Die grüne Revolution im Iran ist gescheitert
Welche Rolle spielten die Geheimdienste?
Die «farbigen» Revolution sind seit 1989 ein fester Bestandteil der amerikanischen Aussenpolitik, um die globalen Interessen der USA unter dem Schlagwort «Demokratie» voranzutreiben. In der Regel geht es darum, eine Regierung, die sich der Öffnung ihres Landes für die amerikanischen Interessen widersetzt, mithilfe von Strassenprotesten zu stürzen und durch einen pro-amerikanischen Machthaber zu ersetzen. Erstmals erfolgreich umgesetzt wurde die Strategie 1990 in Bulgarien. Bei den ersten Wahlen nach dem Fall der Sowjetunion begingen die Bulgaren zunächst die Dummheit, die Post-Kommunisten zu wählen und nicht die von den USA über das «National Endowment for Democracy» (NED) finanzierte Partei von Zhelyu Zhelev. Nicht einmal ein Besuch des damaligen US-Aussenministers James Baker vor Ort konnte die Bulgaren überzeugen, einen pro-amerikanischen Kandidaten zu wählen. Obwohl die EU den Urnengang als korrekt bezeichnete, reklamierten die Verlierer sofort Wahlbetrug und organisierten ein Protest-Camp mitten in Sofia, bis ein halbes Jahr später das Parlament dem Druck nachgab und Zhelyu Zhelev zum Präsidenten wählte.
Nach diesem Muster haben seither zahlreiche «farbige Revolutionen» zu pro-amerikanischen Regimewechseln geführt, namentlich in Serbien, in der Ukraine, in Georgien und in Kirgisien. Einige sind auch gescheitert, in Venezuela und in Myanmar (Burma) zum Beispiel oder zuletzt im Iran.
Eine lesenswerte und gut dokumentierte Übersicht hat der französische Journalist Thierry Meyssan vom unabhängigen Pressenetzwerk «Réseau voltaire» zusammengestellt. Der vorliegende Text ist eine Zusammenfassung seiner bemerkenswerten Arbeit.
Gewaltfrei putschen
Das Konzept hinter den farbigen Revolutionen ist ausgesprochen schlau: Mit den Techniken des gewaltfreien Widerstandes und eingängigen Symbolen und Schlagworten wird die in einem Tel der Bevölkerung immer vorhandene Unzufriedenheit aufgegriffen und zu medienwirksamen Protestaktionen gebündelt. Die internationalen Medien übernehmen die Schlagworte und die attraktiven Bilder, für eingehende Recherchen fehlt angesichts der schnellen Kadenz der Ereignisse die Zeit. So bildet sich weltweit schnell eine wohlmeinende, aber schlecht informierte Gemeinde von Unterstützern.
Organisiert wird das Ganze von eigens ausgebildeten Einheimischen, meist sind auch amerikanische Geheimdienstleute vor Ort. Das Geld stammt typischerweise vom privaten NED und vom staatlichen «United States Institute for Peace» USIP, die ihre Mittel vor allem vom State Department beziehen und mit den zahlreichen amerikanischen Geheimdiensten zusammenarbeiten. Eine wichtige Rolle spielt ferner die Albert Einstein Institution, die ursprünglich den Auftrag hatte, die Bevölkerungen Osteuropas gegen Invasionen der Warschau-Pakt-Truppen zu mobilisieren. Ihre «gewaltfreien» Techniken werden nun verwendet, um pro-amerikanische Regierungen herbeizuputschen.
Ein neuer, aufschlussreicher Aspekt dieser Mobilisierung bildet nun die Verbreitung anonymer Meldungen über Twitter und SMS. Während früher die Zerstörung feindlicher Telekommunikatonseinrichtungen zu den primären militärischen Zielen gehörte, werden sie nun für eigene Zwecke eingesetzt. Im grossen Stil eingesetzt wurde diese Technik 2006 im Libanon-Krieg und 2007 in Kenia, als die von den USA finanzierte orange Partei von Raila Odinga trotz Unterstützung durch Barack Obama und John McCain verlor und massive Proteste einsetzten. Den Angehörigen des Luo-Stammes wurde dabei von ausserhalb Kenias ein Massen-SMS diesen Inhalts verschickt: «Liebe Kenianer, die Kikuyu haben die Zukunft unserer Kinder gestohlen … Wir müssen sie auf die einzige Art behandeln, die sie verstehen … mit Gewalt.» Massen-SMS spielten in der Folge auch bei der israelischen Invasion im Gaza-Streifen und zuletzt bei der gescheiterten grünen Revolution im Iran eine massgebende Rolle.
