attestiert. Dass diese Methode zwiespältig anmutet, dürfte den Patienten egal sein. Sie sind froh, nach monate- oder gar jahrelanger Odyssee endlich einen Befund zu haben. So lassen sich viele Betroffene auf die Langzeitantibiose ein und lassen sich über Monate, mitunter Jahre Antibiotika verabreichen, in der Regel intravenös.
Doch die Therapie ist umstritten, ihre Kosten werden von den Kassen nicht übernommen. Darüber hinaus zeigt sie teilweise derart happige Nebenwirkungen, dass sich der Verdacht aufdrängt, Borreliose-Betroffene würden mit Antibiotika krank-behandelt. Dass sowohl Borrelien als auch Antibiotika das Immunsystem schwächen, ist bekannt; zusammen sind sie selbst für einen gesunden Menschen eine schwere Belastung. Der Name sagt es: «Anti-Bios» – gegen das Leben. Antibiotika zerstören nicht nur allfällige Erreger, sondern auch die für die körpereigenen Abwehrkräfte essentielle Darmflora. Sie begünstigen Pilzinfektionen und können allergische Reaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen allergischen Schock auslösen.
Ob es eine Alternative zu Antibiotika gibt? Eine neue Therapie soll nächstes Jahr auf den Markt kommen: Der US-Pharmakonzern Baxter vermeldet, man habe einen Impfstoff gegen Borreliose letztes Jahr «erfolgreich getestet». Trotz derzeit noch notwendigen äusserst hohen und wiederholten Dosen ist man bei Baxter zuversichtlich, den Impfstoff bald weltweit einzusetzten. Eine Borreliose-Hysterie käme da gelegen. Denn wenn eine Krankheit pandemisch auftritt, sind Massenimpfungen ein Milliarden-Geschäft. Die Chancen für Baxter stehen gut: Im Zuge der Hirnhautentzündungs-Impfkampagne wurden ab 1981 ganze Landstriche von den USA über Europa und Russland bis nach China zu Zeckenepidemiegebieten erklärt.
Joggen im Walde
Die Naturheilkunde kennt viele Mittel, die bei Borreliose helfen können. Dabei werden nicht primär die Erreger bekämpft, sondern die Selbstheilungskräfte angeregt, indem der Körper entgiftet und das Immunsystem gestärkt werden. Borrelien können bei einem geschwächten Immunsystem schlimme Folgen haben, grundsätzlich aber kann der Mensch mit ihnen in Symbiose leben. Das zeigen auch Untersuchungen an Waldarbeitern: Über ein Drittel der von Zecken gebissenen Männer haben ohne medizinische Hilfe Abwehrmechanismen entwickelt, die sie vor der Krankheit bewahrten.
Der beste Schutz vor Borreliose ist – wie bei anderen Krankheiten auch – ein starkes Immunsystem. Dazu bedarf es vor allem einer gesunden Lebensweise und Bewegung an der frischen Luft. Eine Lösung der Borreliose-Problematik wäre demnach, so oft als möglich durch die Wälder zu joggen. Bei genügend Training wird man fit genug, um den Zicken der Zecken zu entkommen.
__________________
Zecken als Kriegswaffe?
Borrelien gibt es seit Jahrmillionen, Borreliose hingegen ist eine Krankheit der Moderne. Erstmals wurde sie 1975 in der US-amerikanischen Kleinstadt Lyme beobachtet. Lyme liegt unweit der Insel Plum Island. Im dort ansässigen Hochsicherheitsforschungszentrum «Plum Island Animal Disease Center of New York» (PIADCNY) wurde damals mit Bakterien und Viren geforscht – auch mit Zecken. Dabei könnten Borrelien verändert worden sein, um sie als B-Waffen einzusetzen; mit Zecken als «Trägermaterial», das man über Feindesgebiet abwirft!? Für den Biologischen Dienst der Schweizer Armee (BDA) ist dieser happige Verdacht keineswegs abwegig. Gemäss einer Studie des BDA können Zecken den Erreger der Hasenpest (Tularämie) übertragen. Die hochansteckende Krankheit gilt als potentieller B-Kampfstoff.
_______________________
Literatur:
Wolf-Dieter Storl: «Borreliose natürlich heilen. Ethnomedizinisches Wissen, ganzheitliche Behandlung und praktische Anwendungen», AT Verlag, 2007
Werner Kühne, Walter Holst: «Naturheilverfahren bei Borreliose. Krankheitsbild, Diagnose und praktische Anwendungen», AT Verlag, 2008
23. September 2014
von:
von:
- Anmelden oder Registieren um Kommentare verfassen zu können