Ausgerechnet der Störfall-Reaktor wird nicht untersucht

Details der KIKK-Studie, in der die Kinderkrebshäufigkeit in der Umgebung von Atomkraftwerken untersucht wurde, sind am 10. Dezember vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im Internet veröffentlicht worden.


Ausgerechnet der Thorium Hochtemperatur-Reaktor in Hamm- Uentrop, der nicht nur durch eine ganze Serie von Pannen von sich Reden machte, sondern deren Betreiber  während der Katastrophe in Tschernobyl im Jahre 1986 einen gravierenden Störfall zu vertuschen suchten; ausgerechnet dieser Reaktor wird in dieser Studie nicht untersucht! – Es ist unfassbar!

Die Begründung, von den ca. 17 Atomkraftwerken ganz speziell diesen Reaktor auszuschliessen, ist fadenscheinig: Forschungsreaktoren und Anlagen mit kurzer Betriebsdauer wurden nicht unter die Lupe genommen. Als ob nicht gerade bei diesen Anlagen mit höchsten Sicherheitsproblemen zu rechnen wäre!

Von der ersten nuklearen Kettenreaktion im Jahre 1983 bis zu dem Stilllegungsbeschluss im Jahre 1989 lief der THTR in Hamm insgesamt 16.410 Betriebsstunden. Kurze Betriebsdauer?
Im Gegensatz zu dem 15 MW-THTR der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) in Jülich betrug die Leistung des THTR Hamm das Zwanzigfache. Er war nach Angaben der Betreiber ein Prototyp; stellte also die erste betriebsfähige Ausfertigung einer speziellen Atomanlage dar.

Die Tatsache, dass Filteranlagen und Messgeräte ausgerechnet während des Störfalls 1986 abgeschaltet waren, veranlasste Tausende von Menschen Zufahrtsblockaden an der Anlage durchzuführen.

Der Tritiumstörfall im Jahre 1992, bei dem radioaktives Wasser über lange Zeit in das Erdreich versickerte, zeigt, dass auch nach der offiziellen Stilllegung eines Reaktors noch jede Menge passieren kann!
Ein Grund, warum die KIKK-Studie erstellt wurde, ist die mit 17 erkrankten Kindern weltweit höchste Leukämierate in der Nähe des Atomkraftwerkes Krümmel und der Forschungsanlage der Gesellschaft zur Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt (GKSS).
Und dieser Umstand hat sehr viel mit Hamm und dem THTR zu tun:
Während eines kerntechnischen Experimentes in der GKSS ist es am 12. September 1986 zu einer Explosion gekommen, in deren Verlauf es vermutlich zu einer Freisetzung von radioaktiven Kleinstkügelchen gekommen ist, die Uran, Thorium und Plutonium enthalten. Sie haben einen Durchmesser von weniger als einen halben Millimeter. Genau diese mit dem Auge kaum noch sichtbaren Kleinstkügelchen sind ebenfalls Bestandteil der Brennelementekugeln des THTR Hamm! Mehrere Zehntausend dieser Kügelchen befinden sich in einer grossen THTR-Kugel.
Bekanntlich sind während der THTR-Betriebsdauer aufgrund technischer Probleme insgesamt 8.000 dieser grossen Brennelemente zerstört worden. Da Filter gewechselt und Messgeräte während des Betriebes schon mal abgestellt wurden, könnten diese radioaktiven Kleinstkügelchen unbemerkt durch den Wind weitergetragen worden sein und immer noch irgendwo herumliegen!
In Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben diese freigesetzten Kleinstkügelchen zu etlichen Landtags-Untersuchungskommissionen, heftigen Gutachterstreitereien und 15 jährigen Protesten gegen die Verschleierung eines skandalösen Zustandes geführt.
Es ist naheliegend, dass weder das Bundesamt für Strahlenschutz noch die Bundesregierung ein Interesse daran haben, dass in Nordrhein-Westfalen den radioaktiven Kügelchen des THTR eine ähnliche Aufmerksamkeit zuteil wird, wie in Norddeutschland. Deswegen, so die Vermutung der Hammer Bürgerinitiative, sollte wohl der THTR aus der Untersuchung ganz herausgehalten werden.
Auf der Strecke bleibt das Leben und die Gesundheit der Bürger in der Umgebung von Hamm.

Weitere Informationen unter www.reaktorpleite.de
Quelle: Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm
11. Dezember 2007
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