Armut: Die Menscherechte sind bei uns noch nicht angekommen!

Am 10. Dezember 1948 hat die Generalversammlung der UNO die «Allgemeine Erklärung der Menschenrechte» angenommen. Die aktuelle Lage zeigt, dass 60 Jahre später der Kampf weitergeht, besonders für diejenigen in unserer Bevölkerung, die wirtschaftlich benachteiligt sind.
 
An einer Veranstaltung der «Volksuniversität Vierte Welt» am 15. November haben Armutsbetroffene und interessierte Personen beschlossen, den Menschenrechten in der Schweiz zum Durchbruch zu ver-helfen. Die Volksuniversität Vierte Welt bemüht sich, den Artikel 19 (Meinungsäusserungsfreiheit)  umzusetzen, indem sie Armutsbetroffenen die Gelegenheit gibt, mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen. Sehr oft haben Armutsbetroffene keine Stimme. Sie werden nicht angehört und haben nicht das Recht, ihre Bedürfnisse und Erwartungen zu äussern. Sie müssen schweigen und das tun, was ihnen die verschiedenen Behörden vorschreiben.


Menschenrechts-Verletzungen
 
• Eine 66-jährige Frau wurde von den Behörden im Alter von zwölf Jahren zu nicht deklarierter Zwangsarbeit verpflichtet. Sie lebt nun von AHV und Ergänzungsleistungen. Ein Sozialarbeiter sagte ihr: «Wenn Sie zur Schule gegangen wären und eine Lehre gemacht hätten, wie alle Menschen, müssten Sie nicht von Steuergeldern leben!» (Recht auf Würde, Recht auf Schutz von Ruf und Ehre).
• Einer 40-jährigen Frau verweigern die Behörden das Recht, einen Zahnabszess behandeln zu lassen. Auch ihrem Sohn verweigern sie eine notwendige Operation. Eine andere alte Person kann die Brille nicht bezahlen, die sie unbedingt benötigt (Recht auf Gesundheit).
• Mehrere Personen in verschiedenen Städten leben in überfüllten Wohnungen mit Kleinkindern, Kindern oder Jugendlichen (Recht auf Wohnung).
• Ein Jugendlicher lebte seit mehreren Jahren in einem Heim und wurde zu seiner Mutter zurückgeschickt, als er volljährig war. Seine Mutter erlebt, wie ihre Sozialleistungen zurückgehen, obschon die Lasten grösser werden. Dies unter dem Vorwand, dass der Sohn Sozialhilfe erhalten und ihr von dem Geld etwas abgeben werde. Aber ihr Sohn erhält im Moment keine Hilfe (Recht auf ein Leben in Würde).
• Selten haben armutsbetroffene Menschen ein Recht auf Freizeit, obschon sie oft unter grossen Spannungen leben und von diesem Leben sehr müde sind (Recht auf Erholung und Freizeit).

 
Dramatische Situation
 
Aufgrund dieser dramatischen Situation appelliert die Bewegung „ATD Vierte Welt“ an die öffentliche Meinung, damit die Menschenrechte auch zu benachteiligten Menschen gelangen. Zudem verlangt „ATD Vierte Welt“, dass die nationale Strategie zum Kampf gegen die Armut auf den Menschenrechten beruht.
• Der Bundesrat muss eine Kampagne lancieren, um Vorurteile zu bekämpfen, die darauf hinzielen, Armutsbetroffene als «Schmarotzer», als «Missbraucher»oder als «Nichtsnutzer» zu bezeichnen.
• Eine weitere Debatte muss über die Rolle, die Praktiken und die Mittel der Behörden gestartet werden, aber auch eine Debatte über die Beziehungen zwischen Sozialarbeitenden und Hilfeempfängern, damit die Respekt und die Würde aller gewahrt wird und die Möglichkeit, Verstösse dagegen einzuklagen, gegeben ist.
• Es muss eine Beobachtungsstelle geschaffen werden, um die Ungerechtigkeiten gegenüber Armutsbetroffene festzuhalten und Überlegungen der Betroffenen und ihre Initiativen kennen zu lernen. Dies sollte zu mehr Respekt, Würde und Rechte gegenüber ihnen führen.
 
Informationen über die Bewegung „ATD Vierte Welt“: www.vierte-welt.ch



Quelle:
Mediendienst Hälfte
Verein für soziale Gerechtigkeit
Wabersackerstrasse 21
CH 3097 Liebefeld-Bern
www.haelfte.ch



4. Informations- und Diskussionsveranstaltung der IG Sozialhilfe


Für einklagbare soziale Rechte in die Bundesverfassung

Donnerstag, 11. Dezember 2008 20.00 Uhr
GZ-Riesbach, Seefeldstr. 93, 8008 Zürich

Podium:
Kurt Wyss, Soziologe, Zürich
Dr. iur. Pierre Heusser, Rechtsanwalt, Zürich
Branka Goldstein, Präsidentin IG Sozialhilfe, Zürich
Thomas Näf, Präsident KABBA,  Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen
Moderation und Gesprächsleitung
Franz Schibli, Sozialarbeiter/ Theologe, St. Gallen
Diskussion mit dem Publikum

Petition an Bundesrat Couchpin und die Kommissionen für soziale Sicherheit des National- und Ständerates:

Hier unterschreiben: www.ig-sozialhilfe.ch
10. Dezember 2008
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