Wird Wasser in Berlin zur parlamentarischen Chefsache?

Um die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe rückgängig zu machen, war von der Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ letztes Jahr ein Volksbegehren gestartet worden, dass fast 40.000 Berlinerinnen und Berliner unterstützten. Der Senat hat die Zulassung des Volksbegehrens aus juristischen Gründen abgelehnt. Die Bürgerinitiative fordert mit ihrem Volksbegehren ein Gesetz zur Offenlegung von Geheimverträgen, die der Senat mit den Konzernen RWE und Veolia abgeschlossen hat. Der Senat lehnt dies ab, weil die Offenlegung der Geheimverträge gegen höherrangiges Recht verstoßen soll. Vorrangig würde eine Offenlegung die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Konzerne verletzen, so der Senat. Die Interessen der Bürger und Verbrauchen wurden vom Senat in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.


Die Bürgerinitiative hat im April gegen die Ablehnung des Senats Einspruch vor dem Verfassungsgericht eingelegt und wird in dem Prozess von dem ausgewiesen Wirtschaftsrechtler und Vorstandsvorsitzendem der Berliner Verbraucherzentrale Prof. Keßler vertreten. Darüber hinaus nutzen die Initiatoren auch die Möglichkeiten des neuen Abstimmungsgesetzes (Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid vom 20. Februar 2008): Das Gesetz räumt den Abgeordneten die Möglichkeit ein, dass ein vom Senat abgelehntes Volksbegehrengesetz „inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand unverändert“ angenommen werden kann (§ 17 Abs. 7 AbstG). In einem persönlichen Anschreiben haben Vertreter der Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ sich an jeden Berliner Abgeordneten gewandt, um auf diese Möglichkeit einer gemeinsamen Zielerreichung von Bürgern und Volksvertretern hinzuweisen. Die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe wird unterdessen von allen Parteien als schwerwiegender Fehler betrachtet. Eine fraktionsübergreifende Gesetzgebungsinitiative aus der Mitte des Abgeordnetenhauses kann mit der Gesetzesvorlage des Volksbegehrens die Voraussetzungen schaffen, damit die umstrittenen Vertragsdokumente endlich unabhängig und öffentlich überprüft werden können.


Einzelne Passagen sind informell bekannt und unterlaufen ein Urteil des Berliner Verfassungs ge richts hofs zum Teilprivatisierungsgesetz. Der Verfassungsgerichtshof hatte 1999 im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens einzelne Schritte zur Kalkulation der Wasserpreise für verfassungswidrig erklärt. Nach Ansicht der Initiatoren unterlaufen die geheimen Verträge die höchstrichterlichen Auflagen, mit der Folge, dass im bundesdeutschen Städtevergleich die Menschen in Berlin mit die höchsten Wasserpreise in Deutschland zahlen müssen.

Weitere Informationen:
www.berliner-wassertisch.net
30. Mai 2008
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