Wie sich der prognostizierte Wahlsieg in einen gigantischen Betrug wandelte
Die Ausgangslage vor der Wahl war klar: Die amerikanischen Umfrageinstitute im Iran prophezeiten einen Vorsprung von Ahmadinejad von 20 Prozent und auch Herausforderer Moussavi ging nicht von einer reellen Siegeschance aus. In der Wahlnacht geschah dann das Erstaunliche: Per SMS und Twitter wurde die Nachricht verbreitet, der Wächterrat habe Moussavi seinen Sieg mitgeteilt. Als Stunden später die offiziellen Resultate (mit einem Stimmenanteil von 64 Prozent für Ahmadinejad) veröffentlicht wurden, erschienen sie wie ein gigantischer Wahlbetrug und die Volksseele des Reformflügels begann zu kochen. In der Folge wurden zahllose Nachrichten über SMS, Twitter oder Facebook über Demonstrationen, Schiessereien und Tote verbreitet, meist anonym und nicht verifizierbar. Das vermutlich beabsichtigte Chaos drohte tatsächlich auszubrechen.
Zusätzlich wurden militante Iran-Gegner in aller Welt mobilisiert. ein «praktischer Führer zur Revolution im Iran» erteilte unter anderem Ratschläge, die Twitter-Accounts auf die Zeitzone von Teheran auszurichten und wie die Identifikation des Absenders umgangen werden konnte. Zufälligerweise hätte der Betreiber von Twitter seinen Dienst in der Wahlnacht für Wartungsarbeiten unterbrechen müssen, wurde jedoch vom US-Aussenministerium angewiesen, die Operstion aufzuschieben.
Geheimdienste wollen soziale Netzwerke identifzieren
Der zeitweilige Unterbruch des Mobilfunknetzes durch die iranische Regierung hat wohl entscheidend dazu beigetragen, dass die grüne Revolution nicht gelang.
Mobilfunkgespräche, schreibt Meyssan, werden weltweit über das Echelon-Netz von den amerikanischen Geheimdiensten abgehört. Dabei geht es nicht um Gesprächsabschriften, sondern die Identifikaton von sozialen Netzwerken, um Widerstandsnester ausfindig zu machen. Erst in einem zweiten Schritt sollen Individuen lokalisiert und «neutralisiert» werden.
Für basisdemokratische und globalisierungskritische Menschen ist dies eine sehr verwirrliche Entwicklung. Wem ist noch zu trauen, wenn unter dem Deckmantel von Menschenrechten und Demokratie eine hegemoniale Politik verfolgt wird? Wie sicher sind die westlichen Demokratien, wenn «Volksaufstände» konstruiert werden können? Welche Medien verbreiten noch die Wahrheit, wenn die Massenmedien nur die von den Strategen vorbereiteten Inhalte weitergeben?
Links
Längerer Text in französisch von Thierry Meyssan über Geschichte und Technik der farbigen Revolutionen und ausführlichen Quellen:
www.voltairenet.org/article160721.html#article160721
Deutsche Übersetzung eines Artikels von Thierry Meyssan über die Vorgänge im Iran:
http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2009/nr27-vom-672009/von-mossadegh-bis-ahmadinejad/
Nach diesem Muster haben seither zahlreiche «farbige Revolutionen» zu pro-amerikanischen Regimewechseln geführt, namentlich in Serbien, in der Ukraine, in Georgien und in Kirgisien. Einige sind auch gescheitert, in Venezuela und in Myanmar (Burma) zum Beispiel oder zuletzt im Iran.
Eine lesenswerte und gut dokumentierte Übersicht hat der französische Journalist Thierry Meyssan vom unabhängigen Pressenetzwerk «Réseau voltaire» zusammengestellt. Der vorliegende Text ist eine Zusammenfassung seiner bemerkenswerten Arbeit.
Gewaltfrei putschen
Das Konzept hinter den farbigen Revolutionen ist ausgesprochen schlau: Mit den Techniken des gewaltfreien Widerstandes und eingängigen Symbolen und Schlagworten wird die in einem Tel der Bevölkerung immer vorhandene Unzufriedenheit aufgegriffen und zu medienwirksamen Protestaktionen gebündelt. Die internationalen Medien übernehmen die Schlagworte und die attraktiven Bilder, für eingehende Recherchen fehlt angesichts der schnellen Kadenz der Ereignisse die Zeit. So bildet sich weltweit schnell eine wohlmeinende, aber schlecht informierte Gemeinde von Unterstützern.
