Café RebelDía — ja zu Bio, nein zu teuren Labels

Soll Bio drauf stehen, müssen zapatistische Kleinbauern in Südmexiko tief in die Tasche greifen. Rund 2’500 Franken jährlich zahlt die Genossenschaft von Kaffeebauern «Yachil Xochobal Chulchan» an die mexikanische Zertifizierungsagentur Certimex. Von dem Kaffee, den Café RebelDía zu einem fairen Preis von der Genossenschaft bezieht, sollen dieses Jahr 34,5t importiert werden. Um den Kaffee für den Schweizer Bio-Markt zu zertifizieren, muss die für den Import und Vertrieb zuständige Fair-Trade-Organisation gebana nochmals 1’700 Franken (ca. 5Rp/kg) an das Institut für Marktökologie (IMO) bezahlen.
Die mexikanischen Kleinbauern, die zu den ärmsten Schichten des Landes gehören, haben genug von teuren Bio-Labels. «Warum sollen wir wegen dem ‹Bio-Stempel› irgendwelchen Funktionären, die einmal im Jahr mit ihren Aktenköfferchen eine Stichprobe nehmen, Geld in den Hintern schieben?» empört sich ein Kaffeebauer. Bei insgesamt 600 involvierten Familien seien einzelne Stichproben wenig repräsentativ. Zudem enthalten die Richtlinien keine Bestimmungen zu Arbeitsrechten. «Wir können uns selber zertifizieren», lautet daher das Fazit des Kleinbauern.
Wie das geht, zeigt «Ssit Lequil Lum», eine der vier Kaffeegenossenschaften, die ins Ausland exportieren. Die eigene Zertifizierung nach internationalen Bio-Richtlinien stand von Anfang an im Zentrum. Jeder der sieben Bezirke verfügt über einen Kaffee-Experten, der die Bauern in biologischem Landbau berät und Betriebe aus anderen Bezirken kontrolliert. Überwacht wird das Ganze von der autonomen zapatistischen Regierung. Der selbstzertifizierte Kaffee wird in Griechenland, Frankreich, Deutschland und Italien bereits erfolgreich vertrieben. Café RebelDía nimmt die Anliegen der Kleinbauern ernst. Nach Besuchen und Gesprächen vor Ort befürwortet der Verein die Autozertifizierung von zapatistischem Kaffee, will vor der Einführung aber noch die Meinung der Kunden erfahren.

Umfrage: Kann Café RebelDía zukünftig auf das Bio-Label verzichten und auf eine Autozertifizierung setzen?
http://chiapas.ch/cafe2.php?artikel_ID=1076

Die zapatistischen Kaffeegenossenschaften sind mit ihren Problemen nicht alleine. Die zunehmende Unübersichtlichkeit von Bio-Zertifizierungen und Fairtrade-Labels und ihr Einsatz zum Greenwashing bereitet immer mehr Kleinbauernverbänden Sorgen. Im Labyrinth der Gütesiegel findet sich der Kunde kaum noch zurecht, davon profitieren vor allem Grosskonzerne und Supermärkte. Aldi, Lidl und Nestlé fühlen sich wohl im Fahrwasser von Fairtrade und Bio — die Marken lassen sich gut verkaufen und pflegen das Image. «Fair Trade» ist kein geschützter Begriff, die Standards variieren, das Logo ist auch für Grossplantagen attraktiv geworden. Dieser Trend bestätigt der Austritt von Fairtrade USA aus dem internationalen Fairtrade-Verband, um das Fairtrade-Siegel auch Grossplantagen von Kaffee, Kakao und Zucker zugänglich zu machen. Die Verlierer sind die Kleinbauern, die um ihre Absatzchancen auf dem Fairtrade-Markt mit den Grossplantagen konkurrieren müssen. Verlierer sind aber auch die Kunden, die kleine Strukturen fördern möchten und dabei den Gewinn der Massenmärkte steigern. Die GEPA, Europas grösste Organisation für fairen Handel, hat deshalb ihr eigenes Logo entwickelt und möchte in Zukunft bei möglichst vielen Produkten auf das herkömmliche Fairtrade-Siegel verzichten. An den Weltladen-Fachtagen vom 22.-23. Juni 2012 in Hersfeld wird zudem eine Podiumsdiskussion zum Thema «Entsiegelung» stattfinden. 

Fairdammt Fairsiegelt — im Siegel-Dschungel (Beitrag von Jan Braunholz von der Kaffeekampagne El Salvador):
http://fairerhandel-aktuell.de/2012/05/19/fairdammt-fairsiegelt-im-siegel-dschungel/

Gepa-Logo Fair Plus ist kein neues Siegel:
http://www.gepa.de/p/index.php/mID/5.1/lan/de/xtra/091aea701ff2b46b4e783141876bf345/msg/a2279902491a0ad2c2c0f5bc290f1384/pointer/2e204b5f4435a3dee164b5d4681d6e8a/itt/fair_plus_ist_kein_neues_Siegel/index.html