Fischzucht: Unökologisch, und eine Alternative ist noch nicht in Sicht

Die Fischzucht wird oft als Alternative zur Leerfischung der Meere propagiert. In einer neuen Broschüre zeigt der Verein fair-fish, warum dies gerade in Industrieländern nicht zutrifft – und dass die Zucht obendrein für die meisten Fische mit enormen Belastungen verbunden ist.

Bereits jeder zweite Speisefisch weltweit stammt aus Zucht. Seit den 1970er Jahren wächst die Fischzuchtindustrie jährlich um 9 Prozent. Dennoch nahm die Zahl der überfischten Bestände in den Meeren stetig zu. Der Hauptgrund liegt im hohen und weiter wachsenden Fischkonsum.

Futter auf Kosten der Meere
Die Fischzucht trägt aber ihrerseits zur Überfischung bei; denn die Zucht vieler Fischarten wie Lachs, Forelle oder Dorade ist von der Meeresfischerei abhängig, die Fischmehl und Fischöl zur Fütterung liefern muss – rund ein Viertel aller Fänge. Angesichts steigender Fischmehlpreise wegen knapper werdender Fangerträge sucht die Industrie zwar fieberhaft nach Alternativen. Doch ein Futter ohne Fisch ist bis heute nicht gefunden.
Fisch im Futter ist nicht zuletzt deswegen wichtig, weil Fisch zunehmend mit dem Argument eines hohen Omega-3-Gehalts beworben wird. Die hochungesättigten Omega-3-Fettsäuren sind aber «nicht einfach so» im Fisch; sie stammen aus Mikroalgen und reichern sich in der Nahrungskette über kleine Wasserlebewesen bis zu grossen Raubfischen an. Zuchtfische enthalten nur dann Omega 3, wenn es ihnen mit fischreichem Futter verarbreicht wurde. Die Verfütterung von Omega 3 aus Mikroalgen ist erst im Forschungsstadium.
Unproblematisch wäre die Fütterung von Fischarten, die von ihrer Natur her nicht auf Fisch angewiesen sind, wie Karpfen, Tilapia oder Pangasius. Tatsächlich stellen diese Arten weltweit den grössten Anteil an der Fischzucht, vor allem in Asien. In den Industrieländern aber will man auch aus Zucht vor allem Raubfischarten essen, die mit Fisch gefüttert werden müssen.

Grosse Tierschutzprobleme
Die künstliche Haltung der meisten Fischarten ist noch recht neu. Nur in der Zucht von Karpfenartigen besteht ein über Jahrhunderte erarbeitetes Wissen. Die Zucht der über 400 andern Fischarten basiert kaum auf Kenntnissen über die Bedürfnisse und Verhaltensweisen der betroffenen Fische. Die rasant wachsende Fischzuchtindustrie will vor allem Gewinne und hat bisher kaum in Forschung für mehr Tierwohl investiert. So müssen die Fische in den meisten Anlagen in sehr viel engeren Verhältnissen leben als in der Natur, und in der Regel in öden, reizlosen Käfigen oder Becken. Das führt zu Dauerstress, gegenseitigen Verletzungen und zahlreichen Krankheiten – keine gute Voraussetzung für die Qualität der Fische auf unserem Teller. Zudem belasten die Rückstände von vorbeugenden Medikamenten zusammen mit Futterresten und Kot die Gewässer.

Weniger schnell und überlegter
In seiner Broschüre plädiert fair-fish für einen Halt in der rasanten Entwicklung. Die Industrie müsse zuerst Defizite in der artgerechten Haltung, das Leerfischen zu Futterzwecken und Umweltprobleme in den Griff bekommen. Entsprechende Forschung braucht Zeit und Geld. Und der Halt verlangt auch ein anderes Kosumverhalten: Nicht immer mehr Fisch soll auf den Tisch, sondern ein rücksichtsvoll gefangener oder gezüchteter. Mehr als ein bis zwei Fischmahlzeiten im Monat gibt die Erde für die wachsende Menschheit auf Dauer nicht her. Wer sich mit Omega 3 versorgen will, braucht deswegen nicht oft Fisch zu essen; Omega-3-Präparate auf Algenbasis sind längst auf dem Markt.



Der Autor ist Geschäftsführer von fair-fish, einer Umweltorganisation, die sich artgerechten und nachhaltigen Fischfang einsetzt.
Die Broschüre kann unter www.fair-fish.ch gratis heruntergeladen werden. Gedruckte Ausgabe: Fr. 6.-/€ 4.-.

Kontakt: fair-fish, Burgstr. 107, 8408 Winterthur oder Postfach 630 127, D-10266 Berlin




Meeresfische könnten bis 2050 verschwunden sein

Ohne fundamentale Neuordnung der weltweiten Fischerei droht 2050 der totale Kollaps der Meeresfischbestände. Zu diesem Schluss kommen UN-Experten.
Mehr dazu: http://www.st.gallen.ch/news/detail.asp?ID=441454