Organisiert wird das Ganze von eigens ausgebildeten Einheimischen, meist sind auch amerikanische Geheimdienstleute vor Ort. Das Geld stammt typischerweise vom privaten NED und vom staatlichen «United States Institute for Peace» USIP, die ihre Mittel vor allem vom State Department beziehen und mit den zahlreichen amerikanischen Geheimdiensten zusammenarbeiten. Eine wichtige Rolle spielt ferner die Albert Einstein Institution, die ursprünglich den Auftrag hatte, die Bevölkerungen Osteuropas gegen Invasionen der Warschau-Pakt-Truppen zu mobilisieren. Ihre «gewaltfreien» Techniken werden nun verwendet, um pro-amerikanische Regierungen herbeizuputschen.
Ein neuer, aufschlussreicher Aspekt dieser Mobilisierung bildet nun die Verbreitung anonymer Meldungen über Twitter und SMS. Während früher die Zerstörung feindlicher Telekommunikatonseinrichtungen zu den primären militärischen Zielen gehörte, werden sie nun für eigene Zwecke eingesetzt. Im grossen Stil eingesetzt wurde diese Technik 2006 im Libanon-Krieg und 2007 in Kenia, als die von den USA finanzierte orange Partei von Raila Odinga trotz Unterstützung durch Barack Obama und John McCain verlor und massive Proteste einsetzten. Den Angehörigen des Luo-Stammes wurde dabei von ausserhalb Kenias ein Massen-SMS diesen Inhalts verschickt: «Liebe Kenianer, die Kikuyu haben die Zukunft unserer Kinder gestohlen … Wir müssen sie auf die einzige Art behandeln, die sie verstehen … mit Gewalt.» Massen-SMS spielten in der Folge auch bei der israelischen Invasion im Gaza-Streifen und zuletzt bei der gescheiterten grünen Revolution im Iran eine massgebende Rolle.
Wie sich der prognostizierte Wahlsieg in einen gigantischen Betrug wandelte
Die Ausgangslage vor der Wahl war klar: Die amerikanischen Umfrageinstitute im Iran prophezeiten einen Vorsprung von Ahmadinejad von 20 Prozent und auch Herausforderer Moussavi ging nicht von einer reellen Siegeschance aus. In der Wahlnacht geschah dann das Erstaunliche: Per SMS und Twitter wurde die Nachricht verbreitet, der Wächterrat habe Moussavi seinen Sieg mitgeteilt. Als Stunden später die offiziellen Resultate (mit einem Stimmenanteil von 64 Prozent für Ahmadinejad) veröffentlicht wurden, erschienen sie wie ein gigantischer Wahlbetrug und die Volksseele des Reformflügels begann zu kochen. In der Folge wurden zahllose Nachrichten über SMS, Twitter oder Facebook über Demonstrationen, Schiessereien und Tote verbreitet, meist anonym und nicht verifizierbar. Das vermutlich beabsichtigte Chaos drohte tatsächlich auszubrechen.
Zusätzlich wurden militante Iran-Gegner in aller Welt mobilisiert. ein «praktischer Führer zur Revolution im Iran» erteilte unter anderem Ratschläge, die Twitter-Accounts auf die Zeitzone von Teheran auszurichten und wie die Identifikation des Absenders umgangen werden konnte. Zufälligerweise hätte der Betreiber von Twitter seinen Dienst in der Wahlnacht für Wartungsarbeiten unterbrechen müssen, wurde jedoch vom US-Aussenministerium angewiesen, die Operstion aufzuschieben.
Geheimdienste wollen soziale Netzwerke identifzieren
Der zeitweilige Unterbruch des Mobilfunknetzes durch die iranische Regierung hat wohl entscheidend dazu beigetragen, dass die grüne Revolution nicht gelang.
Mobilfunkgespräche, schreibt Meyssan, werden weltweit über das Echelon-Netz von den amerikanischen Geheimdiensten abgehört. Dabei geht es nicht um Gesprächsabschriften, sondern die Identifikaton von sozialen Netzwerken, um Widerstandsnester ausfindig zu machen. Erst in einem zweiten Schritt sollen Individuen lokalisiert und «neutralisiert» werden.
Für basisdemokratische und globalisierungskritische Menschen ist dies eine sehr verwirrliche Entwicklung. Wem ist noch zu trauen, wenn unter dem Deckmantel von Menschenrechten und Demokratie eine hegemoniale Politik verfolgt wird? Wie sicher sind die westlichen Demokratien, wenn «Volksaufstände» konstruiert werden können? Welche Medien verbreiten noch die Wahrheit, wenn die Massenmedien nur die von den Strategen vorbereiteten Inhalte weitergeben?
Links
Längerer Text in französisch von Thierry Meyssan über Geschichte und Technik der farbigen Revolutionen und ausführlichen Quellen:
www.voltairenet.org/article160721.html#article160721
Deutsche Übersetzung eines Artikels von Thierry Meyssan über die Vorgänge im Iran:
http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2009/nr27-vom-672009/von-mossadegh-bis-ahmadinejad/
16. Juli 2009
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Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
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